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„Gänderungen“

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Dass sich der vorherrschende männliche Sprachgebrauch ändern muss, wissen wir Frauenbewegte alle. Gleichstellungsbeauftragte haben zudem nach dem Bundesgleichstellungsgesetz in ihrer Controlling-Funktion die Aufgabe, auf die Umsetzung des § 1 (2) zu achten: „Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr.“

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

so weit, so bekannt und so gleichermaßen frustrierend; rennen wir doch – egal ob als Gleichstellungsbeauftragte oder „nur“ gleichstellungsbewegt – im Sprachalltag permanent vor die Wand verbaler männlicher „Besitzstände“. Es soll sogar Behörden geben, die ihrer Gleichstellungsbeauftragten einen voll gegenderten Text zur Zustimmung vorlegen, um ihn dann in männliches Amtsdeutsch zurück zu verwandeln, bevor er ins Intranet eingestellt wird. Das sind schon die höheren Weihen des Verbalchauvinismus.

Es spricht allen Aussagen Hohn, „gendern würde zu viel Zeit kosten“, was immer wieder gerne mit dem abschließenden Satz garniert wird: „ und wenn Sie sonst keine Probleme haben…“. Standardantwortreflex muss sein: „Nein, haben wir nicht! Wer Frauen sprachlich vergisst, übersieht sie auch sonst.“ Klar? Klar!

Drehen wir also den Spieß um und finden eigene „Feminismen“. Wir müssen nicht gleich so weit gehen, wie Gerburg Jahnke und Stephanie Überall, einst das geniale Kabarettistinnen-Duo „Missfits“. Sie erfanden ein „Feminispräch"*, bei dem u.a. jedes „er“ durch „sie“ ersetzt wird. Da wird z.B. aus „Liebhaber“ mit „Liebhabsie“ fast schon ein Befehl. Das hat doch was!

Fangen wir kleiner an. Viele Redewendungen sind männlich formuliert wie z.B. „Wo kein Kläger, da kein Richter“. Was spricht in emanzipierten Zeiten gegen: „Wo keine Klägerin, da keine Richterin“? Dreimal geübt und der Satz flutscht. Aus „Otto Normalverbraucher“ wird „Ottilie Normalverbraucherin“ und statt des ständigen Spruchs „Gott sei Dank“ formulieren wir „Göttin sei Dank“ (Sie kennen ja sicher den Witz, wie der erste US-amerikanische Astronaut nach Rückkehr aus dem Weltraum gefragt wurde, ob er Gott im All begegnet sei. „Yes“, antwortete er, „she’s black“). Passt also und überhaupt: Was Hannchen nicht lernt, lernt Hanna nimmermehr.

Durch diese „Gänderungen“ (gegenderte Änderungen) schaffen Sie Überraschungseffekte. Erst wird gestutzt und kurz gelacht, aber wenn Sie Glück haben, bleibt beim Zuhörer was hängen. Das ist wie bei der GB-Kollegin, die sich immer mal wieder einen Button mit dem Spruch von John Wayne ansteckt: „Das Gesetz bin ich“. Auch ich bin gleich in die Falle getappt: „Ausgerechnet John Wayne, dieser Rechtsaußen, Chauvi und Waffennarr“, so meine Vorhaltungen. „Alles richtig“, meinte die Kollegin entspannt, „aber ins Gespräch über Gleichstellung und das BGleiG komme ich so mit jedem“. Recht hat sie.

Auf in die Offensive – sprachlich und auch sonst.

Herzlich,

Ihre Kristin Rose-Möhring


* http://www.missfits-fanseite.wilmarenz.de/infos/figuren/feminispraech.htm

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