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Pässe und Ausweise sind Eigentum der Bundesrepublik Deutschland - diese Festlegung treffen § 1 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz des Passgesetzes (PassG) und § 4 Abs. 2 des Personalausweisgesetzes (PAuswG). Inhaber des jeweiligen Dokuments werden also nicht dessen Eigentümer. Denn die Gebühren, die sie zu zahlen haben, sind kein „Kaufpreis“ sondern die Gebühr für die Ausstellung des jeweiligen Dokuments, vgl. hierzu § 1 Abs. 1 der Personalausweis- und eID-Karten-Gebührenverordnung (PAuswGebV) sowie § 15 Abs. 1 Passverordnung (PassV) bzw. Randnummer 15 zu § 4 PAuswG in den Kommentaren „Böttcher/Ehmann – Pass-, Ausweis- und Melderecht in Bayern“ sowie „Ehmann/ Brunner – Pass-, Ausweis- und Melderecht“.
Auf den ersten Blick erwecken zwar sowohl § 15 Nr. 2 PassG als auch § 27 Abs. 1 Nr. 2 PAuswG den Eindruck, als bestehe keine generelle Rückgabepflicht für abgelaufene Dokumente. Denn beide Regelungen sprechen davon, dass der Inhaber das „alte“ Dokument beim Empfang des „neuen“ Dokuments nur „auf Verlangen“ zurückgeben müsse. Aufgrund der Tatsache, dass die Ausweisdokumente Eigentum der Bundesrepublik Deutschland sind (und bleiben), ist jedoch die Abgabe der alten Dokumente beim Empfang der neuen Dokumente der Regelfall. Sowohl Nummer 6.3.3.3 Satz 1 der Passverwaltungsvorschrift (PassVwV) als auch Nummer G.4.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Personalausweisgesetzes und der Personalausweisverordnung (PAuswVwV) ordnen deshalb an, dass spätestens bei der Aushändigung des neuen Passes bzw. des Personalausweises der alte Pass bzw. Personalausweis einzuziehen ist, siehe auch Randnummer 9 zu § 15 PassG im Kommentar Böttcher/Ehmann sowie im Kommentar Ehmann/Brunner.
Pass- und Ausweisbehörden nehmen somit bei der Einziehung des entsprechenden Ausweisdokuments das Eigentumsrecht der Bundesrepublik Deutschland wahr (vgl. Kommentar Böttcher/Ehmann sowie Kommentar Ehmann/ Brunner, jeweils Randnummer 53 zu § 1 PassG).
Im Pass (hierunter zählen neben dem „normalen“ Reisepass vor allem auch der Kinderreisepass und der vorläufige Reisepass, siehe § 1 Abs. 2 PassG) angebrachte Sichtvermerke, die Passinhaber sich als Andenken an ihre Reisen behalten wollen, sind noch immer der häufigste Grund, weshalb Passinhaber ihren alten Pass behalten wollen. Diesem Wunsch trägt Nummer 15.0.1 PassVwV Rechnung: „Von einer Einziehung kann abgesehen werden, wenn ein berechtigtes Interesse an seinem weiteren Besitz (z. B. als Andenken oder wenn der Pass gültige Sichtvermerke enthält) glaubhaft gemacht wird. Ein solcher Pass ist sichtbar zu entwerten…“. Diese Regelung ist zwar eigentlich auf den Fall zugeschnitten, dass ein Pass unzutreffende Eintragungen enthält. Das hindert aber nicht daran, den Gedanken, der ihr zugrunde liegt, auch hier anzuwenden.
Zu den Begriffen kurz folgender Hinweis: „Sichtvermerk“ (Mehrzahl: „Sichtvermerke“) und „Visum“ (Mehrzahl: „Visa“) bedeuten dasselbe. Verwaltungsvorschriften verwenden eher den Begriff „Sichtvermerk“ Gesetze eher den Begriff „Visum“. Bilder mit Beispielen von Visa aus verschiedenen Ländern siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Visum.
Bei Personalausweisen kann der Wunsch nach einem Visum als Andenken kein berechtigtes Interesse darstellen, da diese bekanntermaßen keine Sichtvermerke enthalten. Dennoch gibt es andere, durchaus nachvollziehbare Gründe, weshalb Ausweisinhaber auch einen alten Personalausweis behalten wollen. So wird man die Erinnerung an ein „jugendlicheres Aussehen“ oder auch an eine alte Generation von Ausweisen, die es so künftig nicht mehr geben wird und in einigen Jahren vielleicht sogar die Erinnerung an eine „Corona-Frisur“ als berechtigtes Interesse anerkennen können.
