Appell an die Bundesregierung: Deutsches Veto gegen europaweiten Diskriminierungsschutz aufgeben
„Es ist völlig unverständlich, dass Deutschland als einziges Land einen besseren Schutz vor Diskriminierungen für ganz Europa blockiert“, sagte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, am Donnerstag in Berlin. „Die Bundesregierung nimmt es hin, dass Menschen mit Behinderungen in vielen Ländern Europas der Zugang zu Geschäftsräumen verwehrt werden kann - oder Hoteliers Schwulen oder Lesben Zimmer verweigern dürfen“, sagte Lüders. Auch für Vermieter, die sich weigerten, Wohnungen an Menschen jüdischen oder muslimischen Glaubens zu vergeben, bliebe ihr Verhalten damit auch in Zukunft ohne Konsequenzen. Dies gelte ebenso etwa für Autovermieter, die Menschen wegen ihres Alters nicht als Kunden akzeptieren wollten.
Die Richtlinie wird von der Bundesregierung grundsätzlich abgelehnt, obwohl der Umsetzungsbedarf in Deutschland aufgrund des bereits seit 2006 bestehenden Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vergleichsweise gering wäre. Alle anderen 27 EU-Mitgliedsstaaten – darunter einige, für deren Bürgerinnen und Bürger die Richtlinie zu deutlichen rechtlichen Verbesserungen führen würde – wären zu inhaltlichen Verhandlungen bereit. Da für den Beschluss der Richtlinie Einstimmigkeit nötig ist, verhindert die deutsche Verweigerungshaltung de facto einen europaweit gleich starken Diskriminierungsschutz. „Viele von Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen betroffene Gruppen bleiben dadurch schutzlos“, sagte Lüders.
Die Erstunterzeichnenden der gemeinsamen Erklärung fordern die Bundesregierung dazu auf, ihre Haltung zur neuen Gleichbehandlungsrichtlinie zu ändern und den Weg für inhaltliche Verhandlungen freizumachen. Sie bitten die Bundesregierung zugleich darum, mit ihnen in einen Dialog zur Bedeutung der Richtlinie einzutreten.
Zu den Erstunterzeichnenden des Appells gehören große Wohlfahrtsverbände, Menschenrechtsgruppen, deutsche Nichtregierungsorganisationen aus allen vom AGG geschützten Bereichen, sowie europäische Dachverbände, die insgesamt mehrere tausend Einzelorganisationen aus dem ganzen Kontinent vertreten. Die gemeinsame Erklärung steht auch für weitere Organisationen, die sich ihr anschließen wollen, offen.
Der Text der gemeinsamen Erklärung im Wortlaut: http://gleiches-recht-jetzt.de
Quelle: Pressemitteilung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vom 23.7.2015

