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Durch einen Pass oder einen Ausweis lässt sich die Identität einer Person amtlich nachweisen. Das gilt für alle Arten von Pässen (siehe dazu § 1 Abs. 2 Passgesetz – PassG) und alle Arten von Ausweisen (siehe dazu § 2 Abs. 1 Personalausweisgesetz – PAuswG). Der Nachweis der Identität erfolgt dabei durch eine Kombination mehrerer Faktoren:
Erster Faktor ist der Besitz des Originaldokuments (Pass oder Ausweis), das zahlreiche Sicherheitsmerkmale aufweist und von der Passbehörde/Ausweisbehörde ausgehändigt wurde.
Zweiter Faktor ist das biometrische Element „Foto des Inhabers“, das mit dem Originaldokument verbunden ist.
Dritter Faktor ist das biometrische Element „Unterschrift des Inhabers“. Es ist ebenfalls mit dem Originaldokument verbunden. Bei vorläufigen Dokumenten ebenso wie bei endgültigen Dokumenten sorgt die Passbehörde/Ausweisbehörde dafür, dass die vom Antragsteller geleistete Unterschrift zuverlässig auf dem Dokument angebracht wird. Das gilt unabhängig davon, ob der Antragsteller die Unterschrift auf einem Antragsformular aus Papier oder auf einem Tablet leistet.Bei der Unterschrift handelt es sich somit um ein wesentliches Element, das dem Nachweis der Identität des Dokumenteninhabers dient. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Unterschrift stets unter amtlicher Aufsicht bei persönlicher Anwesenheit des (zu diesem Zeitpunkt noch: künftigen) Dokumenteninhabers geleistet wird. Dies stellt zuverlässig sicher, dass sie vom Dokumenteninhaber stammt.
Zum Thema persönliche Beantragung finden Sie in den von uns betreuten Kommentaren jeweils ein Beispiel für die Beantragung eines Reisepasses und für die Beantragung eines Personalausweises:
Hinweis: Die oben genannten Verlinkungen sind nur im Rahmen eines vorhandenen Abonnements der elektronischen Fassung der Kommentare abrufbar. Die Fundstellen finden Sie aber natürlich auch im Loseblattwerk.
Kein Mensch käme auf die Idee, beim Foto des Inhabers eines Dokuments alle möglichen Gestaltungen und Bearbeitungen zuzulassen. Ganz im Gegenteil: Das wird durch ausgesprochen enge Vorgaben unterbunden (siehe § 5 Passverordnung – PassV – in Verbindung mit Anlage 8 zu dieser Verordnung sowie § 7 Personalausweisverordnung – PAuswV – in Verbindung mit Anhang 3 Abschnitt 2 zu dieser Verordnung).
In auffälligem Kontrast dazu stößt man immer wieder auf die Auffassung, bei der Ausgestaltung der Unterschrift könne oder müsse man sogar mehr oder weniger alles zulassen, was der Dokumenteninhaber wünscht. Dies ist mit der Funktion der Unterschrift als biometrischen Element zur Sicherstellung der Identität jedoch nicht zu vereinbaren. Nur die Einhaltung der einschlägigen Vorgaben stellt sicher, dass es sich bei einer Unterschrift um ein zuverlässiges biometrisches Merkmal handelt. Ansonsten stünde sie auf einer Stufe mit irgendeiner „Krakelei“ des Dokumenteninhabers.
Nichtzutreffend ist dabei die Meinung, solches Denken sei wieder einmal „typisch deutsch“ und Behörden anderer Länder sei völlig egal, wie eine Unterschrift aussehe. Schon während des erwähnten Webinars im Frühjahr, aber auch danach, wurden uns mehrere Fälle geschildert, in denen eine Einreise in andere Staaten wegen Zweifeln an der Gültigkeit der Unterschrift entweder endgültig oder jedenfalls zunächst verweigert wurde. Die derzeit angespannte internationale Sicherheitslage dürfte bewirken, dass inzwischen eher noch genauer hingesehen wird. Hierzu eine Teilnehmerin im Chat des Webinars am 24.3.2022: „Ich hatte selber Probleme bei der Einreise in die USA. Meine Unterschrift war im Pass nicht leserlich, deshalb wurde ich bei der Einreise zur Seite genommen und genauer geprüft.“
Die gesetzlichen Regelungen sehen lediglich vor, dass Pass und Ausweis eine Unterschrift des Inhabers enthalten müssen. Sie definieren den Begriff der Unterschrift aber nicht und machen auch keine Vorgaben dafür, wie eine Unterschrift im Detail auszusehen hat (siehe § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 PassG; § 5 Abs. 2 Nr. 6 PAuswG).
