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Humor (II)

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Die Zukunft der Komik ist weiblich“, sagt der Kabarettist Eckart von Hirschhausen und beschreibt damit eine Entwicklung, die sich allen Negativzuschreibungen über weiblichen Humor zum Trotz seit langem zeigt; siehe Blog „Humor (I)“ vom 19.1.2015.

Liebe Leserin, lieber Leser,

während das politische Kabarett in den 1960er Jahren auf seinem Höhepunkt war und Sendungen wie „Schimpf vor 12“ der Münchner „Lach- und Schießgesellschaft“ zum Standard-TV-Programm am Silvesterabend gehörten, entwickelte sich ein neuer Trend vor allem im Fernsehen: die Komik. Die meist sehr unterschätzten Frauen unter ihnen wurden gerne als „Ulknudeln“ bezeichnet. Eine der ersten war Gisela Schlüter, die wegen ihrer enormen Sprechgeschwindigkeit (angeblich bis zu sagenhafte 482 Silben pro Minute) auch „Lady Schnatterly“ genannt wurde.

Ihr folgten grandiose Frauen wie Helga Feddersen und Elisabeth Wiedemann (z.B. „Ein Herz und eine Seele“), Elisabeth Volkmann und Ingrid Steeger (z.B. „Klimbim“), Iris Berben und Beatrice Richter („Sketchup“), Grit Böttcher und Barbara Schöne (z.B. „Ein verrücktes Paar“) oder Rotraud Schindler („Nonstop Nonsens“)

Gerne wurden sie als dummes Blondchen und/oder als Stichwortgeberinnen für die Gags und Pointen männlicher Stars besetzt und dabei wurde oft übersehen, dass sie eigene große Talente hatten wie perfektes Timing, Witz, Selbstironie oder den Mut zur Hässlichkeit – und dazu natürlich auch gute Schauspielerinnen waren und sind. Rotraud Schindler z.B. war auch Mitbegründerin des Kabaretts Die Wühlmäuse; Schauspielerinnen wie Iris Berben und Gisela Schneeberger schafften später den Wechsel in das sogenannte Charakterfach; andere wie Ingrid Steeger litten ihre Karriere lang unter dem einmal erworbenen „Dummchen“-Image wie ja z.B. auch in den USA Marilyn Monroe.

Frauen sollen ja niedlich sein, nett aussehen, ruhig auch ein bisschen komisch sein. Sexy ist irgendwie Pflicht, aber dann bitte keine eigenen Gedanken. Dann geht sexy nämlich gar nicht, das schließt sich aus. Ja, von wegen!“ kommentierte Elke Heidenreich weiblichen Humor in ihrer Laudatio anlässlich der Verleihung des Prix Pantheon an Maren Kroymann am 16.4.2014.

Eine der ganz wenigen, die es zu hoher Anerkennung für ihre eigene Leistung gebracht haben, war Evelyn Hammann. Zwar begann auch sie als Stichwortgeberin für Loriot alias Vicco von Bülow, aber ihr Talent, ihr Timing und vor allem ihre komödiantische Schauspielkunst gepaart mit ihrem hanseatisch-ernsten Anspruch an eigene Perfektion brachten ihr höchstes Lob und viele Preise ein. „Die Inszenierung von Humor erfordert Strenge, Kunstfertigkeit und Disziplin“, sagte sie.

Vermutlich ist das wahr und Komödiantinnen und weibliche Comedians können das bestätigen wie Anke Engelke, Hella von Sinnen, Sissy Perlinger, Gayle Tufts, Anka Zink, Margie Kinski, Marlene Jaschke alias Jutta Wübbe, früher Else Stratmann alias Elke Heidenreich, Monika Gruber, Carolin Kebekus, Nessi Tausendschön, Tina Teubner, Mirja Boes, Cordula Stratmann, Popette Betancourt, bis 2005 Queen Bee alias Edda Schnittgard und Ina Müller, Maren Kroymann oder die Missfits alias Stephanie Überall und Gerburg Jahnke – das geniale Duo, das fast 20 Jahre erfolgreiches und wegweisendes Frauen-Kabarett machte und sich leider 2005 trennte.

Gerburg Jahnke allerdings blieb – Göttin sei Dank – auf Sendung und hat mit „Ladies‘ Night“ ein TV-Format für weiblichen Humor entwickelt, das Nachwuchstalente fördert und komischen Frauen eine eigene Bühne gibt: „Dass man Frauen überhaupt eine Grundkomik zugesteht, ist schon ein Erfolg“, sagte sie in der NDR-Sendung „Frauen machen Spaß“ am 27.4.2013.

Gerburg Jahnke und Maren Kroymann gehören eher zur Humor-Königsdisziplin: dem Kabarett, vor allem dem politischen Kabarett. Hier sind Frauen in der Tat etwas übersichtlicher vertreten, was Lisa Fitz, eine der knallharten Frontfrauen dieses Genres - bereits seit 30 Jahren im Geschäft und ständig „on tour“ - so analysiert: „Ich glaube, dass der Mann es nicht verkraftet, wenn die Frau ihm die Welt erklärt“.

Maren Kroymann war die erste Frau überhaupt mit eigener TV-Sendung in Sachen Kabarett – so Elke Heidenreich in der o.g. Laudatio – und zwar von 1993 bis 1997 als Nachtschwester Kroymann: „Du warst die erste Frau mit einer komischen Sendung im Fernsehen, und es war gar nicht so leicht für Frauen, als komische Figur die Zuschauer zu erobern“.

Eine solche „Eisbrecherin“ war und ist auch Luise Kinseher, die 2010 als erste Frau beim Singspiel des traditionellen Starkbieranstichs auf dem Nockherberg die Rolle der (Mama) Bavaria spielte. Seit 2011 hält sie in dieser Rolle als erste Frau überhaupt beim sogenannten „Politiker-Derblecken“ die „Fastenpredigt“ – eine Aufgabe, die seit Beginn 1891 traditionell nur Männern anvertraut worden war: Als „Bruder Barnabas“ in Mönchskutte hielten sie den bayerischen Politiker/inne/n humorig-ironisch, bisweilen auch satirisch-zynisch den Spiegel vor. Luise Kinseher setzt diese Tradition liebevoll-witzig und sehr politisch fort.

Die vielen genannten Frauen sind gute Beispiele für weiblichen Humor und weiblichen Witz – lassen Sie sich also nichts einreden und lachen Sie weiter!

Da ich in den alten Bundesländern aufgewachsen bin, kenne ich nur wenige Beispiele aus der ehemaligen DDR wie Hannelore Kaub, die zwischen 1960 und 1990 im Kabarett Bügelbrett aktiv war und die ich nach der Wiedervereinigung noch selbst erlebt habe. Oder die früh verstorbene Helga Hahnemann, nach der der Preis „Goldene Henne“ benannt ist. Gleichstellungsinteressierte aus dem Osten der Republik kennen sicher weitere Kabarettistinnen und Komödiantinnen und haben ebenfalls gute Erfahrungen mit weiblichem Humor gemacht.

Daher: Wir lassen uns unseren Humor nicht ausreden: Wir haben ihn, auch wenn uns das Lachen manchmal vergeht, aber das sind dann andere Geschichten.

Viel Spaß also weiterhin und denken Sie an Eckart von Hirschhausen - siehe oben!

Ihre Kristin Rose-Möhring

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