Der „Verzicht auf die Weiterbearbeitung“ bei „neutraler Antwort“

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Ausgabe September 2022

Auskunftssperren wegen Gefährdung gemäß § 51 Bundesmeldegesetz (BMG) machen im Meldewesen viel Arbeit. Seit dem 1.5.2022 gibt es jedoch eine Neuregelung im BMG, die den Meldebehörden unnötigen Aufwand erspart. Sie betrifft den Fall, dass das EDV-System der Meldebehörde bei automatisierten Abrufen aus dem Melderegister oder bei automatisierten Melderegisterauskünften eine „neutrale Antwort“ auslöst. Doch Vorsicht: Wie so oft steckt der Teufel im Detail!

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Inhalt 

  1. Was ist eine „neutrale Antwort“?
  2. Wie lautet eine „neutrale Antwort“?
    2.1 Überblick
    2.2 Neutrale Antwort bei einer Datenübermittlung an eine öffentliche Stelle
    2.3 Neutrale Antwort bei einer Datenübermittlung an eine nicht-öffentliche Stelle (=Melderegisterauskunft)

  3. Welche Funktion hat eine „neutrale Antwort“?

  4. Welchen unterschiedlichen Hintergrund hat eine „neutrale Antwort“ im manuellen und im automatisierten Verfahren?

  5. Wie läuft der Übergang vom manuellen Verfahren in das automatisierte Verfahren ab?

  6. Was bewirkt ein „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“?

  7. Warum wurde der „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“ eingeführt?

  8. Welche Benachrichtigungspflichten sind auch bei einem „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“ zu beachten?
    8.1 Faustregel für die Praxis
    8.2 Weitere Einzelheiten

  9. Was ist vom „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“ zu halten?


Anlage – Einzelheiten zu den Unterrichtungspflichten, die trotz Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort fortbestehen (Ergänzung zu Ziffer 8 des Newsletters)
       8.2.1 Pflicht zur Unterrichtung der betroffenen Person
       8.2.2 Pflicht zur Unterrichtung der „veranlassenden Stelle“

1. Was ist eine „neutrale Antwort“?

Das BMG definiert die neutrale Antwort als „eine Mitteilung, die keine Rückschlüsse darauf zulassen darf, ob zu der betroffenen Person keine Daten vorhanden sind oder ob eine Auskunftssperre besteht (neutrale Antwort)“. So steht es in § 34 a Abs. 5 Satz 1 BMG, der seit 1.5.2022 gilt. Er führte erstmals den Begriff der „neutralen Antwort“ im Gesetzestext selbst ein. An zwei Stellen greift das BMG seither auf den Begriff zurück (§ 38 Abs. 5 Satz 1 BMG und § 49 Abs. 7 Satz 1 BMG).

Weder der Begriff „neutrale Antwort“ noch die Definition dafür sind allerdings wirklich neu. Der Text der Definition findet sich seit langem auch an anderen Stellen im BMG (siehe § 34 Abs. 5 Satz 2 BMG sowie § 51 Abs. 2 Satz 3 BMG). Der Begriff „neutrale Antwort“ war zwar im BMG bisher noch nicht enthalten. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVwV) verwendet ihn aber schon seit Jahren, und zwar in ihrer derzeit gültigen Fassung nicht weniger als 23-mal (siehe als Beispiel etwa die Überschrift von Nr. 51.0.3.2 BMGVwV).

2. Wie lautet eine „neutrale Antwort“?

2.1 Überblick

Das BMG sagt nichts dazu, wie eine neutrale Antwort formuliert werden muss. Die BMGVwV hilft jedoch weiter. Sie ordnet an mehreren Stellen an, welchen Text eine Meldebehörde bei der Erteilung einer neutralen Antwort verwenden muss. Dabei unterscheidet die BMGVwV zunächst danach, ob es um eine Datenübermittlung an eine öffentliche Stelle geht oder um eine Datenübermittlung an eine nicht-öffentliche Stelle (= Melderegisterauskunft; siehe zu diesem Begriff die Überschrift zu Abschnitt 5 Unterabschnitt 2 des BMG).

