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Keine Klagevoraussetzung mehr: Der außergerichtliche Einigungsversuch nach § 34 BGleiG

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Wenn Sie in der Praxis mit Gleichstellung im Bereich des Bundesgleichstellungsgesetzes zu tun haben, kennen Sie natürlich die Vorschrift des früheren BGleiG in § 22 Abs. 1, wonach die Gleichstellungsbeauftragte bei erfolglosem Einspruch das Verwaltungsgericht nur anrufen konnte, wenn ein nochmaliger Versuch, zu einer außergerichtlichen Lösung zu kommen, gescheitert war. Wenn Sie nun im neuen BGleiG den § 34 Abs. 1 lesen, könnte der Eindruck entstehen, daran habe sich nichts geändert.

Liebe Leserin und lieber Leser,

das ist nicht so! Ein erfolgloser, also gescheiterter außergerichtlicher Einigungsversuch ist nicht mehr formale Klagevoraussetzung für den Gang zum Verwaltungsgericht. Zwar vermitteln die „wesentlichen Erläuterungen“ in der aktuellen Informationsbroschüre des BMFSFJ1, diesen Eindruck sogar verstärkt, was aber vor allem daran liegt, dass die Reihenfolge der gesetzlichen Formulierung – erst Klagerecht und dann in einem neuen Satz die Verpflichtung zum Einigungsversuch – umgedreht und damit eine notwendige Reihenfolge suggeriert wird.

Die „wesentlichen Erläuterungen“ speisen sich, wie auf Seite 35 der Broschüre angegeben, aus der Amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BT-Drs. 18/3784 vom Januar 2015. Ein ganz wichtiger Satz aus dieser Begründung fehlt aber in diesen Erläuterungen: „Dieses Recht [Klage] steht ihr [der Gleichstellungsbeauftragten] unabhängig davon zu, ob zuvor ein nochmaliger außergerichtlicher Einigungsversuch unternommen wurde oder nicht.2

Die Formulierung in Satz 2 des § 34 Abs. 1 BGleiG n.F. „Zuvor hat die Gleichstellungsbeauftragte oder die Dienststelle einen nochmaligen außergerichtlichen Einigungsversuch zu unternehmen“ hat mich zunächst irritiert. Sowohl der Gesetzestext als auch die Amtliche Begründung entbehren hinsichtlich der Bedeutung und rechtlichen Einordnung von Klage und außergerichtlichem Einigungsversuch einer stringenten gesetzestechnischen Logik.

Es bleibt aber dabei: Satz 1 des § 34 BGleiG gibt der Gleichstellungsbeauftragten das Recht zur Klage nach erfolglosem Einspruch. Und nach dem oben zitierten Satz aus der Amtlichen Begründung hat der Gesetzgeber genau das gewollt. Unterstützt wird diese Ansicht auch durch die Einleitung zur zitierten Begründung, in der es heißt, dass das Klagerecht der Gleichstellungsbeauftragten aus § 34 gestärkt werde, um die wichtige Kontrollfunktion der Gleichstellungsbeauftragten zu untermauern.

Damit dürfte klargestellt sein, dass der Gesetzgeber sich von der Vorstellung eines von der Gleichstellungsbeauftragten initiierten außergerichtlichen Einigungsversuchs als formale Klagevoraussetzung verabschiedet hat, wohl wissend, dass dies zu einer verstärkten und zeitnäheren Nachprüfung der rechtmäßigen und umfassenden Beteiligung durch die Gerichte führen kann.

Auf den im Zusammenhang damit geregelten außergerichtlichen Einigungsversuch und seine rechtliche Einordnung werde ich in einem weiteren Blogbeitrag eingehen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Kristin Rose-Möhring


1Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend „Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes“ 10. Auflage, Stand Mai 2015, S. 64
2 BT-Drs. 18/3784 S. 113 zu § 34 (Gerichtliches Verfahren) Abs. 2 S. 3)
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