Für den Bereich des Passwesens enthält Nr. 6.2.1.2 Passverwaltungsvorschrift (PassVwV) eine ausführliche Darstellung dazu, wann eine ordnungsgemäße Unterschrift vorliegt und wann nicht. Diese Verwaltungsvorschrift müssen alle deutschen Passbehörden verbindlich beachten. Es handelt sich dabei um eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift gemäß Art. 84 Abs. 2 GG, die im ganzen Bundesgebiet einheitlich gilt.
Für Ausweise enthält die Personalausweisverwaltungsvorschrift (PAuswVwV) keine eigenständigen Regelungen für Unterschriften. Deshalb ist auch für die Unterschrift in Ausweisen auf Nummer 6.2.1.2 PassVwV zurückzugreifen. Das ergibt sich aus Absatz 3 des Vorspanns „Allgemeines“ zur PAuswVwV. Dort heißt es: „Soweit diese Verwaltungsvorschrift keine Regelung enthält, ist die … PassVwV … entsprechend anzuwenden, wenn deren Zweck auf das Ausweiswesen gleichermaßen zutrifft. …“. Da die Unterschrift in Pässen und Ausweisen dieselbe Funktion hat, steht einer Anwendung von Nr. 6.2.1.2 PassVwV im Ausweiswesen nichts entgegen.
Das Bundesmeldegesetz (BMG) und die Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVwV) enthalten übrigens keine eigenen Vorgaben dazu, wann eine rechtswirksame Unterschrift vorliegt. Auch das Melderecht sieht an einigen Stellen ausdrücklich eine Unterschrift vor (siehe etwa § 23 Abs. 1 Satz 1 BMG: Unterschrift bei der Anmeldung). Falls es zu Unklarheiten über die Gültigkeit einer solchen Unterschrift kommt, bieten die Vorgaben von Nr. 6.2.1.2 PassVwV eine gute Orientierung, obwohl die PassVwV hier formal nicht anwendbar ist.
4. Ist ein Rechtsstreit darüber möglich, ob eine wirksame Unterschrift vorliegt oder nicht?
Selbstverständlich ist dies möglich. Beim Begriff der Unterschrift handelt es sich um einen Rechtsbegriff. Wann eine Unterschrift vorliegt und wann nicht, war im Lauf der Jahrzehnte Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen. Sie befassten sich allerdings nur selten mit der Unterschrift in Pässen und Ausweisen. Meist war (und ist) Ausgangspunkt solcher Gerichtsentscheidungen die Frage, ob eine wirksame Unterschrift im Sinn von § 126 Abs. 1 BGB vorliegt oder nicht. § 126 Abs. 1 BGB lautet: „Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.“
Diese Rechtsprechung kann im Rahmen des Pass- und Ausweisrechts ergänzend herangezogen werden. Dies gilt schon für die grundlegende Unterscheidung zwischen einer eigenhändig geleisteten „Namensunterschrift“ und einem bloßen „Handzeichen“. Sie besagt im Klartext: Nicht alles, was irgendjemand eigenhändig schreibt, ist allein deshalb schon als Unterschrift anzusehen. Vielmehr kann es sich dabei auch um ein bloßes Handzeichen handeln, das rechtlich gesehen gerade nicht als Unterschrift gilt.
5.1 Person mit nur einem Vornamen
Der Vornamen kann vollständig entfallen. Die Unterschrift erfolgt dann nur mit dem Familiennamen nach den dafür geltenden Regeln. Beispiel: Hubert Müller unterschreibt lediglich mit „Müller“.
Zulässig ist eine Abkürzung des Vornamens durch Weglassung eines Teils der Buchstaben am Ende des Vornamens. Beispiel: „Anna“ wird abgekürzt als „A.“
Auch die Kürzung eines Vornamens ist zulässig. Nr. 6.2.1.2 PassVwV spricht das nicht ausdrücklich an, es ergibt sich jedoch aus Sinn und Zweck der Regelung. Beispiel: „Ingeborg“ wird abgekürzt als „Inge“. Ein Punkt nach „Inge“ ist in diesem Beispiel nicht nötig. Er würde zwar zusätzlich verdeutlichen, dass eine Kürzung vorgenommen wurde. Dies ist jedoch auch ohne Punkt bei einem Vergleich mit dem Vornamen, der im Ausweisdokument selbst ja eingetragen ist, leicht zu erkennen.
