Bereits am 23.10.2019 hat der IT-Planungsrat (= Gremium für die IT-Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung zwischen Bund und Ländern) den Bund gebeten, die für den Einsatz der ELSTER-Zertifikate erforderlichen Rechtsänderungen einzuleiten. Ergänzend hierzu hat der IT-Planungsrat – auf Initiative Bayerns – zum 1.2.2020 die Entwicklung eines einheitlichen Unternehmenskontos für Deutschland auf Basis der ELSTER-Technologie beschlossen.
Vorteile des neuen digitalen Unternehmenskontos auf ELSTER-Basis sind insbesondere:
Alle Unternehmen sind bereits registriert.
Für jedes Unternehmen können bis zu 200 Konten für Firmenmitarbeiter eingerichtet werden.
Das Unternehmenskonto ermöglicht die Kommunikation zwischen Unternehmen und Behörden in beide Richtungen, sowohl in Form von Bescheiden als auch durch Anträge.
Steuerformulare sind bereits enthalten.
Maschinenschnittstellen für die Kommunikation zwischen Wirtschaft und Verwaltung sind enthalten.
Baustein-Prinzip: Ein zentraler Baustein ist die Nutzung der ELSTER-ID zur Authentisierung der Unternehmen. Die weiteren Bausteine können flexibel, je nach Ausgangssituation in den Ländern und damit mit einer hohen Investitionssicherung zusammengestellt werden.
Bereits bei Bund und Ländern vorhandene Lösungen können in verschiedener Form an eine ELSTER-Lösung angeschlossen werden, etwa durch Schnittstellen zwischen ELSTER und Fachverfahren, Verlinkungen von ELSTER in ein Landesportal (ohne erneute Anmeldung am Landeskonto) oder die Integration der ELSTER-Schnittstelle in ein vorhandenes Landeskonto (sog. NEZO-Schnittstelle).
Das digitale Unternehmenskonto wird in zwei Stufen umgesetzt:
Die ersten wichtigen Funktionen, wie z.B. die Authentifizierung und die Organisationszertifikate, sollen 2021 bereitstehen. Ein bundesweit einheitliches Unternehmenskonto soll im Jahr 2022 im Einsatz sein.
Das ELSTER-Unternehmenskonto soll zu einer Infrastrukturkomponente für einen „Single Point of Contact“ (Unternehmensportal) für die Wirtschaft in Deutschland weiterentwickelt werden. Der IT-Planungsrat hat die entsprechenden Überlegungen des Freistaats Bayerns in seiner Sitzung am 23.10.2020 begrüßt und diesen damit beauftragt, die hierfür erforderlichen Anforderungen zu erheben.
Die rechtlichen Grundlagen wurden kürzlich mit dem „Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen“ vom 03.12.2020 geschaffen, das am 09.12.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist (BGBl. I S. 2668; online abrufbar).
Bund und Länder haben sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens darauf verständigt, nicht mehr den Begriff „Unternehmenskonto“ zu verwenden, sondern diesen durch den Begriff „Organisationskonto“ zu ersetzen. Hintergrund dieser klarstellenden Umformulierung ist, dass nicht nur Unternehmen, sondern auch nicht wirtschaftliche Vereinigungen oder Behörden das Konto nutzen können. Natürliche Personen sollen ebenfalls die Möglichkeit haben, für eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ein Organisationskonto anzulegen.
Durch das „Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen“ wird das Onlinezugangsgesetz (OZG) insbesondere wie folgt geändert (Art. 1 des Gesetzes):
Die Begriffsbestimmungen in § 2 OZG werden ergänzt um die Unterscheidung von Bürger- und Organisationskonten sowie die Definition des Postfachs.
In § 3 Abs. 2 OZG werden die Rechtsgrundlagen für ein bundesweit einheitliches Organisationskonto für Unternehmen unter Einbindung der weit verbreiteten ELSTER-Zertifikate geschaffen.
Die Speichersachverhalte in § 8 Absatz 1 OZG, insbesondere zur Umsetzung der eIDAS-Verordnung, werden ergänzt und überarbeitet.
Organisationen können mit dem ELSTER-Zertifikat „digital unterschreiben“, also eine angeordnete Schriftform elektronisch ersetzen (§ 8 Abs. 6 OZG), wenn sie sich am Organisationskonto (§ 2 Abs. 5 OZG) identifizieren und authentifizieren.
Für den Einsatz von ELSTER-Softwarezertifikaten bei der Identifizierung und Authentifizierung in den Nutzerkonten des OZG wird in § 8 Abs. 7 OZG eine befristete Regelung geschaffen.
Um die Interoperabilität zwischen den Nutzerkonten von Bund und Ländern sicherzustellen, wird in § 8 Abs. 8 OZG eine Verordnungsermächtigung geschaffen.
Mit dem neuen § 9 OZG wird eine Fiktionsregelung für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten in OZG-Nutzerkonten („3-Tages-Fiktion“) getroffen.
Fazit
Der IT-Planungsrat hat die Entwicklung eines einheitlichen Organisationskontos für Deutschland auf Basis der ELSTER-Technologie beschlossen, das zu einer Infrastrukturkomponente für einen „Single Point of Contact“ (Unternehmensportal) für die Wirtschaft in Deutschland weiterentwickelt werden soll.
Die rechtlichen Grundlagen dafür wurden kürzlich mit dem „Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen“ vom 3.12.2020 geschaffen, das am 9.12.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist (BGBl. I S. 2668).
Durch die Gesetzesänderung können sich Unternehmen mit dem bereits vorhandenen ELSTER-Zertifikat über das Organisationskonto nicht nur identifizieren und authentifizieren, sondern auch „digital unterschreiben“.
Daneben kann das Organisationskonto z.B. auch von nicht wirtschaftlichen Vereinigungen und Behörden sowie von natürlichen Personen für eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit genutzt werden.
Das ELSTER-Organisationskonto wird im Laufe des nächsten Jahres technisch bereitgestellt.
Klaus Geiger, Referent für Finanzen, Organisation und digitale Verwaltung beim Bayerischen Landkreistag, München
Gerne können Sie auch unser Kontaktformular benutzen und wir melden uns bei Ihnen.
Kontaktformular