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Ausgleich für „benachteiligte“ Männer

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Für die Einstellung oder Beförderung von Männern in höhere Positionen ist das Bundesgleichstellungsgesetz zwischenzeitlich zu einer ernstzunehmenden Hürde geworden. Mit den vielen gut qualifizierten Frauen hat sich die Konkurrenz deutlich vermehrt. Gut ist nicht mehr unbedingt gut genug. Im Falle der Unterrepräsentanz von Frauen muss mann besser sein. Darauf hat die Gleichstellungsbeauftragte ein scharfes Auge. Leider erfahren die (selbstgefühlt) Benachteiligten noch zu oft heimliche Unterstützung von Personalverantwortlichen.

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

bei diesen Männer unterstützenden Personalentscheidern gibt es zwei Hauptgruppen: die ewig gestrigen, die tatsächlich noch glauben, Männer seien für Führungsaufgaben besser geeignet als Frauen. Und die verblendeten Gerechtigkeitsfanatiker, die die Vorschriften des BGleiG einfach für ungerecht halten, weil sie meinen, bei gleicher Qualifikation muss auch jede/r die gleiche Chance haben.
Sie verschwenden keinen Gedanken daran, wie es zu der immer noch andauernden Schieflage in der (Un-)Gleichstellung von Mann und Frau kommen konnte und wie sich das über die Jahrhunderte entwickelt hat. Auch der Auftrag des Grundgesetzes an den Staat, auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken, kümmert sie wenig.

Bei der von beiden Gruppen praktizierten Männerunterstützung haben meine Kolleginnen und ich neben dem immer wieder gerne versuchten Ignorieren der gesetzlichen Vorschriften und der Gleichstellungsbeauftragten zwei Hauptstrategien ausgemacht:

  • Zum einen wird versucht, vorab an der Qualifikationsschraube zu drehen. Das ist dann das exzessive Ausdifferenzieren von Beurteilungen und Zeugnissen in immer mehr Unter- und Hilfskriterien, bis irgendwo ein kleiner Unterschied gefunden werden kann. Eine Top-Bewertung in der obersten Stufe der Beurteilungsskala bedeutet dann nicht mehr gleiche Qualifikation, denn es entsteht immer eine qualitative Reihung unter den Kandidaten und Kandidatinnen.

    Ergebnis: Eine gleiche Qualifikation gibt es so nicht mehr und der dahin gehende Wille des Gesetzgebers wird unterlaufen. Und keine gleiche Qualifikation bedeutet dann eben keine Förderung von Frauen im Falle der Unterrepräsentanz.

    Leider finden sich hierzu gelegentlich auch unterstützende Gerichtsurteile, die unter dem Deckmantel des Gebots der Bestenauslese dieses Vorgehen weiter festschreiben und den klaren Willen des Gesetzgebers ignorieren. Gerichte sind manchmal noch beharrender und unbeweglicher als Behörden und Textbaustein bleibt Textbaustein.

  • Zum anderen wird versucht, die eigentliche Entscheidung zu Gunsten einer (männlichen) Person oder Teile dieser Entscheidung möglichst weit vorzuverlagern, u.a. um den gesetzlich vorgeschriebenen Einfluss der Gleichstellungsbeauftragten zu verringern. Dabei geht es um folgende Aspekte:

    - Innerhalb welchen Personenkreises wird gesucht?

    - Sollen externe Stellen wie Personalberatungsagenturen/Headhunter herangezogen werden?

    - Was sind die Ausschreibungskriterien?

    - Wer erfüllt auf welche Art diese Kriterien?

    - Wer wird zu Bewerbungsgesprächen eingeladen?

    - Welchen Stellenwert haben persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse zu den Bewerbern und Bewerberinnen?

    - Wer nimmt am Auswahlverfahren teil?

    - Wer trifft die endgültige Entscheidung?

    Das alles sind maßgebliche Vorentscheidungen, die oft relativ fern von der Mitwirkung und Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten getroffen werden. Nicht unbedingt in der Theorie, aber doch in der Praxis.

    Theoretisch dürfen die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten dadurch nicht beschnitten werden. Aber wo wurde sie schon einmal von einem außerhalb der Behörde agierenden Personalberatungsbüro hinzugezogen, ehe oder wenn es der Dienststelle geeignete Bewerbungen vorlegt? Wird sie immer zu den Fragen gehört, wer angesprochen oder eingeladen wird? Wie sieht ihre Mitwirkung an der Erstellung eines Anforderungsprofils aus? Alles Fragen, die nicht wirklich immer im Sinne des BGleiG gehandhabt werden.

Es werden hier viele mitwirkungs- und beteiligungsrechtliche Grauzonen geschaffen, die nicht sein dürften. Daher der ewige Weckruf an uns alle: Bleiben wir aufmerksam und sorgen mit dafür, diese beteiligungsrechtlichen Schmuddel-Ecken auszuleuchten und auszukehren.

Männer sind nämlich immer nur dann (gefühlt) benachteiligt, wenn sie diese Frage selbst zu beantworten haben. Sie brauchen keine heimlichen Unterstützer.

Mit aufmerksamen Grüßen

Ihre Kristin Rose-Möhring

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