Innerhalb dieser beiden Konstellationen differenziert sie dann jeweils danach, ob die Bearbeitung durch die Meldebehörde im manuellen Verfahren oder im automatisierten Verfahren erfolgt. Damit ergibt sich folgende Grundstruktur:

2.2 Neutrale Antwort bei einer Datenübermittlung an eine öffentliche Stelle

Wenn die Meldebehörde eine Datenübermittlung, die eine öffentliche Stelle begehrt, im manuellen Verfahren bearbeitet (also „händisch“ durch einen Menschen), muss die Meldebehörde für eine neutrale Antwort folgenden Text verwenden: „Die Person wurde nicht oder nicht eindeutig identifiziert oder es liegt eine Auskunftssperre vor. Es werden keine Daten übermittelt.“ (so Nr. 34.1.1.3 BMGVwV sowie Nr. 51.0.3.3. BMGVwV).

Erfolgt die Bearbeitung einer Datenübermittlung, die eine öffentliche Stelle begehrt, dagegen im automatisierten Verfahren, ist für eine neutrale Antwort folgender Wortlaut festgelegt „Die Person wurde nicht identifiziert oder es liegt eine Auskunftssperre vor. Sofern eine Auskunftssperre vorliegt, aber deren Schutzzweck einer Übermittlung der Daten nicht entgegensteht, erfolgt diese nach Abschluss der Prüfung im manuellen Verfahren.“ (so Nr. 38.2 BMGVwV sowie Nr. 51.0.3.3 BMGVwV).

Die neutrale Antwort gegenüber öffentlichen Stellen hat also im manuellen Verfahren und im automatisierten Verfahren jeweils einen unterschiedlichen Wortlaut.

2.3 Neutrale Antwort bei einer Datenübermittlung an eine nicht-öffentliche Stelle (=Melderegisterauskunft)

Wenn es um den Antrag einer nicht-öffentlichen Stelle auf Erteilung einer Melderegisterauskunft geht und dieser Antrag im manuellen Verfahren bearbeitet wird, lautet die neutrale Antwort: „Eine Auskunft kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder derzeit nicht erteilt werden.“ (so Nr. 44.1.3.3 BMGVwV sowie Nr. 51.0.3.3 BMGVwV).

Falls der Antrag einer nicht-öffentlichen Stelle auf Erteilung einer Melderegisterauskunft im automatisierten Verfahren bearbeitet wird, hat die neutrale Auskunft denselben Wortlaut: „Eine Auskunft kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder derzeit nicht erteilt werden.“ (so Nr. 49.2.1.3 BMGVwV sowie Nr. 51.0.3.3 BMGVwV).

Der Wortlaut der neutralen Antwort ist hier also im manuellen Verfahren und im automatisierten Verfahren identisch.

Wichtig für die Praxis: Richtige Bedienung des bei der Meldebehörde eingesetzten EDV-Programms vorausgesetzt, erzeugt das Programm den jeweils vorgeschriebenen Text von sich aus. Eine manuelle Eingabe ist nicht erforderlich.

3. Welche Funktion hat eine „neutrale Antwort“?

Eine neutrale Antwort soll die Person schützen, für die eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) eingetragen ist. Sie soll die anfragende Person oder Stelle bewusst darüber im Unklaren lassen, ob für die betroffene Person kein Datensatz im Melderegister vorhanden ist, der zu den Suchkriterien passt, oder ob zwar ein solcher Datensatz existiert, sein Inhalt jedoch zur Vermeidung einer Gefährdung nicht nach außen offenbart werden soll. „Betroffene Person“ ist dabei der Einwohner, für den eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) eingetragen ist.

Der beschriebene Schutzzweck ließe sich durch unterschiedliche Formulierungen erreichen. Aus gutem Grund nimmt die BMGVwV durch verbindlich vorgegebene Formulierungen den Meldebehörden die Entscheidung darüber ab, welcher Text jeweils infrage käme. Dies vermeidet Pannen, die sonst kaum zu vermeiden wären.

