Gleichstellung am Ende der Legislatur
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Aspekt der Qualifikation, d. h. der Bevorzugung von Frauen nur bei gleicher Qualifikation und Unterrepräsentanz auf der Einstellungs- oder Beförderungsebene ist völlig aus dem Blickfeld geraten. Eine neue Diskriminierungswelle und damit eine verallgemeinernde Rufschädigung hochqualifizierter Frauen sind damit über uns geschwappt. Das ist ärgerlich und bedarf dringend einer Korrektur von offizieller Seite.
Die tatsächlichen Gleichstellungserfolge halten sich in Grenzen. Auf der Soll-Seite stehen eine Stagnation bei der engagierten Umsetzung des Bundesgleichstellungsgesetzes und der gesetzeskonformen Beteiligung von Gleichstellungsbeauftragten durch die Dienststellen sowie zwei Berichte – der Zweite Erfahrungsbericht zum BGleiG und der Fünfte Gremienbericht zur Umsetzung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes. Beide wurden mit großem Aufwand erstellt und im Dezember 2010 dem Deutschen Bundestag zugeleitet. Beraten wurden sie bisher nicht und die Chancen stehen schlecht, dass dies noch bis Juli geschieht, wenn die Abgeordneten sich in Sommerpause und Wahlkampf verabschieden.
Auf der Haben-Seite stehen zum einen sechs beamtete Staatssekretärinnen in den obersten Bundesbehörden (immerhin genauso viele wie in den 60 Jahren davor zusammen), zum anderen - und das ist viel wichtiger - die Verhinderung des sogenannten Chancengleichheitsgesetzes CGleiG, das das Bundesgleichstellungsgesetz ablösen sollte. Aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten hätte es erhebliche Rückschritte gebracht. Und zum dritten der Ausbau derKinderbetreuung.
Während in fast allen Bundesbehörden bei Frauen in Führungspositionen noch eine enorme Unterrepräsentanz besteht und die Anstrengungen, dies zu ändern, eher übersichtlich sind, beschäftigen sich viele Dienststellen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Organisiert wird Kinderbetreuung bzw. Kindertagespflege z.B. in den obersten Bundesbehörden in vielerlei Formen: durch selbst betriebene Kitas, als Inhouse-Angebote oder mittels Belegungsrechten in Kitas anderer Dienststellen bzw. externer Dienstleistungsorganisationen. Aber immer noch gibt es viele Bundesbehörden, die sich nicht trauen, hier aktiv zu werden, obwohl die Politik Unternehmen der Privatwirtschaft nachdrücklich nahelegt, arbeitsplatznahe Betreuungsangebote zu machen1.
Von den 23 obersten Bundesbehörden bieten 17 ihren Beschäftigten vereinbarkeitsfördernde Kinderbetreuung an. Das ist sehr gut, aber es bedurfte eines Kabinettbeschlusses zur Auditierung der obersten Bundesbehörden zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie (August 2008) - vom Interministeriellen Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden initiiert und vorangetriebenen.
Wenn jedoch der Bund ein sogenanntes „Best practice“-Beispiel sein will, sind auch hier wie bei den Frauen in Führungspositionen weitere Anstrengungen erforderlich. Wir setzen daher auf die kommende 18. Legislaturperiode, denn wie wir alle wissen: Die Hoffnung stirbt zuletzt
Herzlich
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 „Eltern wünschen sich seitens des Arbeitgebers eine Entlastung durch flexible Arbeitszeiten einerseits und durch eine betriebliche Unterstützung bei der Kinderbetreuung andererseits“, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. „Zwei Drittel der Mütter sagen, ihr Betrieb sollte eine eigene Kinderbetreuung für die Mitarbeiter anbieten. Die Unternehmen in Deutschland sollten diesen Wunsch ernster nehmen und verstärkt auf firmeneigene Betreuungsmöglichkeiten setzen. … Wir starten zur Unterstützung von Unternehmen ab Oktober das Förderprogramm 'Betriebliche Kinderbetreuung', um Firmen, insbesondere aus dem Mittelstand, bei der Einrichtung betrieblicher Betreuungsplätze zu helfen, so Kristina Schröder“ am 24.9.2012. http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/kinder-und-jugend,did=190010.html
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