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Beamtenrechtliches Disziplinarverfahren - Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der GB

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Vor etwa einem Jahr hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (2C 62.11) in einem Verfahren, bei dem ein Beamter wegen Bestechlichkeit aus dem Dienst entfernt werden sollte, bei den verfahrensrechtlichen Formalien auch über die Frage entschieden, ob die Gleichstellungsbeauftragte an dem Disziplinarverfahren zu beteiligen gewesen wäre. Das war sie nach Ansicht des Gerichts nicht und die daraus resultierenden Veröffentlichungen wurden vielfach dahingehend verstanden, dass die Gleichstellungsbeauftragte an Disziplinarverfahren grundsätzlich nicht zu beteiligen wäre.

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

nicht immer ist etwas so, wie es zunächst scheint. Das BVerwG hat in seiner Urteilsbegründung sehr fein zwischen Beteiligungsrechten und Mitwirkungsrechten unterschieden. Danach werden die Mitwirkungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten regelmäßig durch schriftliches Votum ausgeübt, wenn die Dienststelle sich bereits eine Meinung gebildet hat.

Nur die Verletzung dieser Mitwirkungsrechte hält das Gericht für geeignet, einen relevanten Verfahrensfehler im Disziplinarverfahren darzustellen. Das Gericht sieht in einem Disziplinarverfahren zwar eine personelle Maßnahme im Sinne des § 19 Abs.1 S. 2 BGleiG, hat aber für den vorliegenden Fall einen Bezug zu den Aspekten der Gleichstellung von Frauen und Männern, der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit oder des Schutzes vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz verneint.

Einen Hauptaspekt aber, die Einhaltung einheitlicher Maßstäbe, wurde nur indirekt erwähnt, indem das BVerwG darauf hingewiesen hat, dass immer dann, „wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Aufklärung und Ahndung von Dienstpflichtverletzungen, die unmittelbar nichts mit dem Zweck des BGleiG zu tun haben, die Ermittlungsmethoden oder die Sanktionen je nach Geschlecht oder nach anderen individuellen Verhältnissen, die die Aufgabentrias des § 19 Abs.1 S. 1 BGleiG berühren, wie zum Beispiel Familienstand oder Unterhaltsansprüchen, differieren“, die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten formale Voraussetzung für das Disziplinarverfahren ist.

Anders bei der Beteiligung. Die hält das Gericht nicht für eine von Amts wegen bei der Disziplinarklage zu prüfende formale Voraussetzung. Es geht aber ausdrücklich auf diese, der Mitwirkung zeitlich und sachlich vorgelagerten Rechte ein, wie die frühzeitige Beteiligung nach § 19 Abs.1, S. 3 BGleiG und die unverzügliche und umfassende Unterrichtung nach § 20 Abs. 1 S. 1 BGleiG. Das Gericht geht wohl davon aus, dass diese Rechte für Gleichstellungsbeauftragte im Disziplinarverfahren immer gelten.

Sicher fragen Sie sich, wie es zu dieser vielbeachteten Entscheidung kommen konnte, wenn das BVerwG doch im Grunde der gleichen Ansicht ist wie wir Gleichstellungsbeauftragte? Das ist ganz einfach: Das Gericht hat in einem Disziplinarprozess gegen einen bestechlichen Beamten geprüft, ob dieser in seinen Rechten verletzt wurde, weil die Dienststelle die Gleichstellungsbeauftragte nicht ordentlich beteiligt hat. Dies hat das Gericht dann unter dem Aspekt des Bundesdisziplinargesetzes für diesen einen Fall verneint. Dabei wurde nicht geprüft, ob die Gleichstellungsbeauftragte überhaupt hätte beteiligt werden müssen. Diese Frage hätte das Gericht wohl bejaht. Es hat lediglich geprüft, ob die Missachtung der Rechte der Gleichstellungsbeauftragten Prozesshindernis im vorliegenden Fall gewesen wäre.

Das Resümee: Die Gleichstellungsbeauftragte ist in Disziplinarverfahren immer zu beteiligen. In seltenen Fällen kann die Missachtung dieser Vorschriften für ein Gerichtsverfahren in der Disziplinarsache unbeachtlich sein.

Hier hat eben keine Gleichstellungsbeauftragte geklagt; sonst wäre die Sache sicher anders ausgegangen. Wie Sie wissen, muss die Gleichstellungsbeauftragte ihre Rechte selbst einklagen. Genauso wenig wie sie vor Gericht die Interessen anderer vertreten kann, können diese in ihren Prozessen nicht über die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten entscheiden lassen.

Herzlich

Kristin Rose-Möhring

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