Feministische Finanzpolitik
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich spreche nicht von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Manuela Schwesig, die ihr zweites Kind gerade erst erwartet, sondern von der schwedischen Finanzministerin, Magdalena Andersson. In Schweden gibt es zwar ein Ministerium für Gleichstellung (Kinder, ältere Menschen und Gleichstellung). Allerdings müssen alle 24 Ministerinnen und Minister dafür sorgen, dass die Perspektive der Geschlechtergleichstellung in ihr Ministerium und in ihre Zuständigkeitsbereiche eingebunden wird. Das gilt also natürlich auch für das Finanzministerium und das ist richtig und wichtig, denn beim Geld werden auch in der Politik die wirklich wichtigen Entscheidungen getroffen. Das ist auch bei uns so. Deshalb spielt die Gleichstellung in Deutschland beim Finanzministerium keine Rolle. Die Behörde steht auch nicht im Ruf, auf dem Gebiet der Gleichstellung besonders fortschrittlich zu denken. Gender Budgeting ist kein Eckpfeiler deutscher Finanzpolitik. Da ist Österreich weiter. Und Schweden erst recht!
In der Gleichstellungsrealität kämpft Schweden mit den gleichen Problemen wie Deutschland. Noch immer verdienen gleich qualifizierte Frauen im Durchschnitt weniger als ihre männlichen Kollegen. Frauen arbeiten öfter in Teilzeit. Frauen nehmen, auch und gerade wegen der ökonomischen Situation öfter und mehr Elternzeit in Anspruch. Die Geschlechterrollen sind noch immer durch Traditionen geprägt.
Die derzeitige schwedische Regierung nennt sich feministisch. Bei uns undenkbar. Dabei bedeutet feministisch aber nicht, dass nunmehr die Frauen anstatt der Männer das Sagen haben, die Rollen also einfach mal getauscht wurden. Im Kabinett sitzen 12 Frauen und 12 Männer. Gleichgestellter geht es kaum.
Die Idee hinter der schwedischen feministischen Finanzpolitik ist dabei, eine Umwelt zu schaffen, in der keine ökonomischen Zwänge prägend auf die Geschlechterrollen wirken. Darauf wollen Steuerpolitik, Subventionspolitik und Gender Budgeting hinwirken. Das scheint bei uns zumindest derzeit noch unmöglich. Wer die Diskussionen um das Betreuungsgeld, die sogenannte Herdprämie, bei der es um die Verfestigung traditioneller familiärer Rollenbilder ging, verfolgt hat, kann sich vielleicht vorstellen, was bei uns los wäre, wenn zum Beispiel die gute alte Splittingtabelle auf dem finanz- und familienpolitischen Prüfstand stände. Dabei scheint doch die Vorstellung, alle Ehepartner/innen in einer Einzelveranlagung die gleichen Rechte und Pflichten aufzuerlegen und ihnen über eine Progressionstabelle die gleichen Vergünstigungen zukommen zu lassen, höchst gerecht und erstrebenswert. Aber solche Gleichstellungsziele traut sich in Deutschland noch niemand anzugehen. Vor so viel Gleichstellung bewahren uns noch unsere konservativen Politiker.
Aber mit einer sozialdemokratischen Ministerin, die früher einmal in der Finanzverwaltung gearbeitet hat, haben wir schon einen ersten Schritt in die schwedische Richtung getan. Jetzt müssen nur noch echte Taten folgen.
Mit feministischen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
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