NEIN zu Gewalt an Frauen
„Nein heißt Nein“
Für die Reform des Sexualstrafrechts fordert der Deutsche Frauenrat den Paradigmenwechsel zu einem „Nein heißt Nein!“. Dieser besteht darin, eine „offensichtlich fehlende Zustimmung“ zu einer sexuellen Handlung als Straftatbestand anzuerkennen, unabhängig vom (entgegenstehenden) Willen und damit von der Widerstandsfähigkeit. Die Bewertung muss unabhängig davon erfolgen, ob Gewalt angewendet oder Widerstand geleistet wurde. Ein solcher Paradigmenwechsel berücksichtigt außerdem, dass die Reaktion der von sexueller Gewalt betroffenen Person aus zahlreichen Gründen (Sozialisation, Vorerfahrungen, situative Verfassung oder Bewertung der Situation) sehr unterschiedlich ausfallen und beispielsweise zur Abwägung führen kann, dass Widerstand zwecklos ist und der Gewaltakt schneller vorbei ist, wenn kein Widerstand geleistet wird.
Zahlreiche sexuelle Übergriffe bleiben weiter unbestraft
Nach aktueller strafrechtlicher Lage reicht eine sexuelle Handlung gegen den ausdrücklichen Willen einer Person für die Erfüllung der Tatbestände der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung nicht aus: „Sexuelle Übergriffe können nach § 177 StGB nur dann strafrechtlich verfolgt werden, wenn physische Gewalt angewendet wurde oder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben gedroht wurde. Damit bleiben zahlreiche strafwürdige sexuelle Übergriffe unbestraft. Von einem umfassenden Schutz vor sexualisierter Gewalt durch das StGB kann also nicht die Rede sein. Beurteilt wird nicht das Verhalten des Täters, sondern das der von sexueller Gewalt Betroffenen. Das verstößt gegen deren sexuelles Selbstbestimmungsrecht,“ sagt Anja Nordmann, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats.
„Nein“ muss auch für Widerstandunfähige gelten
Der Deutsche Frauenrat fordert im Zuge der Sexualstrafrechtsreform auch eine Neuformulierung des § 179, das heißt die konsequente Anerkennung der „offensichtlich fehlenden Zustimmung“ bei allen Personen, die aus verschiedenen Gründen (aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands) nicht zum Widerstand fähig sind, z. B. kein „Nein“ formulieren können, auch wenn sie den Willen zu einem „Nein“ bilden können. Damit verbunden ist die Angleichung des Mindeststrafmaßes in § 179 an das Strafmaß in § 177 von einem Jahr Haft.
Deutschland erfüllt Bedingungen der Istanbul-Konvention nicht
Der Deutsche Frauenrat kritisiert ferner, dass das derzeitige Recht im Widerspruch zu Art. 36 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) steht. Demnach sind alle nicht-einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Strafe zu stellen. Deutschland hat 2011 die Konvention unterzeichnet, aber bis heute, aufgrund der fehlenden Anpassungen im Sexualstrafrecht, nicht ratifiziert.