Die Formulierungsvorgaben der BMGVwV sorgen dafür, dass eine anfragende Person oder Stelle nicht erkennen kann, ob eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) im Melderegister eingetragen ist. Häufig wird es so sein, dass der anfragenden Person oder Stelle eine Anschrift der betroffenen Person vorliegt. Sie weiß allerdings nicht, ob diese Anschrift überhaupt jemals richtig war und falls ja, ob sie noch aktuell ist. Das möchte sie durch die Anfrage bei der Meldebehörde klären. Würde die Meldebehörde durch ihre Formulierungen zu erkennen geben, dass ein Fall der Auskunftssperre vorliegt, wäre klar, dass die Anschrift, die der anfragenden Person oder Stelle bekannt ist, zutrifft. Damit wäre aufgedeckt, wo die betroffene Person wohnt. Dies würde die Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) aushebeln.

Aus diesem Grund ist dringend zu raten, stets nur und ausschließlich die Formulierungen zu verwenden, die in der BMGVwV vorgegeben sind. Jegliche Rückfragen dazu, was sich denn hinter der Formulierung verberge, müssen „abgeblockt“ werden. Dies gilt insbesondere für die sehr häufige direkte Frage, ob möglicherweise eine Auskunftssperre wegen Gefährdung eingetragen sei. Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass eine solche Frage einfach bejaht wird. Derartige direkte Fragen sind ein klassischer Trick der Gesprächsführung. Er bewirkt oft, dass versehentlich genau das verraten wird, was vertraulich bleiben müsste. Völlig indiskutabel ist es, solche Diskussionen bei einer telefonischen Nachfrage zu führen.

4. Welchen unterschiedlichen Hintergrund hat eine „neutrale Antwort“ im manuellen und im automatisierten Verfahren?

Wird eine neutrale Antwort nach der manuellen Bearbeitung durch die Meldebehörde erteilt, findet endgültig keine Herausgabe von Daten durch die Meldebehörde statt. Das gilt unabhängig davon, ob die Anfrage von einer öffentlichen Stelle oder von einer nicht-öffentlichen Stelle kommt. Das Verfahren ist dann abgeschlossen.

Anders sieht es aus, wenn eine neutrale Antwort im automatisierten Verfahren erteilt wird. Die neutrale Antwort bringt hier lediglich zum Ausdruck, dass die Bearbeitung der Anfrage vom automatisierten Verfahren in das manuelle Verfahren übergeht. Ob es dann im Ergebnis doch zu einer Herausgabe von Daten kommt, wird erst im manuellen Verfahren entschieden.

5. Wie läuft der Übergang vom manuellen Verfahren in das automatisierte Verfahren ab?

Der Übergang vom automatisierten Verfahren zum manuellen Verfahren läuft in der Praxis so ab, dass die Meldebehörde im Postkorb ihres EDV-Verfahrens eine „Aussteuerungsnachricht“ vorfindet. Aus ihr kann die Meldebehörde erkennen, dass es eine Anfrage im automatisierten Verfahren gegeben hat, zu der das EDV-Verfahren eine neutrale Antwort ausgelöst hat. Dies ist für die Meldebehörde der Anlass dafür, diese Anfrage nunmehr im manuellen Verfahren weiter zu behandeln.

Für Datenabrufe, die öffentliche Stellen versuchen, ist dieser Übergang inzwischen ausdrücklich gesetzlich geregelt. § 34a Abs. 5 Satz 2 BMG ordnet beim Vorliegen einer Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) an: „Der Abruf ist in diesen Fällen von der Meldebehörde wie ein Ersuchen um manuelle Datenübermittlung zu behandeln.“ Nötig gewesen wäre diese ausdrückliche gesetzliche Regelung wohl nicht unbedingt, andererseits schadet sie auch nicht. Dass es zu einem solchen Übergang von der einen in die andere Verfahrensart kommt, würde sich ohnehin aus der Funktion ergeben, die eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) hat. Sie schließt nämlich eine Herausgabe von Daten nicht absolut aus, sondern macht sie von bestimmten formalen und inhaltlichen Voraussetzungen abhängig. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, lässt sich nicht in einem automatisierten Verfahren prüfen.

