19. März 1911 und heute: „Nein“-Zeit ist Steinzeit
Liebe Leserinnen und Leser,
Aufsehen erregt der Tag auch heute noch, wenn auch in unterschiedlicher Form. Journalist/inn/en fragen alljährlich in ihren zahllosen Pressebeiträgen nach dem Sinn des Tages und diskutieren den Widerspruch zwischen Rechtslage und Alltag, d.h. der tatsächlichen Gleichberechtigung auf dem Papier bei gleichzeitiger Abwesenheit von Frauen auf Führungsebenen und mangelhafter Vereinbarkeit von Beruf und Familie. In diesem Jahr kam besonders intensiv die Frage nach der Quote für Frauen in der Privatwirtschaft hinzu.
Das verlängerte – Göttin sei Dank – die öffentliche Diskussion über eine Quote für Frauen in Führungspositionen, speziell in Aufsichtsräten und über die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung. Die war auf der bundespolitischen Ebene jäh – rechtzeitig vor dem 100. Internationalen Frauentag? – mit einem Basta von ganz oben abgeblockt worden. War das in Zeiten zahlloser Landtagswahlkämpfe aus Sorge vor einem erneuten Koalitionsstreit die Richtlinienkompetenz einer ehemaligen Frauenministerin?
Frauen sind auch Wählerinnen und so wirkte das „Basta“ fast genau so merkwürdig wie die Tatsache, dass das Thema von einer Ministerin aufgebracht wurde, von der in den vier Jahren ihrer frauenpolitischen Zuständigkeit dazu kaum etwas zu hören war. Aber es ist ja nie zu spät, wie das 100. Jubiläum des Frauentags selbst am besten beweist.
Die Diskussion wird mit einem Machtwort nicht zu beenden sein und das ist auch gut so. Politiker/innen sind Taktiker/innen, die ihre Ziele oft kurzfristig der Tagespolitik unterordnen. Sie kämpfen am liebsten die Kämpfe, die sie schnell gewinnen können. Die Gleichstellung dagegen braucht einen langen Atem. Sie gehört zu den Kämpfen, die einfach gekämpft werden müssen. Sie ist eine Zukunftsfrage für eine moderne Gesellschaft. Daher: Verharren in einer „Nein“-Zeit ist Steinzeit.
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
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