Der IMA und die Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
der IMA besteht aus 24 hochengagierten und qualifizierten Gleichstellungsbeauftragten, die zudem über ihre nachgeordneten Behörden und andere Arbeitskreise hervorragend vernetzt sind. Wir treffen uns ca. sechsmal im Jahr mit straffer Tagesordnung zur Diskussion aktueller Gleichstellungsthemen und der Erarbeitung von Stellungnahmen dazu, zum Meinungsaustausch und, um Vorschläge und Anregungen an die entsprechenden Entscheidungsinstanzen heranzutragen. Wir organisieren Fortbildungen, nehmen an Tagungen und Konferenzen teil und haben auch die Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes aufmerksam und kritisch begleitet, bis sie jetzt in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde.
Wir haben von Anfang an eigeninitiativ Stellungnahmen zur Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes und sachbezogene Anschreiben an die Zuständigen im Ministerium und an beteiligte Fachorganisationen gerichtet. Der Gesetzentwurf wurde zwar häufig geändert, doch eine in den Augen des IMA zufriedenstellende Lösung nicht gefunden. Leider wurde der IMA nie offiziell eingebunden oder um seine Meinung gebeten - wohl eine Folge seiner kritischen Haltung, aus der er nie einen Hehl machte. Das ist schade. Damit hat die Verwaltung auf den gesamten Erfahrungsschatz der in den eigenen Reihen versammelten Praktikerinnen verzichtet – bis zu 1.100 Gleichstellungsbeauftragte nach dem BGleiG hätten nach ihren Erfahrungen befragt werden können. Das aber geschah nicht und das Ergebnis ist entsprechend ausgefallen.
Die Kritik des IMA, die selbstverständlich detailliert und zu vielen Einzelpunkten vorgebracht wurde, lässt sich so zusammenfassen: Im Hinblick auf das BGleiG fällt der Gesetzentwurf hinter die bestehende Gesetzeslage zurück, die Gleichstellung und die Position der Gleichstellungsbeauftragten erfahren in rechtlichem Sinne eine Verschlechterung. Es wäre daher besser, es beim derzeitigen Stand zu belassen, als das Gesetz zu ändern. Viel wichtiger wäre es, die korrekte und konsequente Anwendung des Gesetzes in den Behörden und Verwaltungen zu überwachen und gegebenenfalls zu erzwingen. Darüber hinaus bestehen verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen den Entwurf.
Der IMA kritisiert auch, dass der Entwurf des Gesetzes mit dem Gesetzentwurf für die Privatwirtschaft zu einem sogenannten Artikelgesetz verbunden wurde, bei dem mehrere Gesetze in einem Gesetzgebungsverfahren gemeinsam beraten und beschlossen werden. So heißt es also: „Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“. In der Privatwirtschaft gab es bisher keine Regelung. Dieses Gesetz unterliegt daher einer viel größeren politischen und öffentlichen Aufmerksamkeit und es besteht die Gefahr, dass daran Interessierte die Verschlechterungen beim Bundesgleichstellungsgesetz einfach in Kauf nehmen oder übersehen.
Für mich sah das bisher nach einem Deal aus: Endlich eine Regelung für die Privatwirtschaft, noch nicht auf dem Niveau des Bundesgleichstellungsgesetzes, dafür ein paar Abstriche beim öffentlichen Dienst und schon nähert man sich einander an und kann es sogar in einem gemeinsamen Gesetzentwurf verkaufen. Aber sollte das Ganze dann nicht ehrlicher Weise „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Teilhabe von Männern und Frauen in der Privatwirtschaft bei gleichzeitiger Verschlechterung im öffentlichen Dienst“ heißen?
ABER: Die Schlacht ist noch nicht verloren. Die erste Debatte im Bundestag am 30.1.2015 ließ erkennen, das hier vielleicht noch etwas geht. Am 23. Februar 2015 findet zudem im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eine öffentliche Anhörung statt. Der IMA hatte sich von Anfang an mit ausführlichen Begründungen seiner Kritik an die gleichstellungspolitischen Sprecher/innen der Bundestagsfraktionen, an den federführenden Ausschuss und viele weitere Entscheidungsträger/innen gewandt. Zwischenzeitlich haben auch zwei Bundesländer Änderungsanträge vorgelegt und ein Ausschuss des Bundesrates argumentiert in die gleiche Richtung wie wir.
Das Verfahren ist also im Fluss und es besteht noch Hoffnung. Vielleicht wird unserem Vorschlag gefolgt und wenn schon nicht das Bundesgleichstellungsgesetz aus dem Artikelgesetz herausgenommen, dann zumindest die rechtlich äußerst fragwürdige Geschlechteransprache aus der Neufassung des BGleiG gestrichen.
Wichtig wäre es, zunächst eine aktuelle Bestandsaufnahme zu machen – die letzte, der Zweite Erfahrungsbericht, enthält Zahlen bis Mitte 2009 - und diese erst einmal sorgfältig zu prüfen und zu beraten. Auch das wäre schon ein Erfolg der Arbeit der vielen Gleichstellungsbeauftragten aller 24 Arbeitskreise in den letzten Monaten und so wären die Mühen mit den insgesamt sieben Entwurfsfassungen nicht umsonst gewesen.
Herzlichst
Ihre Kristin Rose-Möhring
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