Bundestag beschließt Entwurf eines Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt.
Der Bundestag hat am 31. Januar 2025 den Entwurf für ein Gewalthilfegesetz in 2./3. Lesung beschlossen. Das Gewalthilfegesetz stellt erstmals bundesgesetzlich sicher, dass gewaltbetroffene Frauen einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Damit schafft das Gesetz den Rahmen für ein verlässliches Hilfesystem. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat den Gesetzesentwurf in umfangreicher Abstimmung mit Ländern, kommunalen Spitzenverbänden und der Zivilgesellschaft erarbeitet.
Bundesministerin Lisa Paus: „Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt.Jede dritte Frau – das heißt, wir alle kennen jemanden. Geprügelt wird durch alle Schichten und an allen Orten. Heute haben wir einen Meilenstein in diesem Kampf gegen Gewalt an Frauen erreicht: Mit dem heute beschlossenen Gesetz kann ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt in Deutschland entstehen. Erstmals wird der Bund sich daran beteiligen, ein kostenfreies Schutz- und Beratungsangebot für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder bereitzustellen. Mit der beharrlichen Unterstützung der Zivilgesellschaft haben wir es geschafft, das Thema Gewalt gegen Frauen sichtbarer zu machen. Ich bin sehr dankbar, dass wir dieses Vorhaben nun geeint haben und im Bundestag beschließen konnten.“
Das Gewalthilfegesetz
Das Gesetz stellt eine eigenständige fachgesetzliche Grundlage für ein verlässliches und bedarfsgerechtes Hilfesystem bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen dar. Es konkretisiert staatliche Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention. Herzstück des Entwurfs ist ein Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt für Frauen und ihre Kinder. Dieser tritt am 1. Januar 2032 in Kraft. Damit sollen die Länder genug Zeit haben, ihre Hilfesysteme entsprechend auszubauen. Das Gesetz muss noch vom Bundesrat beschlossen werden.

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Ziele:
- Schutz von Frauen und ihren Kindern vor häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt
- Intervention bei Gewalt
- Milderung der Folgen von Gewalt
- Prävention, um Gewalthandlungen vorzubeugen oder zu verhindern
Vorgesehene Maßnahmen:
- Bereitstellung von ausreichenden, bedarfsgerechten und kostenfreien Schutz-, Beratungs- sowie Unterstützungsangeboten für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder
- Maßnahmen zur Prävention, einschließlich Täterarbeit und Öffentlichkeitsarbeit
- Unterstützung der strukturierten Vernetzungsarbeit innerhalb des spezialisierten Hilfesystems und des Hilfesystems mit allgemeinen Hilfsdiensten
- Bundesbeteiligung an der Finanzierung des Hilfesystems mit 2,6 Milliarden Euro bis 2036
Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ vom 31.1.2025
Resonanz auf das neue Gesetz
Die Erleichterung darüber, dass der alte Bundestag nun doch noch dieses hart erkämpfte und langwierig verhandelte Gesetz beschlossen hat, ist groß. Frauen, die von Gewalt betroffen sind, erhalten künftig einen verbindlichen Anspruch auf Unterstützung.
Für die dbb bundesfrauenvertretung sind die jetzt endlich geregelten Maßnahmen „mehr als überfällig“: „Wie dringend Frauen mehr Hilfe bei Gewalt benötigten, zeigen die jüngsten Zahlen des BKA: Demnach wird jeden Tag in Deutschland eine Frau oder ein Mädchen ermordet. In jedem zweiten Fall sind die Mörder die Partner. ‚Für zu viele Frauen und Mädchen ist das eigene Zuhause kein sicherer Ort. Das Gewalthilfegesetz stellt nun die dringend benötigten Ressourcen zur Verfügung, um die Kapazitäten der Frauenhäuser auszubauen. So können Frauen und Kinder, die zuhause von Gewalt bedroht sind, eine sichere Zuflucht finden‘, erklärte die dbb frauen Chefin Melanie Kreutz. Eigentlich hatte Deutschland schon vor Jahren die Istanbul-Konvention ratifiziert, nach der es ausreichend Kapazitäten in Frauenhäusern bereitstellen muss. Diesem Ziel hinkt Deutschland jedoch seit Jahren massiv hinterher.“
Quelle: Newsletter der dbb bundesfrauenvertretung vom 3.2.2025
Bitterer Beigeschmack
Das nun kommende Gewalthilfegesetzt schützt explizit nur Frauen und erwähnt trans*, inter* und nicht-binäre Personen nicht, obwohl Art. 4 der Istanbul-Konvention sie als schutzwürdig definiert. Die CDU hatte diesen Personenkreis sogar explizit ausschließen wollen – nun können diese Menschen immerhin darauf hoffen, im Zuge der Auslegung als „mitgemeint“ zu gelten. Dabei ist bereits jetzt ein deutlicher Anstieg trans*feindlicher Gewalt in Deutschland zu beobachten: Das Bundesinnenministerium verzeichnete für 2023 besorgniserregende Fallzahlen für Hasskriminalität mit Bezug zu den Merkmalen „sexuelle Orientierung“ (1499 Straftaten) und „geschlechtsbezogene Diversität“ (854 Straftaten). Das ist ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr (insgesamt 1422 Straftaten in beiden Kategorien).
Quelle: Das Gewalthilfegesetz kommt – aber schützt explizit nur Frauen · Bundesverband Trans*
Gewaltschutz ist ein Grundrecht
Gesetze wie das AGG zeigen bereits seit Jahren: Papier ist geduldig! Deshalb wird es ganz entscheidend auf die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes in die gelebte Praxis in Bund, Ländern und Kommunen ankommen.

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