Ein neues Kapitel in der Männerförderung
Liebe Leserin, lieber Leser,
nach einem harten Kampf konnte bei der Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG) die Geschlechteransprache oder anders ausgedrückt, die Förderung von Männern allein aufgrund einer gelegentlich vorhandenen rein zahlenmäßigen Unterrepräsentanz vermieden werden. Eine Unterrepräsentanz von Männern auf Grund einer strukturellen Benachteiligung, wie sie bei Frauen besteht, gibt es auf Bundesebene nicht.
Die zuständigen Bundestagsausschüsse für Justiz sowie für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben sich im Anhörungsverfahren davon überzeugen lassen. Eine entsprechende Vorratsgesetzgebung hielten sie nicht für wünschenswert oder grundgesetzkonform.
In der Hektik des damals unter Zeitdruck verabschiedeten Gesetzes hat der Gesetzgeber aber versäumt, alle Passagen des Entwurfs entsprechend zu ändern, sodass der Wortlaut des neugefassten BGleiG an einigen wenigen Stellen zweideutig oder widersprüchlich ist. An dieser Stelle, in meinem Blog, habe ich dazu schon einiges geschrieben (siehe Blogs vom 16.3.2015,13.4.2015, 30.1.2017 etc.).
Zwischenzeitlich herrscht aber wohl weitgehend Einigkeit darüber, dass die relevanten Stellen des BGleiG grundgesetzkonform auszulegen sind, also zugunsten von Frauen als dem allein strukturell benachteiligten Geschlecht gelten.
Nun versucht das BMI mit seiner Änderung der AVV zur BLV die rein zahlenmäßige Unterrepräsentanz von Männern ohne deren (nicht vorhandene) strukturelle Benachteiligung in die Verwaltungspraxis einzuführen. Danach sollen zum Beispiel „Boni“, die beim Leistungsvergleich zu Gunsten einer Frau gegenüber einem männlichen Konkurrenten sprechen, nicht unbedingt zur Auswahl der Frau führen, wenn Männer auf der Zielebene zahlenmäßig unterrepräsentiert sind. Hier bezieht sich das BMI auf eine der bei der Neufassung des BGleiG im Entwurf übersehenen Formulierungen in § 8 Abs. 1 Satz 5 BGleiG.
Das BGleiG ist und bleibt ein Gesetz, die BLV nur eine Verordnung und die AVV wiederum eine doch nachrangige Vorschrift. Wir könnten uns nun auf den Standpunkt stellen, zunächst sei einmal das Gesetz verfassungskonform auszulegen und was bedeutet da schon die zu einer Verordnung ergangene Verwaltungsvorschrift.
Diese AVV ist allerdings die „Bibel“ der mit Fragen zum Laufbahnrecht befassten Beamten. Kaum einer hinterfragt, ob das, was dort steht, auch rechtens ist. Sogar Gerichte lassen sich davon beeinflussen. Auf diese Art und Weise wird Männerförderung zum Praxis-Alltag. Dagegen gilt es sich zu wehren.
Auch das BMI ist an Recht und Gesetz gebunden. Vor Erstellen einer AVV ist es daher gehalten, Inhalt, Bedeutung und den gesetzgeberischen Willen zu einer Vorschrift (hier das BGleiG) zu erforschen und auszulegen.
Ich weiß nicht, ob es noch dazu kommt und es zu dem gewünschten Ergebnis führt. Der Interministerielle Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden hat sich jedenfalls schon ausführlich mit der Thematik beschäftigt und wie im Gesetzgebungsverfahren zum BGleiG dazu Stellung genommen.
Zur Not müssen sich aber wieder einmal mutige Frauen finden, die diese AVV einer gerichtlichen Überprüfung zuführen, falls die derzeit vorgesehenen Änderungen Verwaltungspraxis werden.
Ich grüße Sie herzlich
Ihre Kristin Rose-Möhring
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