Inhalt
1. Was ändert sich am 1. November 2018?
2. Warum wurde diese Regelung eingeführt?
3. Was ist durch eine Erklärung nach dem neuen § 45a PStG nicht möglich?
4. Auswirkungen auf das Meldewesen
a) Voraussetzung bzw. Grundlage für die Änderung
b) Speicherung der früheren Reihenfolge?
c) Änderungen im Feld „Gebräuchlicher Vorname“?
d) Mitteilung der Änderung an andere Stellen
5. Auswirkungen der Änderungen auf Pässe und Personalausweise
6. Einige weitere Auswirkungen und Fazit
Aktualisierungshinweis vom 11.12.2018:
Aufgrund der freundlichen Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (StMI), Sachgebiet A3 (Verwaltungsgerichtsbarkeit; Staatsangehörigkeit und Personenstandsrecht; Landesgrenze), Herrn Walter Königbauer, haben wir den Newsletter unter Ziffern 1 und 4 a um einige Klarstellungen bzw. Sonderfälle ergänzt.
Wir danken herzlich für die Hinweise!
1. Was ändert sich am 1. November 2018
Zum 1. November 2018 tritt im Personenstandsrecht der neu eingefügte § 45a des Personenstandsgesetzes (PStG) in Kraft. Er ermöglicht eine „Neusortierung“ der bestehenden Vornamen einer Person.
Voraussetzung ist, dass die Person mehr als einen Vornamen besitzt und dass die Vornamen nach deutschem Recht gewählt wurden.
Beispiel: Einem Kind wurden durch seine Eltern, die beide ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, die drei Vornamen „Hans Peter Erwin“ erteilt. Dieses Kind hat nun ab 1. November 2018 die Möglichkeit, die bisherige Reihenfolge dieser Vornamen zu ändern – z.B. auf „Erwin Hans Peter“. Sofern es volljährig ist, kann es das selbst veranlassen. Sollte es noch nicht volljährig sein, bedarf es der Zustimmung seines bzw. seiner gesetzlichen Vertreter (vgl. § 45a Abs. 2 PStG).
Eine derartige Änderung der Reihenfolge der Vornamen wurde bisher als Namensänderung angesehen. Sie war daher bislang nur aus wichtigem Grund im Wege einer öffentlich-rechtlichen Namensänderung möglich. Siehe hierzu z.B. die Ausführungen im Artikel „Öffentliches Namensrecht“ auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, die auch für die Reihenfolge der Vornamen galt:
Was die Reihenfolge der Vornamen angeht, ändert sich das mit dem Inkrafttreten des § 45a des Personenstandsgesetzes (PStG) zum 1.11.2018. Die betroffene Person kann künftig die Reihenfolge seiner Vornamen durch Erklärung gegenüber dem Standesamt neu bestimmen („Neusortierung der Vornamen“; das Gesetz spricht von „Vornamensortierung“). Besondere Voraussetzungen müssen dabei nicht erfüllt sein,
§ 45a Abs. 1 PStG. Insbesondere bedarf es keiner Begründung, warum die Reihenfolge der Vornamen geändert werden soll.
Die Beurkundung der Änderung der Reihenfolge der Vornamen erfolgt in der Regel im Geburtenbuch, § 45a Abs. 3 PStG. Die Erklärung selbst kann von der betroffenen Person z.B. beim Wohnsitzstandesamt abgegeben werden, § 45a Abs. 1 PStG.
Anmerkung des StMI:
„§ 45a PStG n.F. setzt voraus, dass der Name der Person deutschem Recht unterliegt, d. h. um sortieren zu können muss deutsches Namensrecht auf die betreffende Person anwendbar sein; die Person muss zu diesem Zeitpunkt deutschem Namensstatut unterliegen. Sortieren kann also auch, wer seinen Namen nach ausländischem Recht erworben hat, nach einem Statutenwechsel, beispielsweise Einbürgerung, nunmehr aber deutschem Namensrecht unterliegt.“