Für Anträge nicht-öffentlicher Stellen auf Erteilung einer Melderegisterauskunft enthält das BMG keine ausdrückliche Regelung zum Übergang von der einen in die andere Verfahrensart. In der BMGVwV ist der Übergang dafür umso ausführlicher geschildert. Den Ausgangspunkt bildet Nr. 49.2.1.3 BMGVwV: „Wird auf eine Anfrage die neutrale Antwort gegeben, erfolgt bei Vorliegen einer Auskunftssperre aufgrund der Pflicht zur Anhörung der betroffenen Person stets der Übergang in das manuelle Verfahren gemäß § 51 Absatz 2 Satz 1 BMG.“ Den weiteren Ablauf beschreibt Nr. 44.1.3.3.1 BMGVwV so: „Im manuellen Verfahren wird im Nachgang zur Erteilung der neutralen Antwort im automatisierten Verfahren das Vorliegen der Voraussetzungen der Auskunftssperre, … weiter geprüft. Falls eine Gefährdung nicht vorliegt, wird die Auskunft erteilt. Im Falle einer Ablehnung der Auskunft ist, sofern bereits eine neutrale Antwort gegeben wurde, eine erneute Antwort an den Antragsteller nicht angezeigt.“

Diese „Untersagung einer erneuten neutralen Antwort“ ist wichtig! Denn eine nochmalige neutrale Antwort wäre für den Antragsteller ein Indiz, dass nach der ersten, automatischen erteilten neutralen Antwort noch eine weitere Prüfung durch die Meldebehörde erfolgte. Daraus könnte er schließen, dass eine Auskunftssperre vorhanden ist.

6. Was bewirkt ein „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“?

Bisher war es so, dass die Meldebehörde keine Wahl hatte, wenn ihr EDV-Verfahren im automatisierten Verfahren eine neutrale Antwort ausgelöst hat. Sie konnte die Angelegenheit dann nicht auf sich beruhen lassen. Wenn sie eine Aussteuerungsnachricht erhielt, musste sie vielmehr eine Bearbeitung des Vorgangs im manuellen Verfahren anschließen. Nr. 49.2.1.3 BMGVwV hob dies für Anträge nicht-öffentlicher Stellen auf Erteilung einer Melderegisterauskunft ausdrücklich durch die Formulierung hervor, es müsse „stets der Übergang in das manuelle Verfahren“ erfolgen.

Dies hat sich mit Wirkung vom 1.5.2022 geändert, und zwar sowohl für automatisierte Datenabrufe durch öffentliche Stellen wie für Anträge nicht-öffentlicher Stellen auf Erteilung einer Melderegisterauskunft im automatisierten Verfahren:

Für öffentliche Stellen gilt seither folgende Regelung: „Die abrufende Stelle kann für den Fall einer neutralen Antwort auf eine weitere Bearbeitung der Anfrage durch die Meldebehörde verzichten.“ (§ 38 Abs. 5 Satz 1 BMG).

Die entsprechende Regelung für nicht-öffentliche Stellen lautet: „Die anfragende Person oder Stelle nach § 44 Absatz 1 Satz 1 kann für den Fall einer neutralen Antwort auf eine weitere Bearbeitung der Anfrage durch die Meldebehörde verzichten.“ (§ 49 Abs. 7 Satz 1 BMG).

