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2011 – noch mehr Jubiläen

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Dass 2011 ein Jubiläumsjahr für die Gleichstellung ist, haben wir an dieser Stelle schon einmal diskutiert (siehe den Blogbeitrag „Ausblick auf das Gleichstellungsjahr 2011“ vom 3.1.2011). Aber auch in der Nachbarschaft der Gleichstellung von Frauen mit Männern bahnte sich vor 10 Jahren einiges an.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

da „man“ sich nicht traute, nach dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG), das nur für die Bundesbehörden und -gerichte gilt, auch für die Privatwirtschaft ein Gleichstellungsgesetz einzuführen, wurde 2001 eine sogenannte „freiwillige Vereinbarung zwischen Wirtschaft und Bundesregierung“ abgeschlossen. Sie hat bisher wenig bis nichts gebracht hat und das Thema lediglich mit kontroversen Diskussionen am Leben erhalten. Bundesarbeitsministerin von der Leyen bezeichnete die Vereinbarung Anfang des Jahres als „krachend gescheitert“ und forderte eine feste Quote für Frauen in Führungspositionen, insbesondere in Aufsichtsräten (siehe den Blogbeitrag „19. März 1911 und heute: ´Nein´-Zeit ist Steinzeit“ vom 21.3.2011). Seitdem tobt die Debatte heftig und führt hoffentlich bald und endlich zum Sieg der Vernunft. Der wurde im Bundesbereich im gleichen Jahr mit dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) eben schon errungen.

Während das BGleiG so etwas darstellt wie einen Versuch von „Gleichstellung schaffen ohne Waffen“, ging es 2001 gleichstellungspolitisch etwas wehrhafter beim deutschen Militär zu: Im Januar zogen die ersten Soldatinnen zum Dienst an der Waffe in die Kasernen der Bundeswehr ein, nachdem der Europäische Gerichtshof 2000 in der sogenannten Kreil-Entscheidung zu dem Ergebnis gekommen war, dass auch Frauen in der Bundeswehr zum Dienst an der Waffe zuzulassen seien. Tanja Kreil hat damit für Frauen den Wegfall dieses Berufsverbots erstritten. Ob es sich als positiv erweisen wird, muss die Zeit zeigen.

Ebenfalls vor 10 Jahren wurde das Betriebsverfassungsgesetz reformiert mit dem Ergebnis, dass der Gedanke der Geschlechterdemokratie mit der sogenannten Minderheitengeschlechterquote gesetzlich verankert wurde. Nach dieser Regelung muss das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, zumindest entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein.

Keine schlechte Idee auch für eine Reform des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Dort ist Geschlechtergerechtigkeit erst sehr vage verankert. § 17 Abs. 7 BPersVG sieht vor, dass die „Geschlechter … im Personalrat entsprechend dem Zahlenverhältnis vertreten sein“ sollen. Große Wirkung hat dieser Passus bisher nicht entfaltet, aber eine neue Chance ergibt sich 2012.

Ebenfalls 2001 trat das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in Kraft, das Teilzeitbeschäftigten grundsätzlich die gleichen arbeitsrechtlichen Ansprüche wie Vollzeit-Erwerbstätigen einräumte und einen beim Arbeitsgericht einklagbaren Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit und auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit auf die Woche für Arbeitnehmer/innen festschrieb, wenn betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.

Und last but not least wurde 2001 mehr Gleichstellung auch für Schwule und Lesben geschaffen: Am 1. August trat nach hitzigen Debatten und einer Klage von drei Bundesländern vor dem Bundesverfassungsgericht das „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften“ in Kraft, kurz „Lebenspartnerschaftsgesetz“ (LPartG) genannt.

Der Beginn des neuen Jahrtausends muss für die rot-grüne Regierung eine arbeitsreiche Gleichstellungszeit gewesen sein, denn ein Jahr später, d.h. 2002, trat das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, kurz Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) in Kraft.

Da ist es vielleicht nur noch eine Randnotiz der Gleichstellungsgeschichte, dass wir in diesem Jahr auch ein „kleines“ Gleichstellungsjubiläum feiern: Vor 5 Jahren, am 18. August 2006, wurde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verabschiedet, dessen Ziel es ist, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ (siehe auch den Blogbeitrag „Macht das AGG die Gleichstellungsbeauftragten überflüssig?“ vom 7.2.2011).

Bei so viel Gleichstellungsbemühungen und -regelungen wäre eigentlich zu erwarten, dass wir uns heute in einer gleichgestellten Realität wiederfinden, die all diese Gesetze wieder überflüssig macht. Leider ist das nicht so und das Ringen um Veränderungen in den Köpfen geht weiter. Gesetze alleine genügen leider nicht.

Herzlich

Ihre Kristin Rose-Möhring

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