Nicht zulässig ist es jedoch, bei der Abkürzung eines Vornamens neue Buchstaben hinzuzufügen, die im vollständigen Vornamen nicht vorhanden sind. Beispiel: Der vollständige Vorname lautet „Gertrud“. „Gerti“ ist dann keine zulässige Abkürzung. Ebenso wäre es nicht zulässig, dass „Christine“ mit „Tine“ unterschreibt. Auch darf „Benjamin“ nicht mit „Benni“ unterschreiben. Ebenso unzulässig wäre es, wenn „Bernhard“ mit „Bernd“ unterschreibt. All diese Beispiele stammen übrigens von Teilnehmerinnen im Webinar vom 24.3.2022. An sie nochmals herzlichen Dank!
5.2 Person mit mehreren Vornamen
Die Vornamen können vollständig entfallen. Die Unterschrift erfolgt dann nur mit dem Familiennamen nach den dafür geltenden Regeln. Beispiel: „Eugen Vinzenz Ehmann“ unterschreibt lediglich mit „Ehmann“.
Beliebige einzelne Vornamen können weggelassen werden, während der oder die verbleibenden Vornamen Verwendung finden. Beispiele: „Eugen Vinzenz Ehmann“ unterschreibt entweder mit „Eugen Ehmann“, lässt also den zweiten Vornamen „Vinzenz“ weg oder er unterschreibt mit „Vinzenz Ehmann“, lässt also den ersten Vornamen „Eugen“ weg.
Bei drei und mehr Vornamen bietet das Weglassen einzelner oder mehrerer Vornamen erhebliche Variationsmöglichkeiten.
Alle oder einzelne Vornamen können abgekürzt werden. Beispiel: „Eugen Vinzenz Ehmann“ unterschreibt mit „E. Vinzenz Ehmann“ oder mit „Eugen V. Ehmann“ oder mit „E. V. Ehmann“.
Ein scheinbar cleverer Trick, sich einen gar nicht vorhandenen Adelstitel zuzulegen, besteht darin, einen mit einem „V“ beginnenden Vornamen klein als „v.“ abzukürzen. Das ist nicht zulässig. Beispiel: „Eugen Vinzenz Ehmann“ darf man nicht abkürzen als „Eugen v. Ehmann“ (Beispiel aus dem Webinar vom 24.03.2022).
6.1 Familiennamen aus einem Bestandteil (in der Regel ein Wort)
verwendet werden
verwendet werden.
Die Vorgabe, dass der Familienname nicht abgekürzt werden darf, ist im Wortlaut von Nr. 6.2.1.2 PassVwV nicht ausdrücklich enthalten. Die Regelung ist jedoch so auszulegen. Das Verwaltungsgericht Bremen (Beschluss vom 20.7.2021 – 4 V 1223/21) hatte dazu folgenden Fall zu entscheiden:
Der Kläger ist Doppelstaater. Er besitzt die deutsche und die bulgarische Staatsangehörigkeit. Im bulgarischen Ausweis hat er mit ausgeschriebenen Vornamen und ersten Buchstaben des Nachnamens mit. unterschrieben (also ausgehend vom Beispiel „Eugen Ehmann“ mit „Eugen E.“). Das ist nach bulgarischen Recht so erlaubt. Er möchte auch im deutschen Personalausweis in dieser Form unterschreiben.
Die zuständige Ausweisbehörde lehnt das ab. Das Gericht hat diese Entscheidung der Behörde bestätigt. Seine Kernargumente lauten:
Der Begriff der „Unterschrift“ in § 5 Abs. 2 Nr. 6 PAuswG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und auslegungsbedürftig.
Nr. 6.2.1.2 PassVwV sieht bei der Unterschrift nur eine Abkürzung (bzw. ein Wegfallen) der Vornamen vor.
Daraus folgt: Der Familienname darf nicht abgekürzt werden.
Diese Auslegung entspricht auch der Funktion der Unterschrift (= Mittel zur Feststellung der Identität).
