Inhalt
1. Barrierefreie Angebote der Informationstechnik
1.1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
1.2. Anforderungen an barrierefreie Angebote
1.2.1. Anforderungen an alle Angebote
1.2.2. Zusätzliche Anforderungen an zentrale Navigations- und Einstellungsangebote
1.2.3. Websites und mobile Anwendungen
1.3. Inhalte in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache auf den Startseiten von Websites
2. Unverhältnismäßige Belastung im Einzelfall
3. Erklärung zur Barrierefreiheit, Kontaktmöglichkeit
4. Inkrafttreten und Übergangsvorschriften
1.1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayBGG verpflichtet die Träger öffentlicher Gewalt dazu, ihre Internet- und Intranetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so zu gestalten, dass sie von Menschen mit Behinderung grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können; dies gilt entsprechend für die Staatsanwaltschaften und Gerichte. Dabei sind die Anforderungen an barrierefreie Angebote der Informationstechnik nach der BayBITV zu berücksichtigen.
Mit den Trägern öffentlicher Gewalt wird der persönliche Anwendungsbereich der Anforderungen näher bestimmt. Hierunter fallen die
Ausgenommen sind nach der o.g. Vorschrift der Bayerische Rundfunk und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien. Die Legaldefinition in Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayBGG nimmt zwar auch die Staatsanwaltschaften aus. Für diese und die Gerichte gelten die Anforderungen an barrierefreie Angebote der Informationstechnik jedoch entsprechend (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBGG).
Für Websites und mobile Anwendungen ist zu beachten, dass für diese der Kreis der Verpflichteten – und damit der persönliche Anwendungsbereich – erweitert worden ist (s. hierzu Abschnitt 1.2.3).
Schulen, Kindertageseinrichtungen und Großtagespflegestellen wird empfohlen, gemäß § 1 Abs. 1 und 2 BayBITV zu verfahren; § 1 Abs. 1 Satz 2 BayBITV (Websites und mobile Anwendungen) gilt, soweit sich die Inhalte auf wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen beziehen (§ 1 Abs. 3 BayBITV).
Die Anforderungen gelten für
In den sachlichen Anwendungsbereich fallen auch Websites und mobile Anwendungen, für die die Anforderungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BayBITV entsprechend gelten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 BayBITV).
1.2. Anforderungen an barrierefreie Angebote
Die unter Abschnitt 1.1 genannten Angebote der Informationstechnik (vgl. sachlicher Anwendungsbereich) sind nach Anlage 1 der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) so zu gestalten, dass alle Angebote die unter Priorität I aufgeführten und zentrale Navigations- und Einstellungsangebote zusätzlich die unter Priorität II aufgeführten Anforderungen und Bedingungen erfüllen. Dies umfasst im Einzelnen:
1.2.1. Anforderungen an alle Angebote
Internet- und Intranetauftritte und -angebote sowie grafische Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, müssen folgenden Prinzipien bzw. Anforderungen gerecht werden:
Prinzip 1: Wahrnehmbarkeit – Die Informationen und Komponenten der Benutzerschnittstelle sind so darzustellen, dass sie von den Nutzerinnen und Nutzern wahrgenommen werden können.
Prinzip 2: Bedienbarkeit – Die Komponenten der Benutzerschnittstelle und die Navigation müssen bedient werden können.
Prinzip 3: Verständlichkeit – Die Informationen und die Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein.
Prinzip 4: Robustheit – Inhalte müssen so robust sein, dass sie von möglichst allen Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, zuverlässig interpretiert werden können.
Die oben dargestellten Prinzipien und Anforderungen werden in Anlage 1 der BITV 2.0 durch sog. Bedingungen weiter konkretisiert.
Für zentrale Navigations- und Einstellungsangebote gelten zusätzlich folgende Prinzipien bzw. Anforderungen:
Prinzip 1: Wahrnehmbarkeit – Die Informationen und Komponenten der Benutzerschnittstelle sind so darzustellen, dass sie von den Nutzerinnen und Nutzer wahrgenommen werden können.
Prinzip 2: Bedienbarkeit – Die Komponenten der Benutzerschnittstelle und die Navigation müssen bedient werden können.
Prinzip 3: Verständlichkeit – Die Informationen und die Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein.
Auch diese Prinzipien und Anforderungen werden in Anlage 1 der BITV 2.0 durch sog. Bedingungen näher konkretisiert.
1.2.3. Websites und mobile Anwendungen
Für Websites und mobile Anwendungen erweitert § 1 Abs. 1 Satz 2 BayBITV den Kreis der Verpflichteten im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/2102. Verpflichtet sind die öffentlichen Einrichtungen, für die der Freistaat Bayern die Gesetzgebungskompetenz hat. Unter Berücksichtigung des § 12 BGG und des Art. 3 Richtlinie (EU) 2016/2102 zählen dazu Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die als juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts zu dem besonderen Zweck gegründet worden sind, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
Die Richtlinie (EU) 2016/2102 nimmt einige Websites und mobile Anwendungen von ihrem Anwendungsbereich aus. Mit der Verweisung auf Art. 1 Richtlinie (EU) 2016/2102 gelten auch die Einschränkungen des Art. 1 Abs. 3 und 4 der Richtlinie. Gleichzeitig werden auch die technischen Anforderungen an den sachlichen Anwendungsbereich festgelegt. Die Ausnahmen wurden in der BayBITV nicht nochmals wiedergegeben.