2. Warum wurde diese Regelung eingeführt?
Zur Erklärung, warum die Regelung zur Vornamenssortierung eingeführt wurde, richten wir den Blick zunächst zurück:
Bis zum 31. Oktober 2010 wurde in der maschinenlesbaren Zeile (nachfolgend als „MRZ“ bezeichnet) sowohl bei Pässen als auch bei Personalausweisen (nachfolgend als „Ausweisdokumente“ bezeichnet) nur einer von evtl. mehreren Vornamen erfasst. In der Regel wurde hier der Rufname gewählt, was zur Folge hatte, dass auf diese Art und Weise der Rufname – obwohl er dort nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet wurde) in den Ausweisdokumenten dennoch zu erkennen war. Zur Frage, was als Rufname zu verstehen ist, verweisen wir auf Punkt 3 unseres Newsletters vom Februar 2015.
Nachdem es im Alltag (etwa bei Banken, aber auch bei Behörden) eher selten vorkam, dass alle Vornamen angegeben werden mussten, konnten Dritte auf diese Art und Weise einfach und schnell erkennen, welcher der Vornamen der Rufname ist und diesen anstatt aller Vornamen erfassen.
Seit dem 1. November 2010 erfolgt die Zusammensetzung der MRZ jedoch nach einem anderen Verfahren, „das auf die Empfehlungen der Internationalen Organisation für zivile Luftfahrt (ICAO) zurückgeht“ (so ein Bericht des Bundesministeriums des Innern – BMI - vom 19.11.2010– nachzulesen noch unter: https://archive.is/81YsK#selection-529.127-529.196 ). Dieses Verfahren sieht jedoch vor, dass nicht mehr nur ein Vorname, sondern – sofern platztechnisch möglich – alle Vornamen in der Reihenfolge, wie sie in der Geburtsurkunde eingetragen sind, auch in der MRZ eingetragen werden. Dies hat zur Folge, dass als erster Vorname in der MRZ nun auch ein Vorname stehen kann, der nicht der Rufname ist. Die Einschätzung des BMI bei Einführung dieser Verfahrensweise: „Die maschinenlesbare Zone ist für eine Nutzung außerhalb hoheitlicher Identitätskontrollen nicht vorgesehen. Für das Eröffnen oder Schließen eines Bankkontos, die Ausfertigung von Kraftfahrzeugbriefen oder gar für Bewerbungen ist sie nicht relevant.“
Wie viele von Ihnen aus Nachfragen oder gar Beschwerden von Betroffenen wissen, war diese Einschätzung jedoch offenbar nicht realistisch. Und so wird als Grund für Einführung der Erklärung nach § 45a PStG in der Gesetzesbegründung nun angegeben (siehe Bundestagsdrucksache 18/11612, Seite 27): „Oftmals sehen sich Bürger … mit einer ihnen fremden Namensangabe konfrontiert, wenn Dritte (z. B. Banken, Versicherungen, Fluggesellschaften) anstelle des Rufnamens den in der Vornamensreihenfolge stehenden ersten, allerdings im täglichen Leben ungebräuchlichen Vornamen verwenden. Dies kann zu teils erheblichen Problem führen. Eine Änderung der Reihenfolge der Vornamen durch Abgabe einer Erklärung bei den Standesämtern behebt das Problem auf einfache Art.“
Durch die Erklärung über die Änderung der Reihenfolge der Vornamen hat die betroffene Person künftig die Möglichkeit, ihren Rufnamen an erster Stelle zu setzen. Dritte, die immer den ersten von mehreren Vornamen verwenden, würden nach diesen Überlegungen automatisch wieder den Rufnamen der betroffenen Person verwenden. Man wird sehen, ob sich diese Erwartung erfüllt.
3. Was ist durch eine Erklärung nach dem neuen § 45a PStG nicht möglich?
Nicht möglich ist (§ 45a Abs. 1 Satz 2 PStG):
4. Auswirkungen auf das Meldewesen
a) Voraussetzung bzw. Grundlage für die Änderung
Voraussetzung für die Änderung ist zunächst einmal, dass die Erklärung über die neue Reihenfolge in einem deutschen Personenstandsregister beurkundet wird. In der Regel wird dies das Geburtsregister sein. Sofern die Geburt des Betroffenen jedoch nicht in einem deutschen Geburtsregister beurkundet wurde (z.B. aufgrund einer Geburt im Ausland, die auch nicht nachbeurkundet wurde), kann dies auch ein anderes deutsches Personenstandsregister – z.B. das Eheregister – sein, vgl. § 45a Abs. 3 Satz 2 PStG.
