(Frauen-)Gedenktage 2015 (I)
Liebe Leserin, lieber Leser,
hier einige Beispiele:
-
25 Jahre Währungsunion (1. Juli) im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990,
-
30 Jahre „Ode an die Freude“ von Ludwig van Beethoven als offizielle Hymne der Europäischen Union,
-
70 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges, 70 Jahre UNO und auch 70 Jahre CDU, auch wenn die „alte Tante“ SPD da schon einige Jährchen mehr auf dem Buckel hat1;
-
800 Jahre englische Magna Charta, die Grundlage aller demokratischen Verfassungen und nach der Sprache der englische Exportschlager Nr. 2 (u.a. mit Regelungen wie die, dass Witwen nicht mehr zur Hochzeit gezwungen werden dürfen)2.
Das sind die allgemeinpolitisch wichtigen Ereignisse, die zu Recht erwähnt und gewürdigt werden. Und dann gibt es noch die familien- und die frauenpolitischen Daten, die keinesfalls vergessen werden sollten.
-
Im Jahr 2000 schafften die Niederlande als erstes Land der Welt die Möglichkeit einer ganz normalen, offiziell anerkannten gleichberechtigten Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. 15 Jahre und ein sensationelles Referendum im tiefkonservativ-katholischen Irland später diskutieren wir in Deutschland darüber immer noch.
-
Vor 175 Jahren gründete Friedrich Fröbel 1840 in Bad Blankenburg/Thüringen den ersten Kindergarten. Es ist d e r Exportschlager Deutschlands: Nicht nur die Institution selbst, auch das Wort „kindergarten“ haben anglophone Länder wie Großbritannien und die USA gleich mit übernommen. Der Wert der Einrichtung bei der Frühförderung von Kindern und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie insbesondere für Frauen ist gar nicht mehr wegzudenken.
-
Vor 40 Jahren begann die Serie der UN-Weltfrauenkonferenzen, die vier Mal im 5-Jahres-Rhythmus in Mexiko (1975 – Internationales Jahr der Frau und Beginn der Dekade der Frauen), Kopenhagen (1980), Nairobi (1985) und Peking (1990) stattfanden und vor 25 Jahren zur Verabschiedung eines Forderungskatalogs führte, der so genannten Aktionsplattform, die von 189 Staaten (!) im Konsens (!!) verabschiedet wurde. Im ersten Absatz heißt es u.a.: „Die Aktionsplattform ist ein Programm zur Herbeiführung der Machtgleichstellung der Frau. Ihr Ziel ist es, ... alle Hindernisse zu beseitigen, die der aktiven Teilhabe der Frau an allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens entgegenstehen, indem ihre volle und gleichberechtigte Mitwirkung an den wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Entscheidungsprozessen sichergestellt wird. ... Die Gleichberechtigung von Frau und Mann ist eine Frage der Menschenrechte und eine Vorbedingung für soziale Gerechtigkeit sowie zugleich eine notwendige Grundvoraussetzung für Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden.“3
2015, 20 Jahre nach der letzten WFK, hat UN Women eine Kampagne „Peking+20“ gestartet, um die Umsetzung der Ziele weiter voranzutreiben.
-
Spätestens ab 1975 bestimmte Alice Schwarzer die feministische Szene:
Vor 40 Jahren erschien ihr Buch „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“, das die Machtverteilung zwischen den Geschlechtern anhand von Gesprächen mit Frauen analysierte und die Unterdrückung von Frauen durch Männer unter dem Aspekt der Sexualität in den Mittelpunkt stellte. Die 1970er Jahre waren die Zeit der heißdiskutierten sexuellen Revolution und Befreiung und so löste das Buch große Kontroversen aus. Dies führte u.a. zu der berühmten (unmoderierten) TV-Auseinandersetzung (heute würden wir das reißerisch ein Fernseh-Duell nennen) zwischen Alice Schwarzer und Ester Villar, die mit ihrem Buch „ Der dressierte Mann“ die Gegenmeinung vertrat, nämlich dass Männer durch Frauen unterdrückt würden. Schwarzers These, dass „nicht die Vermännlichung der Frauen“ wünschenswert sei, „sondern die Vermenschlichung der Geschlechter“, gilt sicher immer noch.
- Vor 15 Jahren, 2000, ließ Alice Schwarzer dem o.g. Buch eine Fortsetzung folgen: „Der große Unterschied. Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen“.
- Vor 5 Jahren, 2010, kam es zu einem heftigen medialen Schlagabtausch zwischen ihr und der damaligen Bundesfrauenministerin Dr. Kristina Schröder, nachdem diese in einem Interview mit dem „Spiegel“4 hochkontroverse Thesen zur Gleichstellung zwischen den Geschlechtern, zur Frauenbewegung und zur Jungenpolitik vertreten hatte. Alice Schwarzer und „Emma“-Autorin Chantal Louis sahen ihre eigenen bzw. die Leistungen und Errungenschaften der modernen Frauenbewegung in Frage gestellt und sie antworteten der Ministerin in Offenen Briefen5, die ebenfalls wieder Schlagzeilen machten.
Und dann gibt es noch wichtige Daten zu einzelnen Frauen und ihren Leistungen. Doch dazu in der nächsten Woche.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 1863 gründete sich der Vorläufer; seit 1890, d.h. seit 125 Jahren, nennt sie sich Sozialdemokratische Partei Deutschlands
2 http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/sonntag/magna-carta-fundament-aller-buergerrechte-und-verfassungen/11876256.html
3 http://www.un.org/depts/german/conf/beijing/anh_2.html
4 „Wir müssen selbstbewusster werden“ vom 8.11.2010 – http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-74948227.html
5 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/schwarzers-brief-im-wortlaut-man-weiss-nicht-ob-man-weinen-oder-lachen-soll-a-727976.html
http://www.emma.de/artikel/sehr-geehrte-frau-ministerin-schroeder-265799
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/feminismus-debatte-schwarzer-wirft-ministerin-schroeder-inkompetenz-vor-a-727984.html
|
Folgen Sie uns auch auf Twitter! |

