Gefordert: Bundesgleichstellungsplan
Liebe Leserin, lieber Leser,
in unseren Dienststellen sind wir Gleichstellungsbeauftragte in dieser Richtung seit Jahren emsig und fleißig tätig, machen Vorschläge, starten Initiativen oder legen Einsprüche gegen immer wieder neue Entscheidungen zu Gunsten von Männern, d.h. zu Ungunsten von Frauen ein. Vor allem die Frauen in Führungspositionen fehlen im Bereich des Bundes trotz Absichtserklärung im Koalitionsvertrag von Oktober 2009 weiterhin an allen Ecken und Enden (s. Blogbeitrag „Koalitionsvertrag und Realität“ vom 23.4.2012).
Dass die einzelnen Gleichstellungspläne oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen, wissen alle Gleichstellungsbeauftragte aus leidvollem Alltag. Die obersten Entscheider weichen spätestens dann von den festgeschriebenen Zielen ab, wenn es um tatsächlich oder vermeintlich hohe, d.h. politische Funktionen geht.
BGleiG-konforme Beteiligung vorausgesetzt, sind die Aktionsmöglichkeiten der Gleichstellungsbeauftragten nach einem ggf. negativen Votum oder einem Einspruch am Ende. Das wird auch so bleiben, solange der Gleichstellungsplan sanktionslos ignoriert werden darf. Die aktuelle Rechtsprechung tut ein Übriges, den Grundsatz der gleichen Qualifikation auszuhebeln und Frauenförderung gem. § 8 BGleiG ad absurdum zu führen (siehe Blogbeitrag „Die Rechtsprechung will keine konsequente Frauenförderung“ vom 2.1.2012).
Frauenförderung, d.h. Gleichstellung von Frauen mit Männern – das haben wir nun gelernt – funktioniert nur als Top-down-Ansatz, d.h. von oben nach unten nach dem Grundsatz der schwäbischen Hausfrau „Die Treppe wird von oben gekehrt“. Die Verantwortlichen auf der obersten Ebene müssen Gleichstellung wollen, sonst kämpfen wir Gleichstellungsbeauftragte noch Jahre auf verlorenem Posten.
Die oberste Ebene im Bereich des Bundes ist die Bundesregierung. Nur sie kann beschließen, dass Gleichstellung gezielt und in überschaubarer Zeit erreicht wird. Und wie kann das gehen? Nichts einfacher als das - über einen Kabinettbeschluss!
Und es hat auch schon funktioniert: Bei der Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im August 2008 fasste das Bundeskabinett auf Initiative der damaligen Bundesfrauen- und -familienministerin und nach Anstoß durch den Interministeriellen Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden den Beschluss, dass sich alle obersten Bundesbehörden auditieren lassen.
Nicht einmal zwei Jahre später, am 12. Juni 2010 meldete die gemeinnützige Hertie-Stiftung, dass nunmehr alle obersten Bundesbehörden auditiert seien, d.h. das Zertifikat berufundfamilie1 bekommen hätten.
Dieser Weg ist auch in Sachen Gleichstellung denkbar: Das Bundeskabinett beschließt in einer Art Bundesgleichstellungsplan, dass nach den Kriterien des Bundesgleichstellungsgesetzes alle Führungspositionen mit Frauen besetzt werden, solange auf den jeweiligen Ebenen – bei den beamteten Staatssekretär/inn/en, Abteilungs-, Unterabteilungs-, Stabs- und Referatsleitungen, bei den Leitungen nachgeordneter Behörden sowie in Gremien im Einflussbereich des Bundes – noch eine Unterrepräsentanz von Frauen besteht.
Und dann geht es voran, denn eine Studie hat jüngst belegt, dass Führungsfrauen nicht wie ständig behauptet „stutenbissig“ oder „zickig“ zu anderen Frauen sind – Stichwort „Bienenkönigin-Syndrom“, d.h. Wegstechen der Konkurrentin – sondern dass sie „mit höherer Wahrscheinlichkeit als Männer … ihre Geschlechtsgenossinnen“ fördern2.
Also: Wo ein Wille, da auch ein Gleichstellungsweg. Ausreden zählen nicht mehr.
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 Siehe Pressemitteilung unter http://www.beruf-und-familie.de/index.php?c=37&sid=&cms_det=747
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