Das Standesamt, das die Folgebeurkundung vorgenommen hat, teilt die Folgebeurkundung normalerweise der Meldebehörde mit (siehe z.B. § 57 Abs. 4 Nr. 4 PStV). Aufgrund dieser Mitteilung kann die Meldebehörde die Änderung der Reihenfolge vornehmen, § 6 Abs. 1 Satz 1 Bundesmeldegesetz (BMG).
Sofern die betroffene Person selbst vorspricht (z.B. bevor die Mitteilung des entsprechenden Standesamts eingegangen ist), kann die Änderung auch vorgenommen werden, wenn eine Bestätigung nach § 46 Nr. 3 Personenstandsverordnung (PStV) vorgelegt wird, § 12 Satz 1 BMG.
Eine Änderung ohne entsprechende Nachweise ist ausgeschlossen.
Anmerkung des StMI:
„Sortieren kann auch, wer hinsichtlich der Namensführung deutschem Recht unterliegt, aber keinen deutschen Personenstandseintrag aufweist.
Im Hinblick auf das Formerfordernis der öffentlichen Beglaubigung oder Beurkundung ist zunächst wichtig, dass die Erklärung selbst beim Notar bzw. bei jedem Standesamt abgegeben werden kann, unabhängig davon, ob dieses Standesamt einen Personenstandseintrag zu dieser Person führt. Die Frage, wann die Sortiererklärung dann wirksam wird (vgl. § 45a Abs. 1 Satz 1 PStG n.F.: „Bestimmung gegenüber dem Standesamt“), hängt von der hierfür in § 45a Abs. 3 PStG n.F. geregelten Entgegennahmezuständigkeit ab. Die Zuständigkeit zur Entgegennahme der Erklärung (Wirksamkeitserfordernis) liegt nach der in § 45a Abs. 3 PStG n.F. getroffenen Reihenfolge vorrangig bei dem Standesamt, das das Geburtenregister, ansonsten das Ehe- oder Lebenspartnerschaftsregister der Person führt. Gibt es keinen deutschen Registereintrag ist das Wohnsitzstandesamt (bzw. Standesamt des gewöhnlichen Aufenthalts) oder das Standesamt eines früheren Wohnsitzes für die Entgegennahme zuständig; für alle anderen Fälle das Standesamt I in Berlin.“
b) Speicherung der früheren Reihenfolge?
Relativ schnell wird sich die Frage stellen, ob die frühere („alte“) Reihenfolge der Vornamen als „frühere Vornamen“ (Blatt 0303 DSMeld) gespeichert werden müssen bzw. dürfen.
In der Gesetzesbegründung zu § 45a PStG (Bundestags-Drucksache 18/11612, Seite 27) heißt es: „Da die Vornamen im Rang alle gleich sind und bei einer Umsortierung auch keine materielle Änderung der Vornamen erfolgt, stellt die Sortierung keine Namensänderung im eigentlichen Sinn dar.“
Dies bezieht sich jedoch genau genommen nur auf die Systematik im Personenstandswesen. Im Melderegister ist die Änderung der Reihenfolge der Vornamen wie jede andere Namensänderung (z.B. aufgrund einer Eheschließung) zu werten.
Hintergrund ist, dass für die betroffene Person vor der Änderung in der Regel bereits Ausweisdokumente (Pass/Personalausweis) mit der „alten“ Reihenfolge der Vornamen ausgestellt wurden und dass sie deshalb genau mit dieser Reihenfolge der Vornamen sowohl bei Behörden als auch bei nichtöffentlichen Stellen in Erscheinung getreten ist und dort vielfach so gespeichert wurde. Gemäß § 2 Abs. 1 BMG hat die Meldebehörde nicht nur die Aufgabe, die Einwohner zu registrieren, sondern auch die Aufgabe, deren Identität nachweisen zu können. Ohne die Speicherung der früheren Reihenfolge kann die Meldebehörde diese Aufgabe möglicherweise nicht ordnungsgemäß erfüllen.