Für Schulen, Kindertageseinrichtungen und Großtagespflegestellen gelten die Anforderungen für Websites und mobile Anwendungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BayBITV, soweit sich die Inhalte auf wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen beziehen (§ 1 Abs. 3 BayBITV).
1.3. Inhalte in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache auf den Startseiten von Websites
Auf den Startseiten von Websites sind bei Neuveröffentlichung zusätzliche Inhalte gemäß Anlage 2 BITV 2.0 in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache bereitzustellen. Sie umfassen
Menschen mit einer Beeinträchtigung des Gehörs oder mit kognitiven Einschränkungen profitieren von diesen Erläuterungen ganz besonders. Leichte Sprache kommt auch z.B. funktionalen Analphabeten oder Menschen mit geringen Deutschkenntnissen zugute, für die die Internetangebote damit leichter verständlich werden.
Diese Verpflichtung gilt grundsätzlich für die Träger öffentlicher Gewalt i.S.d. Art. 9 Abs. 1 BayBGG, für Gerichte und für Staatsanwaltschaften. Gemeinden, Gemeindeverbände, Landratsämter sowie sonstige der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind davon ausgenommen.
Die Anforderungen gelten bei der Neuveröffentlichung von Websites. In der Regel wird die Überarbeitung eines Internetauftritts extern vergeben. In den Leistungskatalog kann diese Anforderung dann mit aufgenommen werden.
Nach § 1 Abs. 4 BayBITV kann im Einzelfall von einem barrierefreien Angebot abgesehen werden, wenn die Umsetzung eine unverhältnismäßige Belastung darstellt. Der Wortlaut orientiert sich an der Richtlinie (EU) 2016/2102. Die Erwägungsgründe hierzu korrespondieren mit der bisherigen Rechtslage in Bayern. Nach dem bisherigen Wortlaut von § 1 Abs.1 Satz 2 BayBITV a.F. konnte von einem barrierefreien Angebot abgesehen werden, soweit dies aus finanziellen, wirtschaftlichen oder verwaltungsorganisatorischen Gründen unverhältnismäßig oder aus technischen Gründen unmöglich war.
Durch die Änderung des Wortlauts des Ausnahmetatbestandes soll besser kenntlich gemacht werden, dass es sich stets um eine Einzelfallprüfung handeln muss, wenn von einem barrierefreien Angebot abgesehen wird. Die Behörden sollen angehalten werden, eine eigene Unverhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen und sich nicht pauschal auf den Ausnahmetatbestand zu berufen. Erwägungsgrund 39 zählt diese Gründe auf. Maßnahmen, die eine unverhältnismäßige Belastung bewirken würden, sind zu verstehen als Maßnahmen, die einer Stelle eine übermäßige organisatorische oder finanzielle Last auferlegen würden oder die die Fähigkeit der öffentlichen Stelle, entweder ihren Zweck zu erfüllen oder Informationen, die für ihre Aufgaben und Dienstleistungen erforderlich oder relevant sind, zu veröffentlichen, gefährden würden. Hierbei ist den voraussichtlich entstehenden Nutzen oder Nachteilen für die Bürger, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, Rechnung zu tragen.
Für Websites und mobile Anwendungen wird in § 3 BayBITV neu eingeführt, dass die Bewertung der öffentlichen Stelle, ob eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, von der Überwachungs- und Durchsetzungsstelle (angesiedelt am Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung – LDBV) überprüft werden kann.
Die Behörden des Freistaats Bayern, Gemeinden, Gemeindeverbände und Landratsämter werden in § 2 Satz 1 BayBITV dazu verpflichtet, eine Erklärung zur Barrierefreiheit zu veröffentlichen (zu den übrigen verpflichteten Stellen vgl. oben Abschnitt 1.2.3). Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung einer Mustererklärung zur Barrierefreiheit (Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2016/2102). Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Newsletters war der Durchführungsrechtsakt noch nicht veröffentlicht.
Zusätzlich muss über die jeweilige Website oder mobile Anwendung eine Kontaktmöglichkeit bereitgestellt werden, über die Nutzer Mängel bei der Einhaltung der Anforderungen an die Barrierefreiheit mitteilen oder Informationen, die nicht barrierefrei dargestellt werden müssen, anfordern können (§ 2 Satz 2 BayBITV).
§ 2 BayBITV gilt auch für Schulen, Kindertageseinrichtungen und Großtagespflegestellen, soweit sich die Inhalte auf wesentliche Online-Verwaltungsfunktionen beziehen (§ 2 i.V.m. § 1 Abs. 3 BayBITV).
Die oben dargestellten Änderungen der BayBITV sind am 01.10.2018 in Kraft getreten. § 5a BayBITV enthält jedoch verschiedene Übergangsvorschriften. Hiernach sind die Vorschriften der BayBITV in der am 30.09.2018 geltenden Fassung weiter anzuwenden
Die Übergangsvorschriften sind damit für alle öffentlichen Stellen relevant.
Klaus Geiger, Referent beim Bayerischen Landkreistag
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