Beamte mit Glatze: Beihilfe zahlt Perücke
Die Entscheidungen der Sozialgerichte haben häufig Auswirkungen auf das Beamtenrecht. Speziell bei der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen1 und der Beihilfefähigkeit von Leistungen ergeben sich immer wieder Parallelen, wie sich das etwa in den Fällen:
gezeigt hat. Auch das vorliegende Urteil des BSG vom 22.4.2015 (Az.: B 3 KR 3/14 R)2 zum Ersatz einer Perücke bei einer vorhandenen Glatze kann als Vorlage für die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen im Beamtenrecht aus Fürsorgegründen herangezogen werden.
Gleich vorweg: Nicht jeder haarlose Beamte erhält Beihilfe für eine gewünschte Perücke. Das Gericht hat hierzu entschieden: Grundsätzlich können Männer nur in bestimmten Fällen eine Perücke von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Allerdings muss dann eine Krankheit vorliegen und der unbehaarte Kopf muss zusätzlich eine entstellende Wirkung haben. Das sei in der Regel aber allenfalls bei Jugendlichen und jungen Männern der Fall.
Der Kläger argumentierte in dem hier vorliegenden Fall, der Haarverlust verursache bei ihm einen hohen psychischen Leidensdruck. Weil zudem Frauen in gleicher Lage von der gesetzlichen Krankenkasse ohne Weiteres mit Perücken ausgestattet würden, fühle er sich schon wegen seines Geschlechts benachteiligt.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen: Eine Glatze werde bei Männern und nicht bei Frauen in den Augen der Öffentlichkeit akzeptiert, lautete die Argumentation – zu Recht, wie das BSG nun bestätigte. Eine Haarlosigkeit habe bei Männern grundsätzlich noch keine entstellende Wirkung. Dass der Betroffene das anders empfinde, sei nicht maßgeblich.
Eine "normale Glatze“, wie sie bei vielen älteren Männern möglich ist, reicht also für eine Erstattung durch die Beihilfe nicht. Gerade weil bei Männern dieses Phänomen öfters auftritt als bei Frauen, ist eine männliche Glatze auch eher hinzunehmen. Bei Frauen komme dagegen eine Kahlheit aus biologischen Gründen äußerst selten vor und wirke auch nur bei ihnen entstellend. Für sie könne die unfreiwillige Haarlosigkeit ein "ernsthaftes Außenseiterproblem" sein und eine Perücke rechtfertigen, so das Gericht.
Das Bundessozialgericht führt hierzu aus:
„Der alleinige Verlust des Kopfhaares bei einem Mann ist jedoch nicht als Krankheit zu werten, weil er weder die Körperfunktionen beeinträchtigt noch entstellend wirkt. Die überwiegende Zahl der Männer verliert im Laufe des Lebens ganz oder teilweise ihr Kopfhaar. Dadurch erregen Männer aber weder besondere Aufmerksamkeit im Sinne von Angestarrt-Werden noch werden sie stigmatisiert. Demgegenüber tritt bei Frauen aus biologischen Gründen in der Regel im Laufe des Lebens kein entsprechender Haarverlust ein. Eine Frau ohne Kopfhaar fällt daher besonders auf und zieht die Blicke anderer auf sich. Dieser bei Frauen von der Norm deutlich abweichende Zustand ist wenn er entstellend wirkt krankheitswertig, sodass die Versorgung mit einer Perücke bei Frauen Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung sein kann.“
Eine Ungleichbehandlung zwischen Jungen und Alten oder zwischen Männern und Frauen liegt nach Auffassung des Gerichts nicht vor.
1 Im konkreten Fall die AOK Rheinland-Pfalz.
2 http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&nr=13817
3 http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&nr=13817

