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Fünf Jahre Gleichstellungsblog - wo steht die Gleichstellung?

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Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren bin ich an dieser Stelle mit meinem Gleichstellungsblog „auf Sendung“ gegangen. Erstes Thema war die Forderung „Gleiches Recht für alle Gleichstellungsbeauftragten“, d.h. ein bundeseinheitliches Gleichstellungsgesetz (s. Blog vom 21.9. 2009). Fünf Jahre und 225 Blogs später stellt sich die Frage: Wo stehen wir?

Liebe Leserin, lieber Leser,

zunächst einmal verschwand Gleichstellung als politisches Thema von der Agenda, gefühlte, wenig bewiesene Männerbenachteiligung wurde diskutiert, Männerverbände gründeten sich und meldeten sich zu Wort – manche mit sehr gut nachvollziehbaren Zielen wie mehr Zeit für Familie und Kinder, andere wie die fortschrittsfeindlichen Maskulisten mit Forderungen nach einer Rückkehr in die gute alte Zeit des Patriarchats in einer Heftigkeit, die einen angst und bange werden lässt.

Es folgten heftige Diskussionen über Frauen in Führungspositionen, vor allem in der Wirtschaft. Die Flexiquote als Alternative zu freiwilligen Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft kam und ging ebenso wie der Entwurf eines sogenannten Chancengleichheitsgesetzes für den Bereich Bund mit einer hochheiklen Männerwahlrechtsregelung. Wir konnten zunächst aufatmen; die Schlacht hatten wir erfolgreich geschlagen.

Dann kamen eine Bundestagswahl und ein Koalitionsvertrag, der sich in seinen Aussagen zur Gleichstellung wirklich sehen ließ: „Die Koalition wird im Einflussbereich des Bundes eine gezielte Gleichstellungspolitik vorantreiben, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen und in Gremien zu erhöhen und Entgeltungleichheit abzubauen. Dazu entwickeln wir einen Gleichstellungsindex und führen für die Bundesverwaltung eine proaktive Umsetzung des Bundesgleichstellungsgesetzes und des Bundesgremienbesetzungsgesetzes ein“. Wir Gleichstellungsbeauftragte waren begeistert.

Nun, ein Dreivierteljahr später, sind wir in der Realität angekommen; die Phase der Entzauberung begann rasch. Gut gemeint ist nicht gut gemacht und wo doch, kommen viele andere Interessen dazwischen und es wird verhandelt: Kompromisse werden geschlossen, Abschläge gemacht, gute Absichten ins Gegenteil verkehrt – sei es unter politischem Druck oder aus Unverständnis für die Materie.

Da wird uns wieder einmal klar, was Macht macht. Wir alle – auch und gerade wir Gleichstellungsbeauftragte – arbeiten in politischen Systemen; mal mit, mal ohne direkten, unmittelbaren Einfluss von politischen Parteien. Als Teil dieser Systeme können wir oft nur ohnmächtig zusehen, was Macht aus Menschen und mit uns macht.

Da kann uns Erika Pluhar aus der Seele sprechen, wenn sie in ihrem Buch „Die Wahl“ einen hochrangigen Politiker mit jahrzehntelanger Regierungserfahrung sagen lässt: „Das politische Leben besteht auch für einen halbwegs anständigen Menschen hauptsächlich aus diesen Übungen: Kompromisse zu glaubwürdigen Notwendigkeiten werden zu lassen, unrichtige Entscheidungen als Richtungswechsel zu deklarieren, die Strategie des Machtkampfes in eine ethische Forderung umzuwandeln, und so weiter. Und das Bekenntnis zu einer Partei – wenn überhaupt – ist zum Clubzwang herabgewürdigt worden, dem sich kaum einer entzieht oder entziehen kann, weil sein täglich Brot davon abhängt. Die Partei als Versorgungsanstalt, so sieht es doch für die meisten aus, da nur wenige einem Beruf treu geblieben sind, der sie unabhängig sein lässt. Nur Abhängigkeit, die Vernichtung eigener Vorstellungen und Überzeugungen, um in der Partei überleben zu können, und der gegen alle Scham hingenommene Verlust von Haltung und Würde – so sieht es doch weitgehend bei uns Politikern aus“.

Da können wir als Gleichstellungsbeauftragte froh sein, mit der Unabhängigkeit unserer Weisungsfreiheit handeln zu können. Ob es uns etwas nützt? Wir werden sehen.

Mit unabhängigen Grüßen

Ihre Kristin Rose-Möhring
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* Erika Pluhar „Die Wahl“, Hamburg, 2013, S. 236

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