GEW zum Gesetzentwurf über Zeitverträge in der Wissenschaft
Ministerin Wanka hatte am 7.Juli unerwartet einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes veröffentlicht. Mit dessen Vorlage, nur fünf Tage nach dem sich die Regierungskoalitionen auf ein gemeinsames Eckpunktepapier verständigt hatten, habe die Ministerin nicht nur die Oppositionsfraktionen, sondern auch den Koalitionspartner SPD erstaunt, hieß es.
„In weiten Teilen folgt der Gesetzentwurf den Eckpunkten der Koalitionsfraktionen. Er weist damit in die richtige Richtung. In vielen Punkten bleibt die Novelle allerdings vage und lässt zu viele Schlupflöcher offen, das Befristungsunwesen in der Wissenschaft fortzusetzen“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller in Frankfurt a.M.
„Beispiel Mindestlaufzeiten: Der Gesetzentwurf greift den von der GEW vorgeschlagenen Ansatz auf, dass sich die Laufzeiten der Zeitverträge am Zweck der Befristung orientieren sollen. Diese ist jedoch als bloße Soll-Vorschrift formuliert und sieht keine feste Untergrenze vor. Es ist daher zu befürchten, dass weiterhin viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Kurzeitverträgen abgespeist werden“, sagte Keller. In ihrem eigenen Gesetzentwurf, den die GEW im Januar präsentierte, hatte die Gewerkschaft eine Untergrenze von drei Jahren für Arbeitsverträge mit Doktorandinnen und Doktoranden vorgesehen.
Richtig sei der Ansatz, bisher sachgrundlos befristete Arbeitsverträge künftig an die Förderung wissenschaftlicher Qualifizierung zu binden. „ Aus dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz muss ein Wissenschaftsqualifizierungsgesetz werden“, so Keller. Diese Vorgabe laufe aber ins Leere, wenn sie nicht mit einem Anspruch der wissenschaftlich Beschäftigten auf Qualifizierung während der Arbeitszeit verknüpft werde, betonte der GEW-Hochschulexperte. Die GEW hatte in ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen, die Hälfte der Arbeitszeit für Promotion oder Habilitation zu reservieren.
Enttäuscht äußerte sich der GEW-Vize, dass Wankas Entwurf weder Regelungen enthalte, die Tarifsperre aufzuheben noch die familienpolitische Komponente verbindlich ausgestalte. „Wir brauchen einen Rechtsanspruch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf Vertragsverlängerung, wenn sie in Mutterschutz oder Elternzeit sind oder Kinder betreuen. Ob Familie und wissenschaftliche Qualifizierung zu vereinbaren sind, darf nicht länger im Ermessen der Arbeitgeber liegen“, mahnte Keller.
Nach Angaben der Deutschen Presseagentur (dpa) soll der Gesetzntwurf in der zweiten Septemberwoche 2015 das Bundeskabinett passieren und dann das parlamentarische Verfahren durchlaufen.
Im Januar 2015 hatte die GEW unter dem Motto „Dauerstellen für Daueraufgaben, Mindeststandards für Zeitverträge“ einen eigenen Gesetzentwurf für die Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgelegt (http://www.gew.de/wissenschaft/wissenschaftszeitvertragsgesetz/).
Quelle: Pressemitteilung der GEW vom 8.7.2015

