Alphatiere und Gleichstellungsbeauftragte
Liebe Leserin, lieber Leser,
„Mich müssen Sie nicht katholisch machen“, sagte mir ein solcher Topmann bei unserer ersten Begegnung. Katholisch stand in dem Fall interessanterweise für gleichstellungsbewusst. Kurz darauf wusste ich, dass ich niemanden hätte „katholischer“ machen müssen als ihn. Ein gnädiges Schicksal entführte ihn nach gefühlten 100, tatsächlich aber nur knapp drei Jahren aus meinem Gesichtskreis - nicht jedoch ohne dass er mir vorher meinte mitteilen zu müssen, er gedächte nicht, sich einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen, nur weil ich gerne mehr Frauen in Führungspositionen wolle. Welch ein Verlust für die Gleichstellungswelt!
Ein anderes Exemplar drohte mir, er werde, wenn ich etwas Bestimmtes wieder täte (es war, wenn ich mich recht erinnere, die Befragung einer Frau zu ihren Vorstellungen bei einer geplanten Umsetzung), den Kontakt zu mir abbrechen. Nach meinem Hinweis, dass wir uns dann vor Gericht wiedersähen, war das Gespräch zu Ende. Allerdings hatte ich vorher die einmalige Gelegenheit, mir seine Schuhsohlen zu betrachten, da er seine langen Beine auf den zwischen uns stehenden Stuhl gelegt hatte. Beweis der Entspanntheit oder der Dominanz? Da wird Selbstwahrnehmung schnell mal zur Autosuggestion.
Einen dritten Führungsmann bat ich bei einer Meinungsverschiedenheit in einer Beteiligungsfrage um die Zusendung seiner Antwort bis zu einem bestimmten Termin, damit wir beide bald wüssten, wo wir in der Sache ständen. Darauf erhielt ich postwendend drei Seiten Erläuterungen zu diesem unsittlichen Ansinnen inkl. Begründung, warum dieser Zeitdruck unmöglich, unerträglich, nicht gesetzeskonform etc. pp sei. In dieser Zeit hätte er mir die inhaltliche Erklärung dreimal liefern, aber zugegebenermaßen nicht so schön Dampf ablassen können.
Eine fordernde Frau und sei es auch nur eine, die es von Amts wegen tut, richtet offensichtlich erhebliche Flurschäden in einer Führungsmännerseele an. Göttin sei Dank gibt es auch andere und die drei genannten sind – vielleicht – die Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Wenn ich aber höre, was meine Gleichstellungsbeauftragten-Kolleginnen erzählen, fühle ich mich nicht so ganz allein auf weiter Flur.
Und was machen wir da nun? Vorschlag: Die Gleichstellungsbeauftragte gönnt sich auf Kosten der Dienststelle eine Supervision, damit sie ihrerseits keine seelischen Schäden davon trägt, und macht dann ihren Job weiter – engagiert und gerne auch kontrovers. Und der Silberrücken* bekommt ein Anti-Aggressionstraining, damit er seine archaischen Dominanzgebärden besser in den Griff bekommen kann.
Oder ganz anders: Wir bauen das System Bundesverwaltung gleichgestellt um, entsorgen diese Heldentenöre und freuen uns einfach unseres weiblichen Lebens.
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
* Als Silberrücken wird ein erwachsener männlicher Gorilla etwa ab dem 12. Lebensjahr wegen seines charakteristischen silbrig-grauen Fells bezeichnet. Die Körpergröße eines Silberrückens beträgt durchschnittlich 1,7 Meter und er wiegt bis zu 230 Kilogramm. Dominante Silberrücken fungieren als Anführer ihrer jeweiligen Familie bzw. Gruppe, die bis zu etwa 30 Tiere umfassen kann. (zitiert aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Silberr%C3%BCcken)
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