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Brexit und die Frauen

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In Großbritannien beginnt nach der Brexit-Entscheidung und dem darauffolgenden Katzenjammer nun das große Aufräumen. Und wer wird die Kärrnerarbeit leisten? Die Frauen! Es wird daher Kärrnerinnen-Arbeit sein.

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Die Kerle haben es versemmelt, jetzt müssen die Frauen ran. So könnte man die aktuelle Lage in den beiden größten britischen Parteien eine Woche nach dem Brexit zusammenfassen“, schrieb die taz* am 1.7.2016.

Es ist wie immer: Die Frauen sollen die Trümmer wegräumen, die die Männer verursacht haben:

  • Nach dem Zweiten Weltkrieg räumten die Frauen in Deutschland buchstäblich auf.

  • Nach der CDU-Spendenaffäre wurde Generalsekretärin Angela Merkel Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidatin der CDU, schließlich – und das seit mehr als 10 Jahren – Bundeskanzlerin.

  • Anstelle des „gestrauchelten“ DSK (Dominique Strauss-Kahn) übernahm Christine Lagarde 2011 den IWF – erfolgreich bis heute.

  • Während Islands Banken- und Finanzkrise wurde 2009 Jóhanna Sigurðardóttir die erste Ministerpräsidentin des Landes und verkündete ihr Ziel, Island in die EU zu führen.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Und nun wiederholt sich Geschichte in Großbritannien und zwar in Richtung „raus aus der EU“ = Brexit. Der konservative Premierminister David Cameron, der jahrelang auf die EU geschimpft und immer wieder Erhalt und Ausbau der Sonderechte für Großbritannien gefordert hatte, meinte schließlich den Widerstand der EU-Gegner nur durch ein Referendum brechen zu können.

Klarer Fall von Fehleinschätzung. Zwar kämpfte er auf der Seite der „Bremainers“ (Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU), aber er verlor unerwartet klar und erklärte prompt seinen Rücktritt – für in drei Monaten. Man wolle sich mit den Austrittsvorbereitungen Zeit lassen, so seine Botschaft, um dann 14 Tage später erneut umzufallen und gleich zurückzutreten.

Boris Johnson, Ex-Bürgermeister von London und dennoch so etwas wie ein Politclown, führte bei den Konservativen die Riege der „Brexiteers“ an, angeblich nur um im „Kleine-Jungs-Wettkampf“ gegen Cameron auf der anderen Seite zu stehen. Er hatte nicht an einen Sieg der EU-Gegner geglaubt und als der dann doch kam, machte er sich vom Acker, sprich stand für die Cameron-Nachfolge nicht zur Verfügung. Das grenzt schon fast an Verrat seiner politischen Ideen, wenn es auch für die Brit/inn/en letztendlich sicher besser ist.

Und als wäre das noch nicht genug, verkündete Nigel Farage, der mit seiner Partei UKIP den ganzen Schlamassel angerichtet hatte (O-Ton: Als Ehemann einer Deutschen wisse er, was es heißt, von Deutschen dominiert zu werden) verkündete nach dem Brexit unverfroren (und zum dritten Mal) seinen Rücktritt vom Amt als UKIP-Parteichef, weil er sein Ziel erreicht habe, das Vereinigte Königreich aus der EU zu führen. Sein unsäglicher Spruch dazu „Ich will mein Leben zurück“ (d.h. weiterhin sein dick-dotiertes Mandat als Abgeordneter im EU-Parlament – grotesk!).

Das also ist die Elite englischer Politik auf der Männerseite. Und nun kommen die Frauen und zwar von allen Seiten.

  • In Schottland Nicola Sturgeon, die als Erste Ministerin ihr Land in der EU halten will. Sollte es zu einem zweiten Referendum über den Verbleib im Vereinigten Königreich kommen und Schottland sich für die Abtrennung entscheiden, könnte aus Groß-Britannien Klein-England werden, denn auch die Nordiren wollen in der EU bleiben und könnten eine Annäherung an die Republik Irland anstreben. Und selbst in Wales, das in Gänze für den „Brexit“ stimmte, sprachen sich die Irland zugewandten Küstenregionen für „Bremain“ aus.

  • In der Labour Party weht dem derzeitigen Vorsitzenden Jeremy Corbyn wegen eines lustlosen „Bremain“-Wahlkampfes der Wind kräftig ins Gesicht und die frühere Ministerin Angela Eagle steht bereit, ihn zu beerben.

  • Vor allem aber bei den Konservativen war das Fell des Bären schon so weit verteilt, dass eins klar war: Eine Frau wird die EU-Austrittsverhandlungen führen. Nur das Wie schien noch klärungsbedürftig: Schnell durch die Brexit-Befürworterin Andrea Leadsom oder bedächtiger durch die Innenministerin und „Bremainee“ Theresa May. Doch dann änderte sich auch dies rasant. „Brexitee“ Andrea Leadsom verließ die kaum erklommene Bühne, nachdem sie ihren Wahlkampf mit einer unsäglichen Diskussion darüber begonnen hatte, ob sie als Mutter nicht eine bessere „Landesmutter“ sein würde als ihre kinderlose Konkurrentin und damit einen „Shit-Storm“ auslöste. Zu Recht! Nun ist also seit Mittwoch vergangener Woche Theresa May die Vorsitzende der Konservativen Partei und damit auch Premierministerin und zweite Frau in diesem Amt nach Margret Thatcher.

Dass inzwischen vier Millionen Brit/inn/en einen Exit vom Brexit wollen – die Jüngeren, die Bildungs-Nahen und vor allem auch die Frauen – und dies in einer Petition kundgetan haben, wird nichts mehr ändern, wie das britische Außenministerium letzte Woche mitteilte.

Bleibt also nur zu hoffen, dass die Frauen es gut regeln werden mit dem (britischen) Austritt aus oder dem (schottischen) Verbleib in der EU.

Mit vergeblichen „Bremain“-Grüßen bei viel schottischer Sympathie

Ihre Kristin Rose-Möhring

P.S. Damit verabschiede ich mich in die diesjährige Sommerpause. Am 15. August lesen wir uns an dieser Stelle wieder. Allen Urlauber/inne/n wünsche ich beste Erholung; allen „Stallwächter/inne/n“ eine nicht zu stressige Vertretungszeit.

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