Am 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft getreten. Trans*, inter* und nicht-binäre Personen können auf Grundlage des SBGG ihren Geschlechtseintrag und Vornamen in einem einfachen Verfahren beim Standesamt ändern lassen.
Bundesministerin Lisa Paus: „Ein ganz besonderer Tag für alle transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Menschen: Ab dem 1. November wird ihr Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung maßgeblich gestärkt. Mit dem Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes wird die einfache Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen jetzt endlich Realität. Und das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz ist Geschichte.“ Das Grundgesetz schützt die geschlechtliche Selbstbestimmung im Rahmen der Persönlichkeitsrechte. Mit dem Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften, kurz dem Selbstbestimmungsgesetz, werden diese Rechte für trans-, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen maßgeblich gestärkt.
Das Selbstbestimmungsgesetz wurde am 12. April 2024 im Bundestag verabschiedet und am 21. Juni 2024 im Bundesgesetzblatt verkündet. Bereits zum 1. August 2024 trat § 4 SBGG in Kraft, der die Anmeldung der Änderung beim Standesamt betrifft. Dieser Paragraf sieht vor, dass die Änderung des Geschlechtseintrags und von Vornamen drei Monate vor Abgabe der Erklärung beim Standesamt angemeldet werden muss.
Mit dem SBGG folgt Deutschland 16 weiteren Staaten, die bereits vergleichbare Regelungen zur Verwirklichung der Geschlechtsidentität vorsehen. Deutschland setzt dahingehende Empfehlungen internationaler Organisationen um, wie etwa dem Europarat oder der EU-Kommission.
Das neue Gesetz löst das Transsexuellengesetz (TSG) aus dem Jahr 1980 ab, das vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen der letzten Jahrzehnte in wesentlichen Teilen für verfassungswidrig erklärt wurde. Ein Begutachtungs- und Gerichtsverfahren, wie es das TSG vorsah, ist somit für die Änderung nicht mehr erforderlich.
FAQs
Fragen zum SBGG haben das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat ausführlich aufbereitet. Dabei werden beispielsweise die Anmeldung, Abgabe der Erklärung zur Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen sowie die anschließende Änderung der Registereinträge erläutert. Auch zu spezifischen Fallkonstellationen und zur Frage der Vornamenswahl finden sich ausführliche Erläuterungen in den FAQs.
Die FAQ zum SBGG finden Sie hier.
Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ vom 31.10.2024

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Was bedeutet das für Frauenrechte?
Eine Einschätzung, was die Gesetzessystematik des SBGG bedeutet, hat Silke Martini bereits vor zwei Jahren in ihrem Aufsatz „Frauenrechte wahren – Selbstbestimmung schützen. Entwicklung und Zielsetzung des Antidiskriminierungsrechtes in Deutschland“ in GiP 3/2022 Seite 17 analysiert. Sie schreibt von den weitreichenden Folgen für die Struktur von Gleichstellungspolitik und die bisher erkämpften Frauenrechte. Da das binäre, vorwiegend an biologischen Merkmalen orientierte Geschlecht durch eine subjektive Geschlechtsidentität ersetzt wird, wird die „Struktur der bestehenden Frauenrechte empfindlich gestört und auf längere Sicht nicht mehr haltba“. Damit wird die Bedeutung des Merkmals Geschlecht missachtet und dem Verfassungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 GG der Boden entzogen. Statt das Transsexuellengesetz zu reformieren, Geschlechterrollen tolerant zu gestalten und tatsächliche Verbesserungen für die Betroffenen zu bringen, werden unter dem Deckmäntelchen der Fortschrittlichkeit hart erkämpfte Frauenrechte preisgegeben.
Quelle: GiP 3/2022

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