Daher bietet Nummer G.4.1, Abs. 2 Satz 1 der PAuswVwV auch den Personalausweisbehörden die Möglichkeit einer Ausnahme: „Auf Wunsch der antragstellenden Person kann der entwertete alte Personalausweis wieder ausgehändigt werden…“.
Neben der Ausnahme, dass Ausweisdokumente (Pässe und Personalausweise) auf Wunsch (z.B. als Erinnerung) dem Dokumenteninhaber entwertet wieder ausgehändigt werden können, gibt es noch eine weitere – in der Praxis allerdings eher seltene – Ausnahme. Sie betrifft die Fälle, in denen der (abgelaufene) Pass noch gültige Sichtvermerke enthält.
Die Entwertung des abgelaufenen Passes hat im Regelfall keine Auswirkung auf die Gültigkeit der Sichtvermerke vieler Länder (siehe hierzu beispielsweise eine Information der deutschen Vertretungen in den USA zur Frage „Mein bisheriger Reisepass wird in wenigen Monaten ungültig. Was mache ich, wenn ich einen neuen Reisepass beantragen will, aber meinen bisherigen Pass noch benötige (z.B. weil dieser mein gültiges US-Visum enthält oder als Souvenir behalten möchte)?“ Auszug aus der Antwort: „Falls sich im entwerteten Reisepass noch ein gültiges Visum befindet, ist dieses trotz der Entwertung des Passes weiterhin gültig.“).
Trotz dieser Feststellung legt Nummer 6.3.3.3 Absatz der PassVwV in Absatz 3 fest: „Bereits abgelaufene Pässe, die noch einen gültigen Sichtvermerk enthalten, dürfen nicht entwertet werden.“
In derartigen Fällen darf der abgelaufene Pass also ausdrücklich nicht entwertet werden. Die abgelaufenen Pässe sind den Inhabern in diesen Fällen ohne Entwertung zurückzugeben.
Die Passbehörde hat allerdings „darauf hinzuweisen, dass der Pass nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Sichtvermerks oder nach seiner Übertragung in den neuen Pass zwecks Einziehung oder Entwertung vorzulegen ist.“ – so Satz 2 der oben genannten Regelung.
Auch weiterhin empfehlen wir daher, dass diese Belehrung sinnvollerweise im Rahmen einer formlosen Erklärung oder eines Aktenvermerks dokumentiert werden sollte. Darüber hinaus sollte die Vorlage zur Entwertung durch eine geeignete Wiedervorlage überwacht werden.
Keine Ausnahme vom Grundsatz der Einziehung gibt es mittlerweile für vorläufige Personalausweise oder Ersatzpersonalausweise. Dies regelt ein kleiner Satz, den möglicherweise einige Kolleginnen und Kollegen noch gar nicht bemerkt haben. Denn die PAuswVwV vom 16.12.2019 ordnet nun in Nummer G.4.1, Abs. 2 Satz 2 unmissverständlich und eindeutig an: „Der vorläufige Personalausweis oder der Ersatzpersonalausweis dürfen auch entwertet nicht wieder ausgehändigt werden.“.
Im Fall dieser Dokumente wiegt das (Sicherheits-)Interesse der Bundesrepublik Deutschland höher als individuelle Wünsche der Dokumenteninhaber. Eine Aushändigung von vorläufigen Personalausweisen oder Ersatzpersonalausweisen nach Entwertung ist daher nicht (mehr) zulässig!
Im Falle der Entwertung ist der alte Pass „insbesondere die Datenseite – sichtbar zu entwerten.“, so Nummer 6.3.3.3 Abs. 1 Satz 1 PassVwV.
Wie diese Entwertung zu erfolgen hat, regeln die weiteren Sätze nach wie vor sehr detailliert. Allerdings ist manches im Vergleich zur alten PassVwV vom 17.12.2009 wieder um eine Nuance anders. Weiterhin lautet der Grundsatz in Nummer 6.3.3.3 Abs. 1 Satz 2 PassVwV:
„Die Entwertung erfolgt grundsätzlich durch das vollständige Abschneiden des die maschinenlesbare Zone enthaltenden Teils der Passkarte des Passes.“
Neu ist jedoch, dass es als ausreichend betrachtet wird, wenn mindestens „der linke Teil der maschinenlesbaren Zone abgeschnitten wird und damit die Dokumentenkennung (P<D<<) sowie ein Teil des Familiennamens (erste maschinenlesbare Zeile), die Seriennummer und ein Teil des Geburtsdatums (zweite maschinenlesbare Zeile) abgetrennt werden.“
Der abgeschnittene Teil (sowohl der vollständig abgetrennte Teil als auch die „Bastelvariante“) ist durch einen in Nummer 6.3.4 PassVwV näher beschriebenen Schredder zu zerstören. Alternativ „können entwertete Pässe auch in einem besonders gesicherten Verfahren an den Passhersteller oder einen geeigneten Dienstleister übersendet werden.“, so Nummer 6.3.3.3 Abs. 1 letzter Satz i.V.m. Nummer 6.3.4 Absätze 1 und 2 PassVwV.