Nicht ausdrücklich angesprochen ist in Nr. 6.2.1.2 PassVwV die Frage, ob eine Unterschrift lediglich mit (einem oder mehreren) Vornamen unter Weglassung des Familiennamens zulässig ist. Dies ist zu verneinen. Der Begriff der Unterschrift wird in unserer Gesellschaft allgemein so verstanden, dass der Familienname nicht fehlen darf. Dies gilt auch bei Kindern.
Ebenfalls nicht ausdrücklich dort angesprochen ist die etwa in Bayern teils übliche Umkehrung von Vorname und Familienname (Beispiel: „Hans Huber“ stellt sich vor als „Huber Hans“). Sie ist im Rahmen einer Unterschrift zulässig, weil die Feststellung der Identität dadurch nicht gefährdet wird. „Hans Huber“ könnte also unterschreiben als „Huber Hans“ oder auch mit Abkürzung des Vornamens als „Huber H.“ (zur Abkürzung des Vornamens siehe oben Punkt 5). Ob er sich damit einen Gefallen tut, wenn er ins Ausland reisen will, ist eine andere Frage. Er sollte dann die Sprache des Reiselandes so gut beherrschen, dass er im Zweifelsfall diese Besonderheit bei der Grenzkontrolle erklären kann.
Nicht zulässig wäre jedoch die in der mündlichen Sprache häufige Verwendung des Genitiv in diesem Zusammenhang (Beispiel: „Hans Huber“ unterschreibt als „Huber´s Hans“). Darin läge eine unzulässige Veränderung des Familiennamens, die so nicht beurkundet ist.
6.2 Familiennamen aus mehreren Bestandteilen
Typisches Beispiel für dieser Fallgruppe sind Doppelnamen (Beispiel: „Müller-Hengstenberg“). Es gibt jedoch auch Beispiele mit mehr als zwei Bestandteilen. Dabei kann es sich um Adelsnamen handeln (Beispiel: Kress zu Kressenstein“). Diese Erscheinung kommt jedoch auch bei bürgerlichen Namen vor (Beispiel: „Spiecker genannt Döhmann“. Weitere Beispiele für solche „Genanntnamen“, die besonders in Westfalen nicht ganz selten sind, siehe hier).
Bei Doppelnamen sind folgende Varianten in der Unterschrift zulässig:
Unterschrift mit allen Namensbestandteilen zugleich (Beispiel: „Müller-Hengstenberg“ unterschreibt mit „Müller-Hengstenberg“, beide Bestandteile dabei vollständig ausgeschrieben)
Bei anderen Familiennamen mit mehreren Bestandteilen sind folgende Varianten in der Unterschrift zulässig:
Unterschrift mit allen Namensbestandteilen zugleich (Beispiel: „Spiecker genannt Döhmann“, vollständig ausgeschrieben).
Unfug wäre dagegen, wenn „Spiecker genannt Döhmann“ lediglich mit „genannt“ unterschreiben würde. Das würde zwar dem Wortlaut von Nummer 6.2.1.2 PassVwV nicht widersprechen, wäre aber mit dem Zweck der Unterschrift (Feststellung der Identität!) nicht vereinbar.
Wichtiger Hinweis vorab: Dass die PassVwV bestimmte Zusätze erlaubt, führt ausdrücklich nicht dazu, dass diese Zusätze in Pass oder Ausweis auch im Feld für den Familiennamen einzutragen wären! Beispiel: Ob die Unterschrift einen Doktorgrad enthalten darf, richtet sich nach Nr. 6.2.1.2 PassVwV. Ob dieser Doktorgrad auch im Dokument eingetragen wird, folgt ganz anderen Regeln (siehe dazu für Doktorgrade Nr. 4.1.3 PassVwV). Das sind zwei völlig verschiedene Dinge, die nicht miteinander vermengt werden dürfen. Weiteres Beispiel: „Professor“ darf auf keinen Fall in ein Dokument eingetragen werden, weil es sich hierbei eben um keinen Doktorgrad handelt und nur Doktorgrade eingetragen werden dürfen.
