Die vorläufige Auskunftssperre wegen Gefährdung

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Ausgabe Januar 2023

Im Gesetz wird sie nirgends ausdrücklich definiert. Dennoch gibt es die vorläufige, zeitlich eng begrenzte Auskunftssperre wegen Gefährdung. Sie wahrt die Interessen der betroffenen Person und erleichtert zugleich die Arbeit der Meldebehörden.

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Inhalt 

  1. Was ist mit einer „vorläufigen Auskunftssperre“ gemeint?
  2. Welche Funktion hat eine „vorläufige Auskunftssperre“?
  3. Wird die Eintragung einer vorläufigen Auskunftssperre von der Rechtsprechung akzeptiert?
  4. Was ist bei der Eintragung einer vorläufigen Auskunftssperre gegenüber der betroffenen Person zu beachten?
  5. Wie sind die praktischen Erfahrungen mit vorläufigen Auskunftssperren?

1. Was ist mit einer „vorläufigen Auskunftssperre“ gemeint?

Wenn eine Auskunftssperre wegen Gefährdung (Sperre gemäß § 51 Bundesmeldegesetz - BMG) in das Melderegister eingetragen wird, ist sie auf zwei Jahre zu befristen (§ 51 Abs. 4 Satz 2 BMG). Der Begriff „vorläufige Auskunftssperre“ bedeutet zunächst einmal, dass eine Sperre mit einer Befristung eingetragen wird, die kürzer ist, in der Regel sogar deutlich kürzer als die gesetzlich festgelegte Regelfrist von zwei Jahren.

Dies schöpft die Bedeutung des Begriffs allerdings nicht aus. „Vorläufig“ bedeutet vielmehr vor allem, dass eine Auskunftssperre wegen Gefährdung eingetragen wird, obwohl noch nicht sicher feststeht, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Auskunftssperre tatsächlich vorliegen.

Erst wenn dies der Fall ist, folgt die Eintragung einer „endgültigen Auskunftssperre“, also die Eintragung einer Auskunftssperre mit der gesetzlichen Regelfrist von zwei Jahren.

2. Welche Funktion hat eine „vorläufige Auskunftssperre“?

Eine Auskunftssperre wegen Gefährdung darf von den gesetzlichen Voraussetzungen her erst eingetragen werden, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass für die betroffene Person selbst oder für eine andere Person durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen entstehen kann (§ 51 Abs. 1 Satz 1 BMG). Um den Sachverhalt so genau klären zu können, ist oft eine gewisse Zeit erforderlich. Sie wird beispielsweise benötigt, um eine Stellungnahme der Polizei zum Vorliegen einer Gefährdung einholen zu können.

Daraus erwächst für die Meldebehörde ein Dilemma, das sich so beschreiben lässt:

  • Möglicherweise ergibt die Ermittlung des zunächst noch unklaren Sachverhalts, dass die Voraussetzungen für eine Auskunftssperre wegen Gefährdung tatsächlich vorliegen. Dann könnte die Eintragung der Auskunftssperre zu spät kommen, wenn sie erst nach vollständiger Klärung des Sachverhalts erfolgt. Denn möglicherweise hat sich die Gefahr, um die es geht, dann bereits verwirklicht. Dies wäre etwa der Fall, wenn sich der gewalttätige frühere Partner einer Frau mittels einer Melderegisterauskunft ihre neue Anschrift besorgt, sie dann aufsucht und misshandelt.

  • Umgekehrt kann die Ermittlung des Sachverhalts auch ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Auskunftssperre gerade nicht vorliegen. Hätte die Meldebehörde dann gleichwohl schon von Anfang an eine Auskunftssperre für volle zwei Jahre eingetragen, müsste sie diese unberechtigte Sperre erst wieder aus der Welt schaffen. Eine solche Aufhebung der Sperre ist rechtlich aufwendig, siehe dazu die geradezu abschreckende, aber zutreffende Beschreibung der Aufhebung einer Auskunftssperre vor Fristablauf in Nr. 51.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesmeldegesetz (BMGVwV) in der Neufassung vom 27. 9.2022. Bis nach Wochen oder gar Monaten eine Aufhebung erfolgt ist, stapelt sich oft schon eine größere Anzahl von Anträgen auf Melderegisterauskunft. Ihre Erledigung ist wegen der Auskunftssperre jedenfalls zunächst einmal blockiert. Denn bei jeder Anfrage löst die Auskunftssperre zunächst das in Nr. 51.2 BMGVwV beschriebene Anhörungsverfahren aus. Dies kann beispielsweise Gläubiger sehr benachteiligen, wenn sie deshalb eine womöglich dringend benötigte Auskunft erst nach vielen Wochen erhalten.

Die vorläufige Auskunftssperre soll und kann dieses Dilemma auflösen. Sie schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Eintragung einer zunächst sehr kurzen Sperre von beispielsweise vier oder acht Wochen stellt sicher, dass der betroffenen Person zunächst einmal „nichts passieren“ kann. Zugleich verschafft sie der Meldebehörde die Zeit, die für eine sorgfältige Ermittlung des Sachverhalts notwendig ist.

