Frauenzeit?
Liebe Leserin, lieber Leser,
Urlaubszeiten haben für mich den enormen Charme, dass ich noch intensiver und mit mehr Ruhe als sonst Zeitung lesen kann und das dann auch ausgiebig tue. Dabei ist mir im Mai und Juni so einiges aufgefallen und die Bandbreite ist riesig.
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Zum ersten Mal in der 200-jährigen Geschichte der Schwedischen Akademie steht mit Sara Danius eine Frau an der Spitze der Jury für den Literaturnobelpreis.
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Caitlyn Jenner, als Bruce Jenner 1972 Gewinner der olympischen Zehnkampf-Goldmedaille, der Männersportart schlechthin, sorgt für Schlagzeilen oder besser „Schlagfotos“ als Transgender-Frau. Interessant fand ich dabei die Feststellung, dass in einer Männer-dominierten Welt angeblich mehr über Männer berichtet werde, die keine mehr sein wollen sondern eben Frauen, als über Frauen, die sich als Transgender-Mann empfinden - was immer das zu bedeuten hat.
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In Hamburg hat eine 102-jährige Frau ihre Promotion als Ärztin nachgeholt, die ihr die Nazis in den 1930er Jahren verweigerten.
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Am 6. Juni begann die 7. Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Kanada und die deutsche Frauschaft strebt ihren dritten Titel an. Gelingt das, wären zum ersten Mal die deutschen Frauen und die deutschen Männer gleichzeitig Fußballweltmeister/innen. Ob das wichtig ist? Entscheiden Sie selbst!
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In der Formel 1 und anderen Männersportarten wird über den weiteren Einsatz der sogenannten „Gridgirls“ diskutiert. Das sind die jungen Frauen, die nichts zu tun haben, als schön zu sein, irgendein Schild, ein Kuscheltier oder etwas anderes sinnfreies in die Kameras zu halten, zu lächeln und am Ende den Sieger zu küssen.
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In Berlin-Neukölln sorgt eine türkisch-stämmige Juristin für Aufmerksamkeit, weil sie seit ihrer frühen Jugend freiwillig ein Kopftuch trägt, dies als Zeichen ihrer Freiheit und inneren Unabhängigkeit, damit ihre Emanzipation gewertet sehen will, deswegen aber erst nach Einschaltung der Medien eine Stelle als Referendarin erhielt. Erst-Begründung der Ablehnung: Menschen, die den Staat repräsentieren, sollen keine religiösen Symbole tragen. Das finde ich übrigens auch. Wir leben immer noch in einem weltanschaulich neutralen Staat. Dieser Grundsatz muss dann aber natürlich auch für christliche Kreuze als Schmuck oder Dekoration, für jüdische Kippas oder andere äußere Glaubenszeichen gelten - bei allen Repräsentant/inn/en des Staates. Im o.g. Fall ist es nun so, dass die Referendarin „keine hoheitlichen Aufgaben mit Außenwirkung“ wahrnehmen und meist nur Entwürfe fertigen darf. Immerhin insofern ein klare Haltung.
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Die Schauspielerin und Ärztin Maria Furtwängler kritisiert das sexualisierte Bild der Frau in Gesellschaft und Medien. Recht hat sie: Ohne (halb)nackte Frau als Werbung scheint kein Produkt mehr vermarktbar zu sein.
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In den USA wird demnächst wohl eine „Lustpille“, ein „Viagra“ für Frauen auf den Markt zu kommen. Brauchen wir das?
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In der Literaturecke einer Zeitung wurde ein Buch besprochen, in dem sich Feministinnen mit der Frage auseinandersetzen, ob die intensive Befassung mit Genderthemen dem Feminismus nutzt oder doch eher schadet. Interessanter Aspekt, der schon zu Beginn der Gender-Diskussionen aufkam.
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In der Rubrik Kultur berichtete eine Zeitung über die Künstlerin Nezaket Ekici, die sich in einer Performance wie ein Derwisch um die eigene Achse dreht, nachdem es erst seit kurzem auch Frauen erlaubt ist, als Derwisch aufzutreten.
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In längeren Nachrufen wurde der Schauspielerinnen Elisabeth Wiedemann und Edith Hancke gedacht, beide auf ihre Art und als Volksschauspielerinnen ganz Große ihrer Zunft, die sicher unvergessen bleiben werden.
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Auf Seiten wie „Buntes/Vermischtes/Panorama“ wurde über das Thronjubiläum der englischen Queen berichtet, die zudem am 9. September 2015 den Rekord des/der bisher am längsten regierenden britischen Königs/Königin, Queen Victoria (20.6.1837 – 22.1.1901), einstellen wird – 63 Jahre, 7 Monate und 2 Tage – das muss ihr erstmal eine/r nachmachen!
Beim Lesen all dieser Berichte war ich beeindruckt, wie viele herausragende Frauen und bemerkenswerte Frauenthemen es gibt bzw. es in die Nachrichten geschafft haben. Oder muss mir das zu denken geben, weil nur diese vereinzelten Frauen etwas Besonderes sind? Nein, denn über Männer und das, was sie in Politik und Wirtschaft, Kultur und Sport tun, wird auch ständig berichtet. Da ist es also nur gut und richtig, dass Frauen, ihre Leistungen und sie betreffende Themen nun allmählich ähnlich breiten Raum in den Nachrichten einnehmen. Weiterhin also genussvolle Lektüre!
Mit medialen Grüßen
Kristin Rose-Möhring
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