Humor (I)
Liebe Leserin, lieber Leser,
in dem o.g. Interview bestätigte Sissi Perlinger 2014 auf die Frage, ob es so etwas wie einen weiblichen Humor gebe: „Ja, wenn man nicht auf andere zeigt, sondern über sich selbst lacht. Uns Frauen hat man den Humor ja Jahrtausende lang ausgetrieben. Wenn Frauen auch heute unter sich sind, sind sie wahnsinnig komisch. Da wird nur gelacht. Sobald ein Mann den Raum betritt, nehmen wir uns zurück, werden brav“ – wobei sie sich selbst ausdrücklich ausnahm.
Allen gegenteiligen Behauptungen zum Trotz: Frauen waren und sind in allen „Humor-Sparten“ erfolgreich – Komödie, Kabarett und das, was heute Comedy genannt wird und früher Klamauk, (Film)Spaß oder einfach „nette Unterhaltung ohne Anspruch“ war („never mind the Tiefgang“ wie eine frühere Kollegin immer sagte). Man/frau muss nur richtig hingucken und all diese tollen Frauen auch sehen wollen,
Das erinnert mich an ein Interview mit dem Kabarettisten Volker Pispers, der vor Jahren einmal gefragt wurde, ob es angesichts der Comedy-Flut überhaupt noch politisches Kabarett gebe. Als er einige wichtige Vertreter seiner Zunft aufzählte, war die Antwort „okay, aber sonst??“. Er nannte weitere bekannte politische Kabarettisten und bekam erneut die gleiche Reaktion „ja, schon, aber sonst?“
So ist es auch mit komischen, witzigen und/oder Kabarett-versierten Frauen. Sie sind da - schon Jahrzehnte erfolgreich und zahlreich; die Liste ist lang.
Fangen wir mit den Komödiantinnen an: Die schon sehr viel älteren unter uns erinnern sich vielleicht an Frauen wie die große Adele Sandrock, deren Filme aus den 1930er Jahren bereits als Klassiker galten, als wir noch klein waren. Sie spielte im Alter mit viel Pathos, Verve und tiefer Stimme die komische Alte oder die starrköpfige Familientyrannin.
Unnachahmlich in den 1940/50er Jahren bis hinein in die Sechziger auch Grete Weiser, die meist die kesse Berlinerin mit dem Herzen auf dem rechten Fleck gab, die sich nie die Butter vom Brot nehmen ließ.
Claire Waldorf und Hanne Wieder sind aus unterschiedlichen Epochen weitere berühmte Namen sowie – unnachahmlich - Trude Herr. Sie war in den 1960er bis Anfang der 1980er Jahren Komödiantin und Kölner Urgestein par excellence, aber auch Sängerin, Schauspielerin und Theaterdirektorin, Kabarettistin und berühmte Büttenrednerin im Kölner Karneval – allen Rheinländer/inne/n fest ans Herz gewachsen und unvergessen schon allein durch ihr Lied „Niemals geht man so ganz. Irgendwas von mir bleibt hier, es hat seinen Platz immer bei dir“.
Im politischen Kabarett setzte vor allem die in der Presse als „Grande Dame des deutschen Kabaretts“ gefeierte, vor gut 20 Jahren 1994 verstorbene Lore Lorentz Maßstäbe, als sie zusammen mit ihrem Mann Kay 1947 in Düsseldorf das erste deutsche Nachkriegskabarett Das Kom(m)ödchen eröffnete. Sie galt als eine der bedeutendsten Figuren des politisch-literarischen Kabaretts, war bis 1993 aktiv und wurde auch als „Primaballerina assoluta der politischen Satire“ bezeichnet.
In den 1950/60er Jahren gehörten Ursula Herking und Ursula Noack zum Ensemble der Münchner Lach- und Schießgesellschaft.
Diese komischen und kabarettistischen Schwestern von gestern der ersten und zweiten Generation waren die Vorhut. Sie zeigten jede Menge Witz, Esprit, Spielfreude, Humor, Selbstironie und auch politisch klare Kante. Sie straften alle Vorurteile über humorlose Frauen lügen und waren vor allem die Vorbilder, an denen sich viele spätere Komödiantinnen, Komikerinnen und Kabarettistinnen orientieren konnten. Darüber nächste Woche mehr.
Mit humorvollen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
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