3. Wird die Eintragung einer vorläufigen Auskunftssperre von der Rechtsprechung akzeptiert?

Ja, dies ist der Fall. Die Zahl einschlägiger Gerichtsentscheidungen ist zwar nicht sehr groß. Ihr Inhalt deckt sich jedoch in bemerkenswerter Weise. Dies belegen drei Fälle, wobei zu einem Fall sogar zwei Gerichtsentscheidungen ergangen sind:

  • Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig erwähnt eine vorläufige Sperre vom 3. Mai bis 29. Mai eines Jahres, die Zeit für die notwendige Klärung des Sachverhalts geben sollte, ohne dieses Vorgehen in irgendeiner Weise zu problematisieren (OVG Schleswig, Urteil vom 28.4.2016 - 4 LB 8/15, Rn. 65).

  • Das Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg erwähnt eine Sperre von vier Wochen „für die Dauer der Prüfung“ des Antrags auf Auskunftssperre des Sachverhalts durch die Meldebehörde und geht darauf ebenfalls nicht weiter ein (VG Oldenburg, Urteil vom 30.6.2017-12 B2768/17; diese Entscheidung ist leider nicht im Internet verfügbar).

  • Das Verwaltungsgericht (VG) Bayreuth hatte an zwei vorläufigen Auskunftssperren nichts zu beanstanden, und zwar weder im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (VG Bayreuth, Beschluss vom 15.1.2020-B 9 E 19.1262, siehe besonders Rn. 6 und 9), wo es um eine erste vorläufige Auskunftssperre vom 5.12.2017 bis 31.1.2018 ging, noch im Hauptsacheverfahren (VG Bayreuth, Urteil vom 8.9.2020-B 9 K 19.1260, siehe besonders Rn. 2 und 6), wo nach einer Verlegung des Hauptwohnsitzes die „neue“ Wohngemeinde am 14.11.2019 eine vorläufige Auskunftssperre längstens bis zum 31.12.2019 eingetragen hatte.

Keine der Gerichtsentscheidungen sah irgendein Problem darin, von der gesetzlichen Regelfrist von zwei Jahren nach unten abzuweichen. Allen Gerichtsentscheidungen ist gemeinsam, dass sie einen Zeitraum von etwa vier Wochen für die Klärung des Sachverhalts erkennbar als angemessen ansehen. Die Praxis geht je nach Lage des Falles zum Teil etwas über diesen Zeitraum hinaus. So ist in manchen Meldebehörden die Eintragung einer vorläufigen Auskunftssperre von sechs Wochen oder auch acht Wochen üblich. Das geht im Allgemeinen auf Erfahrungen dazu zurück, wie lange es nach den örtlichen Verhältnissen dauert, bis vor allem die Polizei eine Anfrage bearbeitet hat.

4. Was ist bei der Eintragung einer vorläufigen Auskunftssperre gegenüber der betroffenen Person zu beachten?

Die betroffene Person ist in schriftlicher Form klar darauf hinzuweisen, dass

  • in ihrem konkreten Fall die Auskunftssperre in Abweichung von der gesetzlichen Regelfrist lediglich für einen begrenzten Zeitraum eingetragen wird, den ihr die Meldebehörde klar benennt,

  • die Auskunftssperre nach Ablauf dieses Zeitraums automatisch ausläuft, sofern bis dahin die Voraussetzungen für die endgültige Eintragung einer Auskunftssperre nicht nachgewiesen sind,

  • eine Verlängerung der vorläufigen Auskunftssperre im Regelfall nicht in Betracht kommt, es sei denn, dass sich die Klärung des Sachverhalts durch Umstände verzögert, die nicht der betroffenen Person anzulasten sind und dass

  • es deshalb im Interesse der betroffenen Person selbst liegt, dass sie an der Klärung des Sachverhalts umfassend kooperativ mitwirkt.

5. Wie sind die praktischen Erfahrungen mit vorläufigen Auskunftssperren?

Aus langjähriger Praxis lässt sich kurz und knapp sagen: sehr gut! Das gilt sowohl aus der Sicht der betroffenen Personen wie auch aus der Sicht der Meldebehörden.

Gerade bei betroffenen Personen, die wirklich gefährdet sind, ist das Verständnis für eine solche Vorgehensweise groß. Sie fühlen sich ernst genommen, weil sie sofort Schutz erhalten. Zugleich ist ihnen bewusst, dass ohne ihre Mitwirkung der Nachweis einer Gefährdung oft nicht möglich ist.

Den Meldebehörden nimmt diese Vorgehensweise die Sorge, eine wirklich gefährdete Person nicht hinreichend zu schützen. Gleichzeitig befreit sie sie aber auch von der Sorge, dass lediglich vorgeschobene Gefährdungsgründe Melderegisterauskünfte blockieren, die eigentlich umgehend erteilt werden müssten und auch könnten.


Dr. Eugen Ehmann und Matthias Brunner

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