Sofern die abrufende öffentliche Stelle oder die anfragende nicht-öffentliche Stelle sich nicht zu dem Thema äußert, bleibt es somit auch künftig beim Übergang vom manuellen Verfahren in das automatisierte Verfahren, wenn eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) besteht. Die abrufende/anfragende Stelle hat es nunmehr jedoch in der Hand, ob sie dies so haben will. Sie kann ausdrücklich erklären, dass ein solcher Übergang nicht erfolgen soll. Dies hat zur Folge, dass die Meldebehörde das Verfahren abschließt, ohne eine etwaige Durchbrechung der Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) zu prüfen und ohne Daten herauszugeben.

7. Warum wurde der „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“ eingeführt?

Die Durchführung eines manuellen Verfahrens durch die Meldebehörde nimmt erhebliche Zeit in Anspruch. Schon wegen der Notwendigkeit, die betroffene Person anzuhören (siehe dazu § 51 Abs. 3 BMG), lässt sich das Verfahren auch nur in sehr engen Grenzen beschleunigen. Dies führt oft dazu, dass abrufende/anfragende Stellen Daten von der Meldebehörde zu einem Zeitpunkt erhalten, zu dem sie mit ihnen nichts mehr anfangen können.

Dies führte in der Vergangenheit vor allem dann zu Beschwerden bei der Meldebehörde, wenn es sich um eine gebührenpflichtige Melderegisterauskunft an eine nicht-öffentliche Stelle handelte (was vom Gebührenrecht des jeweiligen Bundeslands abhängt). Ein regelmäßig zu hörendes Argument lautete dann, man solle für eine Auskunft, mit der man nichts mehr anfangen könne, auch noch teures Geld bezahlen. Solche Situationen führten zu Frust auf beiden Seiten. Die Meldebehörde hatte knappe personelle Ressourcen vergeudet und der Adressat der Datenübermittlung konnte mit den Daten nichts mehr anfangen. Der neu geschaffene Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort vermeidet solche Ergebnisse.

Die Gesetzesbegründung äußert sich zwar nicht in dieser Deutlichkeit, geht aber inhaltlich ebenfalls in diese Richtung. Es heißt dort: "Besteht für eine Person eine Auskunftssperre wegen Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen muss die Meldebehörde vor Erteilung einer Melderegisterauskunft oder einer Datenübermittlung prüfen, ob für die betroffene Person durch die Auskunft eine Gefahr entstehen könnte. Um dies beurteilen zu können, ist eine Anhörung der betroffenen Person oder der die Auskunftssperre veranlassenden Stelle oder gegebenenfalls beider erforderlich. Der hierfür erforderliche Zeitraum ist von den Umständen des Einzelfalls und der Arbeitsbelastung der Meldebehörden abhängig. Durch die Zeitverzögerung ist für abrufende Stellen, die situationsbedingt darauf angewiesen sind, sehr zeitnah auf die erforderlichen Daten zurückgreifen zu können, eine Auskunft nach Abschluss der Prüfung nutzlos. Um die Meldebehörde von einer unnötigen Prüfung zu entlasten, sollen die abrufenden Stellen mit dem Abruf die Möglichkeit erhalten, auf eine Auskunft nach Prüfung einer Auskunftssperre zu verzichten.“ (Bundesrats-Drucksache 437/20(neu) vom 7.8.2020, Seite 31, dritter Absatz).

8. Welche Benachrichtigungspflichten sind auch bei einem „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“ zu beachten?

8.1 Faustregel für die Praxis

Eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) führt dazu, dass die Meldebehörde bestimmte gesetzlich geregelte Unterrichtungspflichten hat, wenn sie Daten über die betroffene Person herausgibt. Im Sinn einer kurzen Faustformel gilt die Regel, dass diese Unterrichtungspflichten auch dann bestehen bleiben, wenn ein Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort erklärt worden ist.

8.2 Weitere Einzelheiten

Die Einzelregelungen, aus denen sich dies ergibt, sind durch zahlreiche Verweisungen geprägt. Ihre Erläuterung, die in den folgenden Absätzen erfolgt, erfordert deshalb längere Ausführungen. Für den Alltag in der Meldebehörde sind sie in der Regel ohne Bedeutung, weil gut gestaltete EDV-Programme von sich aus darauf hinweisen, wann eine Unterrichtung zu veranlassen ist. Eine Darstellung der Einzelregelungen, die für Spezialisten gedacht ist, können Sie hier in der Anlage gesondert lesen.

