E-Justice – Was kommt auf die Behörden zu?

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Newsletter Januar 2018:

Was ist E-Justice? Die zunehmende Digitalisierung betrifft nicht nur die Behörden, sondern ist ebenso auch für den Rechtsverkehr mit den Gerichten relevant. In Anlehnung die Begrifflichkeiten für die digitale Verwaltung („E-Government“), werden die Regelungen zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten unter dem Begriff „E-Justice“ zusammengefasst. 

Inhalt

1.  Was ist E-Justice?

2.  E-Justice-Gesetze im Überblick

     2.1. E-Justice-Gesetz I

     2.2. E-Justice-Gesetz II

     2.3. Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung

3.  Aktueller Handlungsbedarf

4.  Ausblick

 

 

1. Was ist E-Justice?


Die zunehmende Digitalisierung betrifft nicht nur die Behörden, sondern ist ebenso auch für den Rechtsverkehr mit den Gerichten relevant. In Anlehnung die Begrifflichkeiten für die digitale Verwaltung („E-Government“), werden die Regelungen zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten unter dem Begriff „E-Justice“ zusammengefasst. Während die E-Government-Gesetze darauf abzielen, Bürgern und Unternehmen eine medienbruchfreie elektronische Durchführung von Verwaltungsverfahren zu ermöglichen, wollen die E-Justice-Gesetze insbesondere den elektronischen Austausch von Dokumenten zwischen Behörden und Gerichten befördern (siehe hierzu auch Denkhaus/Geiger, Praxishandbuch zum Bayerischen E-Government-Gesetz, 2017, S. 84 ff.).

 

Der Newsletter stellt zunächst die für die Behörden wesentlichen Verpflichtungen (Nr. 2) und den sich daraus ergebenden Handlungsbedarf aus heutiger Sicht dar (Nr. 3). Ein kompakter Ausblick (Nr. 4) rundet den Newsletter ab.

 

 

2. E-Justice-Gesetze im Überblick


2.1. E-Justice-Gesetz I


Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl. I S. 3786), sog. E-Justice-Gesetz-I, verpflichtet die Behörden dazu, ab dem 01.01.2018 (s. zum Handlungsbedarf Nr. 3 des Newsletters) sowohl für die ordentliche Gerichtsbarkeit (= die in allgemeinen Zivil- und Strafsachen zuständigen Gerichte, z.B. Amtsgerichte, Landgerichte) als auch für die Fachgerichte (insbesondere Sozial- und Verwaltungsgerichte) einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen (§ 174 Abs. 3 Satz 4 ZPO i.V.m. der jeweils verweisenden Norm der Fachgerichtsordnung). Zum 01.01.2018 treten auch § 130a Abs. 4 ZPO (sowie die entsprechenden Parallelnormen in § 14 FamFG, § 46c ArbGG, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO) in Kraft, mit denen diese „sicheren Übermittelungswege“ näher bestimmt werden.

 

Für die Behörden kommen dabei grundsätzlich zwei sichere Übermittlungswege in Betracht:

  • absenderbestätigte De-Mail (§ 130a Abs. 4 Nr. 1 ZPO) und

  • „der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts“ (= besonderes elektronisches Behördenpostfach, § 130a Abs. 4 Nr. 3 ZPO); siehe hierzu auch Nr. 2.3 des Newsletters.

 

 

2.2. E-Justice-Gesetz II


Das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017 (BGBl. I S. 2208), sog. E-Justice-Gesetz-II, enthält ebenfalls Verpflichtungen zur elektronischen Erreichbarkeit. Insbesondere sollen elektronische Dokumente bei Bußgeldbehörden auch elektronisch eingereicht werden können (§ 110c Satz 1 OWiG in Verbindung mit § 32a StPO). Praktischer Anwendungsfall für diese Vorschrift sind beispielsweise Einsprüche gegen Bußgeldbescheide. Die Verpflichtung tritt nach dem E-Justice-Gesetz-II zum 01.01.2018 in Kraft. Die Bayerische Staatsregierung hat allerdings durch Rechtsverordnung bestimmt, dass die Einreichung elektronischer Dokumente abweichend hiervon erst zum 01.01.2019 möglich ist (s. hierzu Nr. 3 des Newsletters).

 

Für Dokumente, die schriftlich abzufassen, zu unterschreiben oder zu unterzeichnen sind, sieht § 32a Abs. 3 StPO vor,

  • dass diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder

  • von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden müssen.

 

Die sicheren Übermittlungswege werden in § 32a Abs. 4 StPO definiert und entsprechen den „sicheren Übermittlungswegen“ nach § 130a Abs. 4 ZPO (s. Nr. 2.1). Für die Behörden sind daher wiederum die

  • absenderbestätigte De-Mail (§ 110c Satz 1 OWiG in Verbindung mit § 32a Abs. 4 Nr. 1 StPO) und

  • das besondere elektronische Behördenpostfach § 110c Satz 1 OWiG in Verbindung mit § 32a Abs. 4 Nr. 3 StPO)

als sichere Übermittlungswege relevant (s. zum Handlungsbedarf Nr. 3 des Newsletters).

 

 

2.3. Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung


Als sichere Übermittlungswege nach den E-Justice-Gesetzen I und II kommen für die Behörden daher De-Mail und das besondere elektronische Behördenpostfach in Betracht. Während für die De-Mail mit dem De-Mail-Gesetz bereits ein Rechtsrahmen existiert, musste dieser für das besondere elektronische Behördenpostfach erst geschaffen werden.