Ob bzw. wie neben dem Abschneiden (eines Teils) der maschinenlesbaren Zeile eine weitere „sichtbare Entwertung des Passes“ erfolgen soll, wird nicht näher geregelt. In der Praxis hat sich daher durchgesetzt und bewährt, dass z.B. der Einband und weitere Seiten „ungültig“ gestempelt werden oder der ganze Pass gelocht wird (vgl. hierzu auch „Kommentar „Böttcher/Ehmann – Pass-, Ausweis- und Melderecht in Bayern“ sowie Kommentar „Ehmann/ Brunner – Pass-, Ausweis- und Melderecht“, jeweils Randnummer 4 zu § 12 PassG).
5.2 Personalausweise
Die Entwertung des Personalausweises regelt mittlerweile die PAuswVwV. Dort lautet der Grundsatz unter Nummer G.4.1 PAuswVwV: „Die Entwertung erfolgt grundsätzlich durch das vollständige Abschneiden des die maschinenlesbare Zone enthaltenden Teils des Personalausweises.“
Wie bereits bei den Pässen wird auch hier den Personalausweisbehörden als Alternative eröffnet: „Mindestens ist jedoch erforderlich, dass der linke Teil der maschinenlesbaren Zone abgeschnitten wird und damit die Dokumentenkennung (IDD<<) sowie ein Teil der Seriennummer (erste maschinenlesbare Zeile), ein Teil des Geburtsdatums (zweite maschinenlesbare Zeile) und ein Teil des Familiennamens (dritte maschinenlesbare Zeile) abgetrennt werden.“
Hinsichtlich der Vernichtung der abgeschnittenen Teile verweist die PAuswVwV auf die bereits unter Punkt 5.1. ausgeführten Regelungen der PassVwV.
Während im „Handbuch für Personalausweisbehörden“ (Stand Mai 2019) unter „4.2.8 Entwertung oder Vernichtung des alten Personalausweises“ noch vorgegeben wird, dass eine eingeschaltete Online-Ausweisfunktion in jedem Fall abgeschaltet werden muss, wird in der PAuswVwV vom 16.12.2019 die Ausschaltung der Online-Ausweisfunktion nur noch bei der Entwertung von Personalausweisen erwähnt, deren Gültigkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist. Ein explizites Ausschalten der Online-Ausweisfunktion vor der Entwertung ist somit nur noch dann erforderlich, wenn der Personalausweis noch gültig sein sollte (so auch das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration in einer Mail an die bayerischen Pass-, Ausweis- und Meldebehörden vom 12.3.2021, Az. C2-2023-3-19 unter Nummer 3).
Darüber hinaus wird sowohl im Handbuch für Personalausweisbehörden als auch in der PAuswVwV – anders als zuletzt in den Regelungen der „Vorläufigen Hinweise zur Durchführung des Personalausweis- und Passgesetzes“ – eine Lochung des Personalausweises mit den dafür vorgesehenen Schablonen und/oder Stanzgeräten nicht mehr erwähnt. Nummer 6.3.4 PassVwV regelt für Pässe: „ist ein späterer Zugriff auf die Daten im Speichermedium durch weitestgehende Zerstörung des Passes…zu verhindern“. Nachdem die Regelungen der PassVwV entsprechend dem Abschnitt „Allgemeines“, Abs. 3 PAuswVwV entsprechend anzuwenden sind, wenn deren Zweck auf das Ausweiswesen gleichermaßen zutrifft, sollten daher – auch ohne ausdrückliche Erwähnung – Personalausweise auch weiterhin mittels der Schablonen und/oder Stanzgeräte gelocht werden.
Abschließend verweisen wir vorsorglich noch einmal auf Punkt 4 dieses Newsletters, wonach vorläufige Personalausweise oder Ersatzpersonalausweise immer einzuziehen sind und nicht wieder ausgehändigt werden dürfen.
Dr. Eugen Ehmann und Matthias Brunner
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