9. Was ist vom „Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort“ zu halten?

Die Regelung kann nur begrüßt werden. Sie ist geeignet, den Meldebehörden viel überflüssige Arbeit zu ersparen. Ob sie schon überall bekannt ist, darf allerdings bezweifelt werden. In geeigneten Fällen sollten Meldebehörden vor allem Antragsteller aus der Privatwirtschaft deshalb auf diese neue Möglichkeit hinweisen.

Um keine falschen Hoffnungen zu wecken, sollte dabei folgendes von vornherein klargestellt werden: Auch bei einem Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort fällt eine Auskunftsgebühr an, sofern das von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Gebührenrecht das nicht anders vorsieht. Der Antragsteller zahlt dann der Sache nach dafür, dass er eine neutrale Antwort erhalten hat. Umgekehrt kostet es ihn nichts extra, wenn er auf einer Weiterbearbeitung im manuellen Verfahren besteht.


Dr. Eugen Ehmann und Matthias Brunner


Anlage – Einzelheiten zu den Unterrichtungspflichten, die trotz Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort fortbestehen

(Ergänzung zu Ziffer 8 des Newsletters)

8.2.1 Pflicht zur Unterrichtung der betroffenen Person

  • Unterrichtung bei Anträgen auf Melderegisterauskünfte durch nicht-öffentliche Stellen

Zunächst geht es um die Unterrichtung der betroffenen Person selbst. Die Pflicht hierzu ergibt sich bei Anträgen auf Melderegisterauskünfte durch nicht-öffentliche Stellen aus § 51 Abs. 3 BMG. Der einschlägige Auszug aus dieser Vorschrift lautet: „Wurde eine Auskunftssperre eingetragen, … [ist) die betroffene Person … über jedes Ersuchen um eine Melderegisterauskunft unverzüglich zu unterrichten.“

Ein Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort ändert an dieser Pflicht nichts. Dies ergibt sich aus § 49 Abs. 7 Satz 2 BMG: „. Die Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung der betroffenen Person … nach § 51 Absatz 3 bleibt unberührt.“

  • Unterrichtung beim Abruf von Daten durch öffentliche Stellen

Bei Abrufen von Daten durch öffentliche Stellen ist im Normalfall keine Unterrichtung der betroffenen Person vorgesehen. § 51 Abs. 3 BMG ist ja nicht anwendbar, weil eine Datenübermittlung an eine öffentliche Stelle keine „Melderegisterauskunft“ darstellt und § 51 Abs. 3 BMG nur bei Melderegisterauskünften gilt.

Etwas anderes gilt, wenn die Unterrichtung einer „veranlassenden Stelle“ vorgeschrieben ist. In diesem Fall ist auch eine Unterrichtung der betroffenen Person erforderlich (siehe dazu nachfolgend 8.2.2).

8.2.2 Pflicht zur Unterrichtung der „veranlassenden Stelle“

Um zu erläutern, wann die Pflicht zur Unterrichtung einer „veranlassenden Stelle“ besteht, ist es notwendig, einige Hintergründe zu erklären.

Zur Eintragung einer Auskunftssperre wegen Gefährdung (§ 51 BMG) kann es auf drei Wegen kommen:

(1) Eintragung auf Antrag der betroffenen Person (angesprochen in § 51 Abs. 1 Satz 1 BMG)

(2) Eintragung von Amts wegen durch die Meldebehörde ohne Veranlassung von außen (angesprochen in § 51 Abs. 1 Satz 1 BMG)

(3) Eintragung von Amts wegen durch die Meldebehörde auf Veranlassung bestimmter Sicherheitsbehörden, nämlich der Sicherheitsbehörden, die in § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6 bis 9 und 11 BMG genannt sind (angesprochen in § 51 Abs. 3 BMG und in § 34 Abs. 5 Sätze 1 und 3 BMG).