Wir empfehlen daher, die frühere Reihenfolge zu dokumentieren. Eine entsprechende Handlungsanweisung des Bundesministeriums des Innern, liegt zwar nicht vor, doch sollten bereits absehbare Schwierigkeiten deshalb nicht ignoriert werden.
c) Änderungen im Feld „Gebräuchlicher Vorname“?
Entsprechend der Definition in Blatt 0302 DSMeld („Angaben über den gebräuchlichen Vornamen sind nur dann zu machen, wenn er nicht der erste Vorname ist.“) müsste der eingetragene Vorname eigentlich gelöscht werden, da aufgrund der Änderung der gebräuchliche Vorname nun erster Vorname ist. Hinsichtlich der Frage, ob Sie in Ihrem elektronischen Melderegister diesbezüglich Änderungen vornehmen müssen, beachten Sie bitte die Informationen Ihres EDV-Verfahrensherstellers.
d) Mitteilung der Änderung an andere Stellen
Die Änderung der Reihenfolge der Vornamen im Melderegister ist – wie beispielsweise auch die Änderung des Familiennamens aufgrund einer Eheschließung – anderen öffentlichen Stellen mitzuteilen, § 6 Abs. 1 Satz 2 BMG. So sind beispielsweise der Datenstelle der Rentenversicherung nach Namensänderungen entsprechende Daten zu übermitteln, § 6 Abs. 1 Satz 2 Zweite Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung (2. BMeldDÜV). Derartige Mitteilungen erfolgen jedoch in der Regel vollautomatisch durch die entsprechenden EDV-Verfahren.
5. Auswirkungen auf Pässe und Personalausweise
Zunächst die wichtigste Information für Betroffene: Auch nach Abgabe der Erklärung über die Änderung der Reihenfolge der Vornamen ist die „Kennzeichnung“ eines Rufnamens in Ausweisdokumenten weiterhin nicht möglich.
Der Vorteil für betroffene Personen besteht lediglich darin, dass sie nun Ausweisdokumente erhalten können, in denen ihr Rufname (der aufgrund der Erklärung nach § 45a PStG nun erster Vorname ist) als erster Vorname in der MRZ erscheint.
Die Erfahrungen erster Anfragen von betroffenen Personen zeigen allerdings, dass vielen gar nicht bewusst ist, dass die Neusortierung ihrer Vornamen im Geburtenregister kraft Gesetzes die Ungültigkeit aller vorhandene Ausweisdokumente nach sich zieht (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 Personalausweisgesetz - PAuswG - sowie § 11 Abs. 1 Nr. 2 Passgesetz - PassG: „unzutreffende Angaben“). Sie müssen daher – auf Kosten der betroffenen Person! – sämtlich neu beantragt werden.
6. Einige weitere Auswirkungen und Fazit
Wie bereits unter Punkt 2 erwähnt, verfolgt die Neuregelung eigentlich das Ziel, Probleme für Bürger zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass Dritte anstatt des Rufnamens den ersten Vornamen verwenden. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung: „Die damit verbundenen Probleme können durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Erklärung zur Änderung der Reihenfolge der Vornamen vermieden werden.“
Doch dieser schöne Schein trügt im Einzelfall erheblich. Denn nicht erwähnt wird, dass die Änderung der Reihenfolge der Vornamen für betroffene Personen neben den unter Punkt 5 erwähnten Auswirkungen (Ungültigkeit und somit erforderliche Neuausstellung von Ausweisdokumenten) noch weitere Auswirkungen haben kann:
Betrachtet man die Auswirkungen in ihrer Gesamtheit, wird man daher wohl zu dem Schluss kommen müssen, dass der 1. November 2018 auch für diesen Personenkreis kaum zu einem Festtag werden wird.
Dr. Eugen Ehmann und Matthias Brunner
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