Juristinnen fordern Kurswechsel in der Finanz- und Steuerpolitik für Familien
Anlässlich der öffentlichen Anhörung zum Familienpaket fordert der Deutsche Juristinnenbund (djb) grundlegende Reformen in der Familienpolitik. Seiner Ansicht nach werde Familienförderung Stückwerk bleiben, solange die Steuer- und Finanzpolitik die sozialen Belange von Frauen und Familien weiter ignoriere.
„Politische Prioritäten müssen sich ändern und grundlegende Reformen auf den Weg gebracht werden. Ziel muss eine Familienförderung sein, die allen Familienformen und ihren unterschiedlichen Bedarfen gerecht wird", schlussfolgert Ramona Pisal, Präsidentin des djb nach der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages zum aktuellen „Familienpaket“ (Gesetzentwurf zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags - BT-Drucksache 18/4649).
Das Bundesfinanzministerium erwartet dank der guten Konjunktur und Beschäftigungslage bereits in diesem Jahr zusätzliche Steuereinnahmen von mehr als sechs Milliarden Euro. Bis 2019 sollen es rund 38,3 Milliarden Euro mehr Steuern sein als bisher erwartet. Wenn es um die Besteuerung von Familien geht, wird trotzdem gespart.
Der in der Anhörung am 20.5.2015 diskutierte Gesetzesentwurf trägt laut djb noch nicht einmal verfassungsrechtlichen Minimalanforderungen Rechnung. Die rückwirkende Steuerfreistellung des sächlichen Existenzminimums von Kindern für das Jahr 2014 wird von der Bundesregierung verweigert. Beim Entlastungsbetrag für Alleinerziehende hat sich die Koalition nach langem Zögern auf eine Anhebung geeinigt – allerdings nur unter der Maßgabe, dass das Bundesfamilienministerium einen Teil der Kosten trägt, was zu Einschränkungen der Frauen- und Familienpolitik an anderer Stelle führt. Außerdem bleibt im Gesetzentwurf offen, wann die Erhöhung in Kraft treten soll.
Auch für weitere dringend notwendige Verbesserungen beim Kinderzuschlag, der Leistungen nach dem SGB II ("Hartz IV") vermeiden soll, ist kein zusätzliches Geld da. Statt hier nachzubessern, sollen die zusätzlichen Steuereinnahmen für Änderungen im Tarifverlauf verwendet werden. Damit wird zwar der steile Anstieg der Steuerbelastung in geringen Einkommensgruppen gemildert. Wirklich spürbare Entlastungen entstehen aber erst in hohen Einkommensgruppen. In der öffentlichen Anhörung wurde der Gesetzentwurf daher vor allem seitens der Familienverbände sowie von Expertinnen und Experten für Familienpolitik stark kritisiert.
Die von der Bundesregierung selbst in Auftrag gegebene Evaluation familienpolitischer Leistungen weist ebenfalls auf den sehr viel weiter reichenden Reformbedarf bei der Förderung von Familien hin. Familien brauchen grundlegende Reformen:
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bei der Besteuerung von Ehe und Familie,
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der steuerlichen Absetzbarkeit von erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten und
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bei Leistungen für Alleinerziehende und Familien im SGB II-Bezug.
„Es wird Zeit, dass die Steuer- und Finanzpolitik neben den rein ökonomischen Effekten auch die finanziellen Wirkungen für Familien in unterschiedlichen Lebensmodellen und Einkommensverhältnissen sowie gleichstellungsrelevante Auswirkungen auf Erwerbs- und Sorgearbeit in den Blick nimmt“, so der djb.
Quelle: Pressemitteilung 15-24 des djb vom 20.5.2015

