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Gender Gap

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„Was halten Sie als Gleichstellungsbeauftragte vom Gender Gap?“ wurde ich kürzlich gefragt. Also, was hält frau davon? Pay Gap, Pension Gap – immer gibt es Lücken zu Ungunsten von Frauen, d.h. weniger Geld, Einschränkungen, gar Armut jetzt und/oder im Alter. Nichts hält eine Gleichstellungsbeauftragte natürlich davon.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich war jedoch auf dem Holzweg. Wir sind hier beim Thema geschlechtergerechte Sprache und die Fragestellerin wollte wissen, wie der öffentliche Dienst, die Bundesverwaltung oder wir Gleichstellungsbeauftragte mit der neuen Schreibweise der „Gendersprache“ umgehen: z.B. Bürger_innen, Lehrer_innen etc.

Ich war verblüfft und zunächst nicht so recht begeistert. Wir kennen alle die verschiedenen Möglichkeiten vom großen „Binnen-I“ bis zu den endlosen Doppelungen wie bei „Kolleginnen und Kollegen“.

Das große Binnen-I stirbt nach meiner Wahrnehmung einen sprachlichen Tod. Frau sieht es nur noch selten und es stört oft die Optik, obwohl die Anwendung ökonomisch ist, weil sie nur wenige Extra-Clicks erfordert. Allerdings galt es von Anfang an im offiziellen Schriftwechsel als verboten. Vermutlich war es zu feministisch-aufdringlich. Und wir sollen ja nett und leise daherkommen.

Es gibt eine Menge Vorschläge und Anleitungen zum „Gendern“, aber viele halten dem Alltagstest nicht stand. Als Gleichstellungsbeauftragte einer obersten Bundesbehörde und als Vorsitzende des Interministeriellen Arbeitskreises der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden bin ich – klar - dazu übergegangen, wo immer möglich gegenderte Begriffe zu wählen wie „Beschäftigte“ statt „Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“.

Als weitere Variante wähle ich den Schrägstrich wie in „Kolleg/inn/en“, da sie schreibtechnisch ökonomisch ist und auch den Lesefluss nicht stört. Nicht doll finde ich die Klammer-Variante wie „die Beamt(inn)en“, die zwar nicht viel anders aussieht, aber Frauen ein- bzw. ausklammert – buchstäblich und damit auch im übertragenen Sinne.

Beim Sprechen nehme ich die gegenderte Begriffe oder Doppelformulierungen oder spreche, wenn Humor passend ist und/oder in dem angesprochenen Bereich das zahlenmäßige Übergewicht bei Männern liegt, z.B. von „Informatikern, respektive –innen“. Das macht den Punkt deutlich. Sprache macht Meinung.

Absolut inakzeptabel sind natürlich Formulierungsvorbehalte wie „In diesem Text werden zur leichteren Lesbarkeit nur männliche Begriffe verwendet; Frauen sind selbstverständlich mitgemeint“ – ein Unding. Wer nicht genannt wird, wird vergessen und so müssen sich alle die Mühe des Genderns wohl oder übel machen. Im Bundesdienst ohnehin, denn hier gilt § 1 (2) Bundesgleichstellungsgesetz.

In solchen Fällen schreibe ich die verantwortlichen Personen oder Stellen an und schlage vor, den gleichen Sprachvorbehalt in der weiblichen Variante zu wählen. Dann wachen viele auf. „Unmööööglich“ – tönen sie. Es wächst nach meiner Wahrnehmung der Unmut über die „weibliche Arroganz, überall mit genannt werden zu wollen.

Und nun eine neue Schreibidee. Was ich davon halte? „Gender Gap“ ist als Begriff missverständlich, aber es ist zumindest eine neue Variante und schafft so vielleicht noch einmal Aufmerksamkeit. „So könnten wir“ - sagt eine Expertin - “dem alten Thema geschlechtergerechter Sprache, das häufig von Gegnern der Lächerlichkeit preisgegeben wurde, auf intelligente Art mit Humor begegnen.“

Herzlich,

Ihre Kristin Rose-Möhring 

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