Liebe Leserin, lieber Leser,
they did it again – wieder stand eine Frau gegen einen Mann zur Wahl und wieder wählten sie den Mann, leider auch Frauen. Und war es vor acht Jahren noch ein wirklich seriöser Bewerber, der schließlich auch Präsident wurde, dazu ein Afroamerikaner, stand nun gegen die Frau ein Mann zur Wahl, den sich eine Feministin nicht schlimmer vorstellen kann: Rassist, Hetzer gegen Minderheiten, unseriöser Geschäftsmann mit dubiosen „Connections“, Großmaul ohne Lösungen, Narzisst und vor allem Chauvinist und Sexist mit den unglaublichsten Aussagen zu Frauen, Gender, Feminismus.
2015 hatte ich in diesem Blog geschrieben: Ich bin gespannt, welche Konstellation sich nun ergeben wird, um erneut eine Frau NICHT zur Präsidentin zu wählen. Den ersten Katholiken hatten die USA bereits (JFK), den ersten Schwarzen haben sie noch. Was könnte es also sein: der erste jüdische Präsident oder der erste Mormone, der erste Mann mit lateinamerikanischen oder chinesischen Wurzeln? Es gäbe viele Möglichkeiten, eine Frau zu verhindern...“ (s. Blog „1815 - Waterloo, Revolutionen und die Folgen“ vom 01.06.2015
Die schlimmste aller Möglichkeiten haben die Amerikaner/innen nun gewählt. Nicht nach abgegebenen Stimmen, denn da hat Hillary Clinton wie seinerzeit schon Al Gore gegen George „Dabbel-ju“ Bush die Mehrheit, aber nach Wahlmännern[!]. Und das allein zählt in den USA seit den Zeiten, als berittene Boten Stimmen in die Hauptstadt tragen mussten.
Beim sogenannten Popular Vote, d.h. wenn Clinton hätte direkt gewählt werden können, wäre sie nach Prozentpunkten knapp mit 1,5%, aber mit immerhin 2 Millionen Stimmen mehr vor Trump gelandet. Ein klarer Sieg. Ja, wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wäre…
Was wird werden? Ein Kabarettist fasste es zwei Tage später so zusammen: „Da haben die Briten ja noch mal Glück gehabt, dass sie nicht am Ende des Jahres als das dümmste Volk der Welt da stehen.“ Aber nach Scherzen ist Frauen, Latinos, Schwulen, Lesben und vielen anderen sicher nicht zumute. „Seit der Wahl vor gut einer Woche fragen sich viele Menschen, ob die USA das Land sind, für das wir sie gehalten haben", sagte die unterlegene Kandidatin Clinton in ihrem ersten Interview nach ihrer vermutlich bittersten Niederlage.
Derzeit ist der künftige POTUS2 dabei, die konservativsten Männer des Landes für seine Ministerien und Stäbe um sich zu versammeln. Alte, weiße Männer – so titelte eine Zeitung. Frauen kommen so gut wie nicht vor und die bisher einzig bekannte – Sarah Palin von der Tea Party-Bewegung – lässt ebenfalls nichts Gutes erahnen.
Da tröstet es nur wenig, dass das eine oder andere „Wahlversprechen“ – wir könnten sie auch Wahldrohungen nennen – zu wanken beginnt: Die Krankenversicherung Obama-Care wird erstmal nicht oder nicht ganz abgeschafft, statt 11 Millionen illegaler Einwanderer will Trump erst mal „nur“ 2-3 Millionen abschieben, die Homo-Ehe soll bestehen bleiben, Hillary Clinton soll nicht hinter Gitter und die Mauer nach Mexiko darf streckenweise ein Zaun bleiben…
Doch was passiert, wenn ein solcher Präsident unter all den Alltagsdruck gerät, der nun auf ihn zukommt? Mit 140-Zeichen-Ausbrüchen wird er nicht weiterkommen. Und welche Botschaften sendet das in den Rest der Welt, wenn der „leader of the free world“ sich nicht im Griff hat? Schon jetzt wird über eine wachsende Zahl an Übergriffen auf die von ihm geschmähten Minderheiten berichtet.
Und die Rechtspopulisten und leider auch -innen frohlocken – in Deutschland und weltweit.
Schlechte Zeiten für Demokrat/inn/en, auch wenn Obama im Hinblick auf Trump sagt: „Demokratie ist größer als jede Person“. Wollen wir es hoffen, denn mit den Rechtspopulisten (und eben leider auch –innen) kommen der Antifeminismus zurück, der Fremden-, Schwulen- und Lesbenhass und viele Anti-Gefühle mehr, die wir in unseren offenen und liberalen Gesellschaften weitestgehend überwunden glaubten.
2016 war ein Jahr, das es in sich hatte. 2017 muss besser werden, denn die Hoffnung stirbt zuletzt – sagen Optimist/inn/en. Und die Pessimist/inn/en schieben nach: Aber sie stirbt, z.B. im Hinblick auf eine deutsche BundespräsidentIN
Mit zwiespältigen, aber nicht minder herzlichen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 9.11.1918 – November-Revolution, 9.11.1923 – der Hitler-Ludendorff-Putsch, 9.11.1938 - Progromnacht gegen Juden und Jüdinnen, 9.11.1989 – endlich mal ein guter Tag: Fall der Berliner Mauer usw. – siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/9._November
2 President of the United States
3 Saarland 26.3., Schleswig-Holstein 7.5.; NRW 14.5., Bundestagswahl im September, NL 17.3., F 23.4. und 11.6., N 11.9.
Folgen Sie uns auch auf Twitter!
Wir informieren Sie rund um das Thema Gleichstellungrecht.
https://twitter.com/GleichstellungR
Gerne können Sie auch unser Kontaktformular benutzen und wir melden uns bei Ihnen.
Kontaktformular