Gleichstellungsbeauftragte in der Schublade: sozial, betroffen, krawallig1
Liebe Leserin, lieber Leser,
mir sind solche Rollenunsicherheiten - zumindest von Seiten der Gleichstellungsbeauftragten -nicht bekannt. Sie kennen ihre Rechte, wissen, dass sie keine Interessenvertretung sind, sondern Sachwalterinnen der im BGleiG festgelegten Ziele4, und dass sie unverzüglich und umfassend zu beteiligen sind und zwar an allen personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen.
Mein Eindruck ist, dass eher die Dienststellen und ihre jeweilige Leitungen unsicher sind, wobei auch das z.T. noch beschönigend ausgedrückt ist. Behörden sind Machtapparate, noch dazu Jura-lastige Machtapparate, in denen ein Heer von Verwaltungsjuristen und –wissenschaftlern arbeiten. Und wenn diese etwas kennen, dann sind es ihre Rechte oder das was sie dafür halten! Zwar gilt immer noch das Prinzip „zwei Juristen - drei Meinungen“, aber wenn es darum geht, sich die eigenen Rechte nicht beschneiden zu lassen, sind sie sich meist einig. Was ist dagegen schon ein Bundesgleichstellungsgesetz?
Dessen Inkrafttreten kam 2001 für viele Dienststellen wie ein Schock. Nun mussten Rechte und Informationen geteilt werden. Und das nicht nur mit dem Personalrat, sondern auch noch - vorher - mit der Gleichstellungsbeauftragten - einer Frau! Das tat weh und dieser Schmerz ist immer noch spürbar. Die Abwehrreaktionen könnten nicht deutlicher sein.
Eine Gleichstellungsbeauftragte, die eher friedlich ist und „weibliche“ Fähigkeiten auslebt, wird daher gerne gesehen. Am liebsten eine, die sich um soziale Dinge kümmert wie Weihnachtsfeiern, Familientage, Betriebsausflüge, Sozialkompetenzfortbildungen oder vielleicht auch noch Kinderbetreuungseinrichtungen. Aber alles immer schön freundlich bittend, nie fordernd und vor allem nicht nachdrücklich oder gar laut.
Verwaltungen sehen die Gleichstellungsbeauftragte am liebsten im Spannungsbogen zwischen „Betroffenheitstorte“ und Sozialtante. Weibliche Tränen – ab zur Gleichstellungsbeauftragten. „Verzickter“ Protest – gehen Sie mal zur Empörungsbeauftragten – „viel machen kann die eh nicht, aber es beruhigt“.
Eine Betriebsziege - „sie meckert immer“ - sollte die Gleichstellungsbeauftragte in den Augen der Verantwortlichen in den Dienststellen ebenso wenig sein wie ein wandelndes Bundesgleichstellungsgesetz, die immer gleich die Paragraphen oder „ihre“ Rechte parat hat. Denn: Wer wird das denn immer gleich so eng sehen, nur weil man mal vergessen hat, eine Information rüberwachsen zu lassen? Da muss frau doch nicht gleich so pingelig sein!!
Diese „Krawallschachteln“ oder gar „Flintenweiber “5 werden schnell stigmatisiert und der hausöffentlichen Lächerlichkeit preisgegeben. Dass ein Dienststellenleiter mal rumproletet, unfeine bis fäkalsprachliche Ausdrücke verwendet, Beschäftigte öffentlich lächerlich macht oder sich selbst als Alpha-Männchen giriert – egal. Das steht IHM zu, er steht eben unter Druck und muss viel aushalten. Dafür hat MANN - gelegentlich auch frau – Verständnis – leider!
Eine Gleichstellungsbeauftragte aber soll die Quadratur des Kreises vollbringen – erfolgreich und lieb, durchsetzungsstark und freundlich, tough und feminin oder zumindest geschlechtslos. Das aber wäre übermenschlich und wer will das schon?
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 Nichtzutreffendes bitte streichen!
2 BT-Drucks. 17/4307 S. 102, 1. Spiegelpunkt, Nr. c
3 a.a.O. S.103
4 Urteil des BVerwG 6 A 1.06 vom 27.6.2007; Rn 36
5 Für das Wort »Flintenweib« gibt es viele verschiedene Erklärungen. Angeblich waren es zunächst die Frauen, die den Soldaten die Flinten geladen und dann selbst zur Waffe gegriffen haben. Trafen Sie besser als die Männer, waren sie in deren Runden nicht gerne gesehen. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Begriff auf deutscher Seite eine gebräuchliche feindliche Bezeichnung für die sowjetische Soldatin. Der Duden bezeichnet das Wort als „salopp abwertend“ für eine Frau, die eine Feuerwaffe trägt oder eine Frau, deren kompromissloses Auftreten und deren [übersteigertes] Selbstbewusstsein als unangenehm empfunden werden (duden-online).
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