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„Klageweib“ Gleichstellungsbeauftragte

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Die Feststellungsklage einer Gleichstellungsbeauftragten ist unter anderem statthaft, wenn die Gleichstellungsbeauftragte die Anrufung des Gerichts darauf stützt, dass die Dienststellenleitung sie in ihren Rechten verletzt hat. Das ist die einzige Möglichkeit, das Gericht wegen Beteiligungsmängeln anzurufen und Ziel kann immer nur die Feststellung sein, dass ein konkreter Rechtsverstoß durch ein Handeln oder Unterlassen der Dienststelle begangen wurde. Damit ist die Gleichstellungsbeauftragte in der Durchsetzung ihrer Rechte zwar stark beschränkt, aber wenn sie ihr Handwerk beherrscht, ist ihr das sowieso klar. Den Dienststellen geht das oft noch zu weit. So musste jüngst das Verwaltungsgericht Berlin dies seinen Ausführungen zur Zulässigkeit von drei Klagen vorausschicken, da es sich auf Vortrag der Dienststelle intensiv mit der Frage beschäftigte, ob und wann eine Gleichstellungsbeauftragte überhaupt klagen darf.

Liebe Leserin und lieber Leser,

es ist manchmal schwer auszuhalten, was einer engagierten Gleichstellungsbeauftragten entgegen gehalten wird - von der Verwaltung in direkten Gesprächen oder auch von deren Vertreter/inne/n vor Gericht: Es gehe ihr nur ums Prinzip, sie wolle gar keine Verbesserung ihrer Rechtsposition, sondern nur einen formalen Sieg erreichen, sie sei uneinsichtig, was schon die Tatsache zeige, dass sie sich nicht im außergerichtlichen Einigungsverfahren mit der Dienststelle geeinigt habe.

Gerade die Logik dieses letzten Arguments erschließt sich mir nicht wirklich. Gehören zu einer Einigung nicht beide Parteien? Wieso zeigt Uneinigkeit gerade die Uneinsichtigkeit der Gleichstellungsbeauftragten? Vielleicht weil der Dienststelle ein ewig währendes Einigungsverfahren ohne Ergebnis lieber wäre als eine klagende Gleichstellungsbeauftragte?

Weiter sollte die Klage wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig sein, weil die Dienststelle in der Vergangenheit mehrfach eine Änderung ihrer Beteiligungspraxis zugesagt habe. Aber dann doch bitte nicht nur immer nur zusagen, sondern auch tun, und zwar in Richtung einer gesetzeskonformen Beteiligung und nicht unter Hinweis darauf, dass auch alle bisherigen Beteiligungsverfahren schon BGleiG-konform gewesen seien!

Außerdem wurde vorgeworfen, die Gleichstellungsbeauftragte verweigere einen konstruktiven Dialog mit der Dienststelle über das Beteiligungsverfahren. Abgesehen davon, dass die Dienststelle sich auch ohne konstruktiven Dialog gesetzeskonform verhalten muss, war lediglich richtig, dass die Gleichstellungsbeauftragte auf die Aufforderung der Dienststelle, sie möge doch einmal einen Geschäfts- und Verfahrensplan zum Einigungsverfahren erarbeiten und vorlegen, antwortete, dazu sei sie schon mangels ausreichender Ausstattung mit juristischem Personal, Zeit- und Geldmitteln nicht in der Lage – im Gegensatz zur Dienststelle – und es ihr im Übrigen genüge, wenn die Verwaltung sich an das BGleiG halte.

Da wurde vor Gericht alles Mögliche und noch so fern Liegende an Argumenten zusammen getragen, um die eigene Rechtsposition eventuell zu verbessern. Zum Glück hat das Gericht mit diesen Argumenten aufgeräumt und zur Zulässigkeit der Klagen klar Stellung genommen.

  1. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn die von der Gleichstellungsbeauftragten geltend gemachte Rechtsverletzung jedenfalls möglich und ihre Wiederholung nicht ausgeschlossen erscheint.

  2. Eine Wiederholungsgefahr lässt sich nicht mit der Erwägung verneinen, die Dienststellenleitung habe in der Vergangenheit eine Änderung ihrer Beteiligungspraxis zugesagt, jedenfalls dann nicht, wenn es nach Ansicht der Gleichstellungsbeauftragten noch weitere Meinungsverschiedenheiten gibt.

  3. Es ist für die Zulässigkeit der Klage unerheblich, wenn die Dienststelle glaubt, der Gleichstellungsbeauftragten gehe es nur ums Prinzip oder um einen formalen Sieg. Das BGleiG lässt prozessual nur die Feststellung eines – notwendig in der Vergangenheit liegenden – Rechtsverstoßes der Dienststellenleitung zu. Daher kann es der Gleichstellungsbeauftragten stets nur um die Feststellung gehen, bei einem abgeschlossenen Vorgang in ihren Rechten verletzt worden zu sein, also „Recht gehabt zu haben“. Schließlich besteht das Rechtsschutzziel in der Erwartung, die Dienststellenleitung werde aus einem stattgebenden Urteil Konsequenzen ziehen, ihr Verhalten ändern und künftig die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten wahren.

  4. Auch die Meinung, die Gleichstellungsbeauftragte habe es an Bereitschaft zu einem konstruktiven Dialog fehlen lassen, macht die Klage nicht unzulässig, solange kein Rechtsmissbrauch dahingehend vorliegt, dass die Gleichstellungsbeauftragte im vorausgehenden Beteiligungsverfahren die Zusammenarbeit von vornherein verweigert.

Da ist das Gleichstellungsrecht doch gleich wieder ein Stück normaler geworden und die oft schwierige Arbeit einer aktiven Gleichstellungsbeauftragten wird zumindest von der Rechtsprechung gewürdigt.

Herzlich

Ihre Kristin Rose-Möhring

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