Diese Einteilung greift der Datensatz für das Meldewesen (DSMeld) in seiner Anlage 1 auf. Sie enthält einer „Schlüsseltabelle“. Sie spricht die Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG an mehreren Stellen an:

  • Schlüssel 3 der Tabelle erfasst die „Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG auf Antrag des Betroffenen“. Dieser Fall meint zunächst die oben genannte Variante (1).

  • Bei der oben genannten Variante 2 handelt es sich ebenfalls um einen Fall von Schlüssel 3 der Tabelle. Im Wortlaut der Tabelle kommt dies leider nicht zum Ausdruck.

  • Schlüssel 11 der Tabelle erfasst die „Auskunftssperre nach § 51 Abs. 1 BMG auf Veranlassung einer Sicherheitsbehörde“. Dieser Fall meint die oben genannte Variante (3). Die Formulierung „auf Veranlassung einer Sicherheitsbehörde“ ist dabei ungenau. Es geht nur um Auskunftssperren auf Veranlassung der oben bei Variante (3) genannten Sicherheitsbehörden.

Die EDV-Programme der Meldebehörden bauen auf den genannten Schlüsseln auf. Sie unterscheiden zwischen „Sperren nach Schlüssel 3“ und „Sperren nach Schlüssel 11“. Nur bei „Sperren nach Schlüssel 11“ existiert eine „veranlassende Stelle“, die benachrichtigt werden kann (und dann auch muss).

In Bezug auf die „veranlassende Stelle“ bestehen folgende Unterrichtungspflichten:

  • Bei Anträgen auf Melderegisterauskünfte durch nicht-öffentliche Stellen ist die veranlassende Stelle zusätzlich zur betroffenen Person zu unterrichten. Dies ergibt sich aus § 51 Abs. 3 BMG. Er lautet: „Wurde eine Auskunftssperre eingetragen, sind die betroffene Person und, sofern die Eintragung auf Veranlassung einer in § 34 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6 bis 9 und 11 genannten Behörde von Amts wegen erfolgte, zusätzlich die veranlassende Stelle über jedes Ersuchen um eine Melderegisterauskunft unverzüglich zu unterrichten.“ [Fettdruck nicht im Original]

Bitte beachten: Dies betrifft nur die Fälle der Sperren gemäß Schlüssel 11. Bei Sperren gemäß Schlüssel 3 gibt es keine „veranlassende Stelle“.

  • Bei Abrufen von Meldedaten durch öffentliche Stellen ist in den Fällen der Sperren gemäß Schlüssel 11 ebenfalls eine Benachrichtigung der veranlassenden Stelle zusätzlich zur Benachrichtigung der betroffenen Person vorgesehen. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 5 Satz 1 BMG: „Wurde eine Auskunftssperre nach § 51 Absatz 1 auf Veranlassung einer in Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6 bis 9 und 11 genannten Behörde von Amts wegen eingetragen, sind die betroffene Person und die veranlassende Stelle über jedes Ersuchen um Übermittlung von Daten zur betroffenen Person unverzüglich zu unterrichten.“ [Fettdruck nicht im Original].

§ 34 Abs. 5 Satz 3 BMG sieht als Ausnahme hiervon für bestimmte Konstellationen (Abruf von Meldedaten durch die in § 34 Abs. 4 Satz 1 BMG genannten Sicherheitsbehörden) eine Unterrichtung lediglich der veranlassenden Stelle vor.

Die geschilderten Unterrichtungspflichten gegenüber der veranlassenden Stelle bleiben auch bei einem Verzicht auf die Weiterbearbeitung bei neutraler Antwort bestehen. Dies ergibt sich aus § 38 Abs. 5 Satz 2 BMG: „Die Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung der veranlassenden Stelle nach § 34 Absatz 5 Satz 1 und 3 bleibt unberührt.“

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