Dabei orientiert sich die Verpflichtung ausschließlich an Vergaben, die nach Unionsrecht europaweit ausgeschrieben werden müssen. Hierbei handelt es sich um Vergaben, die den jeweiligen Schwellenwert gem. § 106 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erreichen oder überschreiten (sog. oberschwelliges Vergabeverfahren). Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge liegt der Schwellenwert aktuell bei 214.000 € bzw. in den Sektoren Wasser, Energie und Verkehr bei 428.000 € und für öffentliche Bauaufträge bei 5.350.000 €.
Umsetzung der E-Rechnungsrichtlinie in Bayern
Die E-Rechnungs-Richtlinie wird in Bayern insbesondere durch Art. 5 Abs. 2 Bayerisches E-Government-Gesetz (BayEGovG) umgesetzt. Hiernach müssen Auftraggeber im Sinn von § 98 GWB den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen sicherstellen, soweit
Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB sind öffentliche Auftraggeber (§ 99 GWB), Sektorenauftraggeber (§ 100 GWB) und Konzessionsgeber (§ 101 GWB). Die Verpflichtung betrifft damit insbesondere die Kommunen und die Behörden des Freistaats Bayern. Die Verpflichtung tritt am 18.4.2020 in Kraft (Art. 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BayEGovG).
Was genau unter einer „elektronischen Rechnung“ im Sinne der o.g. Verpflichtung zu verstehen ist, wird in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 BayEGovG definiert. Eine Rechnung ist hiernach elektronisch, wenn sie in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, das ihre automatische und elektronische Verarbeitung ermöglicht. Das Nähere sowie Vorschriften, die sich auf die Ausgestaltung des elektronischen Rechnungsverkehrs, insbesondere auf die Verbindlichkeit der elektronischen Form beziehen, kann die Staatsregierung durch Rechtsverordnung festlegen (Art. 5 Abs. 2 Satz 3 BayEGovG).
VO zur Änderung der Bay. Barrierefrei Informationstechnik-VO
Von dieser Ermächtigung hat die Staatsregierung mit der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung vom 11.2.2020 Gebrauch gemacht, die am 28.2.2020 verkündet worden ist (GVBl. S. 36). Die Verordnung setzt die europarechtlichen Vorgaben, wie sie sich aus der Richtlinie 2014/55/EU i.V.m. dem Durchführungsbeschluss (EU) 2017/1870 vom 16.10.2017 ergeben, verbindlich um.
Neben den unionsrechtlich vorgegebenen technischen Anforderungen an eine elektronische Rechnung, wird die Verpflichtung zur Annahme und Verarbeitung elektronischer Rechnungen im Wesentlichen wie folgt konkretisiert:
Für die rechnungsstellenden Unternehmen ergibt sich durch die Rechtsverordnung keine Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage. Sowohl im Oberschwellen- als auch im Unterschwellenbereich besteht bis auf Weiteres keine Verpflichtung, Auftraggebern im Sinn von § 98 GWB elektronische Rechnungen zu stellen.
E-Rechnungsviewer
Die Pflichten der Auftraggeber (im Sinne von § 98 GWB) gem. Art 5 Abs. 2 BayEGovG beschränken sich im Wesentlichen auf den elektronischen Empfang elektronischer Rechnungen. Dies setzt zumindest beim E-Rechnungsstandard XRechnung eine technische Lösung voraus, die diese Rechnung in „lesbarer Form“ darstellt. Das Staatsministerium für Digitales bietet den bayerischen Kommunen hierfür einen kostenlosen, webbasierten E-Rechnungsviewer an. Der Viewer soll bis zum 18.4.2020 bereitstehen.
Im Einzelnen soll der Viewer folgende Anforderungen erfüllen:
Elektronisches Anordnungswesen
Die Einführung eines elektronischen Anordnungswesens ist nicht erforderlich, um den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen ab 18.4.2020 sicherzustellen (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BayEGovG). Zumindest bei den Kommunen liegt damit die Entscheidung, elektronische Signaturen im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen einzusetzen, weiterhin im jeweiligen Organisationsermessen. Die Einführung eines elektronischen Anordnungswesens ermöglicht gleichwohl gerade bei elektronischen eingehenden Rechnungen eine durchgängig medienbruchfreie Rechnungsbearbeitung und kann sich daher aus Wirtschaftlichkeitsgründen anbieten.
Klaus Geiger, Referent für Finanzen, Organisation und digitale Verwaltung beim Bayerischen Landkreistag, München
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