 

Dieser rechtliche Rahmen liegt mit der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24.11.2017 (BGBl. I S. 3803, Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - abgekürzt: ERVV) inzwischen vor. Die Verordnung tritt am 01.01.2018 in Kraft (§ 10 Abs. 1 ERVV). Das besondere elektronische Behördenpostfach ist in §§ 6 – 9 ERVV geregelt. Ein besonderes elektronisches Behördenpostfach ist im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass

  • es auf dem Protokollstandard OSCI oder einem diesen ersetzenden, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechenden Protokollstandard beruht,

  • die Identität des Postfachinhabers in einem Identifizierungsverfahren geprüft und bestätigt wurde,

  • der Postfachinhaber in ein sicheres elektronisches Verzeichnis eingetragen ist und

  • feststellbar ist, dass das elektronische Dokument vom Postfachinhaber versandt wurde (§ 6 Abs. 1 ERVV).

 

Daneben regelt die Verordnung in den §§ 2 ff. ERVV auch die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs.

 

 

3. Aktueller Handlungsbedarf


Den Behörden stehen derzeit zwei sichere Übermittlungswege zur Verfügung, um den Verpflichtungen aus den E-Justice-Gesetzen I und II nachzukommen, nämlich De-Mail und das besondere elektronische Behördenpostfach. Beide Gesetze sehen überdies vor, dass die entsprechenden Verpflichtungen zur elektronischen Erreichbarkeit grundsätzlich zum 01.01.2018 in Kraft treten (s. Nr. 2.1 und 2.2 des Newsletters).

 

In Bezug auf das E-Justice-Gesetz II (elektronische Erreichbarkeit bei Bußgeldverfahren, Nr. 2.2 des Newsletters) hat die Bayerische Staatsregierung jedoch von ihrer Möglichkeit nach § 134 Satz 1 OWiG Gebrauch gemacht und durch Rechtsverordnung bestimmt, dass die Einreichung elektronischer Dokumente im Bußgeldverfahren (abweichend von § 110 c Satz 1 OWiG in Verbindung mit § 32a StPO) erst zum 01.01.2019 möglich ist (sog. Opt-Out). Die entsprechenden Regelungen finden sich in § 1 der Verordnung über den Übergang zum elektronischen Rechtsverkehr im Bußgeldverfahren (E-Rechtsverkehrsübergangsverordnung Bußgeld – ERVVÜBuß) vom 05.12.2017 (GVBl. S. 553).

 

In Bezug auf das E-Justice-Gesetz I (elektronische Erreichbarkeit für die Gerichte, Nr. 2.1 des Newsletters) gibt es eine solche bayerische Opt-Out-Verordnung nicht, obwohl diese nach Art. 24 Abs. 1 E-Justice-Gesetz-I möglich gewesen wäre. Die bayerische Justiz hat jedoch angekündigt, dass die Gerichte innerhalb des ersten Quartals des Jahres 2018 grundsätzlich keine elektronischen Zustellungen an die Behörden vornehmen werden. Das weitere Vorgehen ab April 2018 bleibt abzuwarten; insofern verbleibt eine gewisse Rechtsunsicherheit. Unabhängig davon können die Kommunen ihre Verpflichtungen aus dem E-Justice-Gesetz I auch durch die Eröffnung eines De-Mail-Zugangs erfüllen (vgl. Nr. 2.1 des Newsletters).

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass den Behörden berechtigterweise noch eine gewisse Zeit eingeräumt wird, um den Verpflichtungen aus den E-Justice-Gesetzen I und II nachzukommen. Während De-Mail bereits für alle Behörden über akkreditierte De-Mail-Diensteanbieter (eine Übersicht der Anbieter finden Sie unter https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/DigitaleGesellschaft/EGovernment/DeMail/Akkreditierte_DMDA/Akkreditierte_DMDA_node.html) allgemein nutzbar ist, ist dies für das besondere elektronische Behördenpostfach noch nicht der Fall. So wurde der rechtliche Rahmen für dieses Postfach erst durch die „Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung“ vom 24.11.2017 geschaffen (s. Nr. 2.3 des Newsletters) und es müssen u.a. noch organisatorische Festlegungen zur Umsetzung dieser Verordnung getroffen werden (z.B. Bestimmung einer Prüfstelle nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ERVV). Der späte Erlass dieser Bundesverordnung ist nur schwer nachvollziehbar, zumal die Verpflichtungen aus den E-Justice-Gesetzen I und II grundsätzlich bereits zum 01.01.2018 greifen sollten (s.o.). Im Ergebnis steht das besondere elektronische Behördenpostfach in Bayern noch nicht flächendeckend zur Verfügung.

 

 

4. Ausblick


Im Jahr 2018 werden die technischen und organisatorischen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, damit das besondere elektronische Behördenpostfach in Bayern zeitnah flächendeckend zur Verfügung steht.

 

Die nächste „Ausbaustufe“ von E-Justice kündigt sich bereits an. Behörden werden spätestens ab 01.01.2022 nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein, Dokumente nach Maßgabe von § 130a ZPO bzw. den jeweiligen Parallelvorschriften elektronisch an die Gerichte zu übermitteln. Das folgt aus § 130d ZPO, § 55d VwGO sowie den jeweiligen Bestimmungen der anderen Prozessordnungen. Während die Behörden nach den unter Nr. 2 des Newsletters dargestellten Regelungen „nur“ elektronisch erreichbar sein müssen (Kommunikation Gerichte à Behörden, sog. Rückkanal), müssen die Behörden vorbereitende
Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen künftig elektronisch bei den Gerichten einreichen. Damit wird auch der Hinkanal (Kommunikation Behörden à Gerichte) spätestens ab 01.01.2022 verpflichtend sein.

 

Über den Newsletter halten wir Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem aktuellen Stand.

 

Dr. Wolfgang Denkhaus und Klaus Geiger

 

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