Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat eine „Checkliste für eine geschlechtergerechte Sozialstaatsreform“ veröffentlicht und an die von Bundesministerin Bärbel Bas eingesetzte Kommission zur Sozialstaatsreform übermittelt. Die Checkliste zeigt: Eine Vereinfachung und Modernisierung des Sozialsystems kann nicht nur mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit schaffen, sondern muss auch konsequent die Gleichstellung der Geschlechter berücksichtigen.
„Der Sozialstaat und die Gleichberechtigung gehören zusammen – und deshalb muss eine Reform die ökonomische Eigenständigkeit von Frauen stärken“, so die Präsidentin des djb, Prof. Dr. Susanne Baer. Der djb zeigt auf, dass das aktuelle Sozialsystem vielfach alte Rollenbilder zementiert, etwa im Recht der Bedarfsgemeinschaft, durch steuerrechtliche Fehlanreize wie das Ehegattensplitting oder durch Minijobs ohne ausreichende Absicherung. Zudem erschweren komplizierte Verfahren, fehlende Beratungsangebote und nicht aufeinander abgestimmte Leistungen insbesondere Alleinerziehenden – und damit ganz überwiegend Frauen – den Zugang zu existenzsichernden Leistungen. Auch Sorgearbeit wird immer noch überwiegend von Frauen übernommen und dem Sozialrecht fehlen konsequente Anreize für die partnerschaftliche Aufteilung.
Mit der Checkliste fordert der djb konkrete Verbesserungen, um der derzeitigen ökonomischen Benachteiligung von Frauen entgegenzuwirken. Dazu gehören die eigenständige Leistungsansprüche statt faktischer Abhängigkeit, die gerechte Anerkennung von Sorgearbeit, die Dynamisierung und faire Ausgestaltung des Elterngeldes und die Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro. Zudem muss das Steuerrecht auf gleichstellungsfeindliche Regelungen überprüft werden. Schließlich zielt der djb auf einen wirksamen Diskriminierungsschutz im Sozialrecht und die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebenslagen von Frauen ab, also auch von migrantischen und anderen besonders Betroffenen. „Die Sozialstaatskommission hat die Chance, mit ihren Empfehlungen Strukturen zu verändern, die Frauen seit Jahrzehnten benachteiligen“, erklärt Prof. Dr. Susanne Dern, Vorsitzende der djb-Kommission Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich.
Quelle: Pressemitteilung des djb vom 17.9.2025
Der Deutsche Frauenrat begrüßt grundsätzlich das Ziel der Kommission, Empfehlungen für eine Modernisierung und Entbürokratisierung des Sozialstaats unter Wahrung des sozialen Schutzniveaus zu entwickeln. Eine solche Reform kann aus Sicht des DF aber nur dann wirksam sein, wenn sie gleichstellungsorientiert ausgerichtet ist und die Lebensrealitäten von Frauen in ihrer Vielfalt konsequent berücksichtigt. Um die ökonomische Eigenständigkeit von Frauen zu stärken und ihre Erwerbspotentiale zu nutzen, muss die Bundesregierung zügig widerspruchsfreie Rahmenbedingungen für eine geschlechtergerechte Vereinbarkeit schaffen, u.a. mit einer partnerschaftlichen Weiterentwicklung des steuerfinanzierten Elterngelds.
Zugleich muss eine Sozialstaatsreform den Zugang zu sozialen Leistungen vereinfachen, diese besser verzahnen und geschlechtergerecht ausgestalten. Ziel ist ein inklusiver und armutsfester Sozialstaat, der dem erhöhten Armutsrisiko von Frauen entgegenwirkt und soziale Ungleichheiten abbaut. Denn derzeit verfehlen bestehende Familien- und Sozialleistungen ihre Schutzwirkung: Alleinerziehende Frauen sowie ältere Frauen sind überproportional armutsgefährdet.
Quelle: Stellungnahme des DF vom 12.9.2025

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