Anders bei der Unterschrift - zulässig sind nach Nr. 6.2.1.2 PassVwV am Beginn der Unterschrift folgende Zusätze:
Ein Nachweis, dass diese Titel auch tatsächlich geführt werden dürfen, ist bei der Unterschrift nicht notwendig. Auch darin zeigt sich der Unterschied zwischen der Verwendung eines Titels lediglich in der Unterschrift und einer Eintragung eines Titels im Dokument durch die Behörde. Die Unterschrift liegt im Verantwortungsbereich des Dokumenteninhabers, die Eintragung im Dokument dagegen im Verantwortungsbereich der Behörde. Doch auch bei der Unterschrift mit anderen (zulässigen) Zusätzen sollte der Dokumenteninhaber überlegen, ob er sich damit einen Gefallen tut. Und auch in diesem Fall sollte er die Sprache des Reiselandes so gut beherrschen, dass er im Zweifelsfall bei der Grenzkontrolle erklären kann, weshalb er mit einem Zusatz unterschreibt, der sonst nicht im Dokument erscheint.
Ohne Wenn und Aber nicht zulässig sind dagegen:
Zusätze nach dem Namen (etwa „B.A.“ für „Bachelor of Arts“ oder „M.Sc.“ für „Master of Science“)
Zwar ist keine Leserlichkeit der Unterschrift erforderlich. Es muss jedoch ein individueller Schriftzug vorliegen, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt.
Unzulässig sind bloße Handzeichen. Praktisches Beispiel aus dem Webinar vom 24.3.2022: „Bertha Huber“ (Name erfunden) unterschreibt mit den Initialen „BH“, die sie künstlerisch etwas ausgestaltet.
Das Gericht hat dabei folgende Kernargument herangezogen:
Eine Unterschrift muss in einem Mindestmaß nachvollziehbar den Namen wiedergeben, wenn sie zur Identitätsfeststellung geeignet sein soll.
Deshalb setzt eine Unterschrift ein Gebilde voraus, dass aus Buchstaben besteht.
Hier liegt dagegen aus der Sicht eines unbefangenen Beobachters einer Abfolge von mathematischen Zeichen vor, die keinen erkennbaren Bezug zum Namen hat.
Bei der ausschließlichen Verwendung von Großbuchstaben, die nicht miteinander verbunden sind, liegt kein „Schriftzug“ vor und damit keine Unterschrift. Im Webinar vom 25.3.2022 wurde von einem Teilnehmer darauf hingewiesen, dass Reichsbürger teils eine solche Gestaltung versuchen.
Das erkennbare Ersetzen von „ß“ durch „ss“ in einer Unterschrift spricht Nr. 6.2.1.2 PassVwV nicht ausdrücklich an. „ß“ wurde inzwischen sogar als Großbuchstabe in den Datensatz für Pass und Personalausweis aufgenommen, weil sich Betroffene dagegen gewehrt hatten, dass stattdessen „SS“ geschrieben wird. Dann besteht im Gegenzug kein Grund mehr, das Ersetzen von „ß“ durch „ss“ in der Unterschrift zuzulassen.
Dieser Satz meint lediglich, dass die Unterschrift in einem Pass oder Ausweis nicht ohne Not von der Form der Unterschrift abweichen soll, die der Dokumenteninhaber sonst verwendet. Dies dient dazu, den Vergleich der Identität zu erleichtern (beispielsweise, wenn bei einem Vertragsabschluss, etwa bei einem Notar, der Personalausweis vorgelegt wird).
Der Satz meint dagegen nicht, dass der Dokumenteninhaber bei der Unterschrift tun und lassen kann was er will. Er meint ebenfalls nicht, dass die Behörde die einen Pass oder Ausweis ausstellt, jede Form der Unterschrift anerkennen müsste, die der Dokumenteninhaber irgendwo (beispielsweise auf einer EC-Karte) verwendet hat.
Wie das Verwaltungsgericht Bremen (Beschluss vom 20.7.2021 – 4 V 1223/21; siehe oben 6.1) zu Recht festgestellt hat, ist der Begriff der Unterschrift ein Rechtsbegriff. Die Behörde, die einen Pass oder Ausweis ausstellt, trägt deshalb die Verantwortung dafür, dass die rechtlichen Vorgaben für Unterschriften eingehalten werden. Tut sie dies nicht und es kommt deshalb zu einer Verweigerung der Einreise in einen anderen Staat, haftet sie für einen etwaigen Schaden, der daraus entsteht (Amtshaftung). Zum Thema „Amtshaftung“ oder „Haftungsfreistellungserklärungen“ finden Sie auch Beispiele in unseren
Kommentaren:
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(Sonnenuntergang über Gunzenhausen © Matthias Brunner)
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Dr. Eugen Vinzenz Ehmann und Matthias Brunner
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