2015 – was wird es der Gleichstellung bringen?
Liebe Leserin, lieber Leser,
das neue Jahr wird uns das parlamentarische Verfahren zum „Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ bringen. Der Gesetzentwurf war noch am 12.12.2014 vom Bundeskabinett beschlossen worden. Geht es nach dem sogenannten „Ersten Struckschen Gesetz“[2] – „kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist“ – haben wir noch Hoffnung: auf dringend erforderliche Verbesserungen. Anderenfalls fällt die Gleichstellung im Bund hinter Erreichtes zurück.
Ein Blick zurück gibt ebenfalls Hoffnung. Im vergangenen Jahr jährte sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Und während die verfeindeten Länder mitten in den schrecklichsten Auseinandersetzungen steckten und von den Schlachtfeldern fürchterliches berichtet wurde, gab es auch Zeichen des Friedens: Im Frühjahr 1915 begann in Den Haag ein Internationaler Frauenfriedenskongress, der von den deutschen Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann zusammen mit der niederländischen Gynäkologin und Feministin Aletta Jacobs angestoßen worden war. Weit über 1.000 Frauen aus zwölf Ländern nahmen teil – ein wichtiges Zeichen in Zeiten des Schreckens.
Diese Frauen trotzten dem „Hurra-Patriotismus“, der damals herrschte, und setzten der Kriegseuphorie ihre Vision von Frieden entgegen. Sie mussten sich als Landesverräterinnen beschimpfen lassen, nur weil sie in Gewalt und staatlich verordnetem Morden keine Lösung sahen. Heute wissen wir, dass sie Recht hatten.
Aber das ist wohl das Schicksal von Menschen und besonders von Frauen, die sich dem sogenannten Zeitgeist entgegenstellen: Heute sind sie im besten Falle lächerlich, im schlimmsten Fall bezahlen sie für ihre Ziele und Visionen mit ihrem Leben. Später, als Personen der Geschichte, werden sie bewundert, ihr Mut zum Widerstand wird gerühmt, und sie werden als Vorbilder für Zivilcourage, Eigenständigkeit und innere Unabhängigkeit herausgestellt.
Das kennen auch wir Gleichstellungsbeauftragte gut, selbst wenn wir nicht in der gleichen Gefahrenzone kämpfen wie die o.g. Frauen. Aber das Lächerlich-Machen einer Gleichstellungsbeauftragten ist immer wieder sehr beliebt, wenn die Argumente fehlen und nichts anderes mehr geht. Also, wartet ab, liebe Kolleginnen, die Geschichte wird vielleicht auch für uns sorgen oder besser: Wir sorgen für unsere Geschichte ...
In diesem Sinne auf ein gutes, erfolgreiches und kämpferisches neues Jahr 2015!
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 Beim Gesellschaftsspiel „Monopoly“, das ab 1935 zunächst in den USA, dann weltweit ein Verkaufsschlager wurde, lautet die Regel für Spieler/innen, die die Gefängniskarte ziehen: „Gehe in das Gefängnis! Begib dich direkt dorthin! Gehe nicht über ´Los´! Ziehe nicht M 200 ein!“
2 Peter Struck (1943-2012), deutscher Politiker, von 2002 bis 2005 Bundesminister der Verteidigung sowie von 1998 bis 2002 und 2005 bis 2009 Fraktionsvorsitzender der SPD im Deutschen Bundestag.
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