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Du glückliches Österreich singst – eine gegenderte Nationalhymne

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Am 7. Dezember 2011 beschloss das österreichische Parlament, seine sogenannte Bundeshymne ab 1. Januar 2012 in einer geschlechtergerechten Textversion zu singen. Dem Beschluss ging nicht nur eine hochemotionale Debatte voraus, sondern vor allem ein langes zähes Ringen, in dem das Projekt auch schon mal als „Gender-Klamauk“ bezeichnet wurde.

Am 7. Dezember 2011 beschloss das österreichische Parlament, seine sogenannte Bundeshymne ab 1. Januar 2012 in einer geschlechtergerechten Textversion zu singen. Dem Beschluss ging nicht nur eine hochemotionale Debatte voraus, sondern vor allem ein langes zähes Ringen, in dem das Projekt auch schon mal als „Gender-Klamauk“ bezeichnet wurde.

  

  

Liebe Leserin, lieber Leser,

 

worum geht es? Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Österreich darauf verzichtet, die über mehr als 150 Jahre gebräuchliche Hymne, nach der wir nun in Deutschland unsere Nationalhymne „Einigkeit und Recht und Freiheit“ singen, wieder für sich zu reklamieren. Es entschied sich stattdessen für den Text von Paula Preradović „Land der Berge, Land am Strome“ – sehr demokratisch nach einem Preisausschreiben mit einem damals beachtlichen Preisgeld von 10.000 Schilling.

 

Mit Blick auf die rein männlich formulierten Textzeilen forderten Frauengruppen bereits in den 1970/80er Jahren eine Feminisierung. 1992 griff die legendäre Frauenministerin Johanna Dohnal diese Forderung auf, scheiterte jedoch schon in ihrer eigenen Partei. So erging es 2005 auch der Frauenministerin Maria Rauch-Kallat, aber sie gab nicht auf und stellte im Sommer 2011 zusammen mit anderen Abgeordneten einen Antrag mit folgender einleuchtender Begründung: „Im vollen Wissen und Bewusstsein, dass es in der Tat auch dringlichere Anliegen in der österreichischen Innenpolitik gibt, aber auch mit der Überzeugung, dass Sprache wie kein anderes Medium Bewusstsein prägt, ersuchen die unterzeichneten Abgeordneten den Nationalrat, eine einfache aber geschlechtergerechte Änderung der Österreichischen Bundeshymne zu beschließen“.

 

Und so geschah es an dem bewussten 7. Dezember vergangenen Jahres – trotz aller vorhergehender und begleitender sprach(wissenschaft)licher Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren u.a. zum Urheberrecht. „Das Geschlechterverständnis hat sich in den über 60 Jahren seit der Schaffung des Textes der Bundeshymne dahingehend verändert, dass nicht mehr der Begriff Österreicher auch für Österreicherinnen steht, nicht mehr der Begriff Bürger auch für Bürgerinnen steht,“ sagte eine Richterin des Wiener Handelsgerichts. Sehr richtig! Und so lautet die Bundeshymne nun:

 

 

(1) Land der Berge, Land am Strome,
Land der Äcker, Land der Dome,
Land der Hämmer, zukunftsreich!
Heimat großer Töchter und Söhne,
(Vorher: Heimat bist du großer Söhne,)
Volk, begnadet für das Schöne,
Vielgerühmtes Österreich.
(2) ….

(3) Mutig in die neuen Zeiten,
Frei und gläubig sieh uns schreiten,
Arbeitsfroh und hoffnungsreich.
Einig lass in Jubelchören,

(vorher: Einig lass in Brüderchören)
Vaterland, dir Treue schwören,
Vielgeliebtes Österreich.       

 

Wie wäre es, wenn auch die Bundesrepublik ihre Hymne „Das Lied der Deutschen“ genderte? So schwer wär’s gar nicht.

 

Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Heimatland! (jetzt: Vaterland)
Danach lasst uns alle streben
couragiert mit Herz und Hand! (jetzt: Brüderlich)

 

Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand –
Blüh im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Heimatland! (jetzt: Vaterland!)

 

 

 

Täte gar nicht weh, oder?

 

Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring

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