Rein in die Wohlfühlzone - und gleich wieder raus
Liebe Leserin, lieber Leser,
zum eigentlichen Thema erfährt die Gleichstellungsbeauftragte, dass sich die Mitarbeiter/innen der Personalabteilung durch ihre häufigen Nachfragen, Interventionen, Einsprüche, Informationsanforderungen und Initiativen gestresst und genervt fühlten. Sie hätten den Eindruck, es ihr nie recht machen zu können. Dabei hätten diese es doch ohnehin schon schwer genug bei dem hohen Arbeitsaufkommen, den vielen zu berücksichtigenden Vorschriften und an sie herangetragenen Wünschen. Er wolle hier einmal für etwas mehr Fehlertoleranz werben.
Das Gleichstellungsgesetz sei kompliziert und man müsse ja nicht gleich eine Staatsaffäre daraus machen, wenn jemandem einmal ein kleiner Fehler bei der Beteiligung unterlaufe. Es geschehe ja nicht absichtlich und schließlich säßen doch alle im gleichen Boot. Man könne doch über alles reden. Er habe für die Gleichstellungsbeauftragte immer ein offenes Ohr und sei einmal etwas schief gelaufen, könne man das auch wieder gerade rücken.
Um seinen guten Willen zu demonstrieren, wolle er sie jetzt schon einmal vorab informieren, dass man sich entschlossen habe, die Stelle der ausscheidenden Frau X extern auszuschreiben. Selbstverständlich würde sie auch noch schriftlich und vollumfänglich beteiligt werden und er könne ihr schon jetzt versprechen, dass es wieder eine Frau werde.
Resümee in Kürze? Dieses Gespräch hätte die Gleichstellungsbeauftragte sich schenken können - eine Stunde verlorene Arbeitszeit. Hoffentlich waren wenigstens Kaffee und Gebäck gut.
1) Fehler bei der Anwendung des Gleichstellungsgesetzes machen nicht die Mitarbeiter/innen, sondern in der Regel die Chefs. Sie entscheiden und vertreten, ob/wann/wie die Gleichstellungsbeauftragte eingebunden und beteiligt wird. Im Zweifel verstoßen sie gerne einmal gegen das Gleichstellungsrecht frei nach der englischen Kommaregel „when in doubt leave ist out“
2) Wenn im täglichen Geschäft ein Fehler oder ein Versehen passiert oder noch eine Nachfrage notwendig ist, wird die Gleichstellungsbeauftragte dies in der Regel direkt und auf dem kurzen Dienstweg klären. Für Fragen der Arbeitsqualität von und der Fehlertoleranz gegenüber Mitarbeiter/inne/n sind alleine deren Vorgesetzte zuständig.
3) Die Information über die geplante externe Ausschreibung ist nur ein (erneuter) Verstoß gegen das BGleiG. Auch an der Willensbildung über die Frage einer externen oder doch besser internen Ausschreibung ist die Gleichstellungsbeauftragte so früh wie möglich und zu einem Zeitpunkt zu beteiligen, zu dem die Maßnahme noch gestaltungsfähig ist. Wenn „man sich entschlossen hat“, ist es dafür zu spät. Die Beteiligung kann auch nicht mehr nachgeholt werden. Die Maßnahme muss aufgehoben werden.
4) Dass es eine Frau werden soll, kann die Gleichstellungsbeauftragte zwar freuen, ist aber eine Vorwegnahme des Auswahlverfahrens und verstößt gegen das Prinzip der Bestenauslese. Frauen kommen nach dem BGleiG nur im Falle gleicher Qualifikation in den Genuss einer eventuellen Quote. Wichtig ist aber vor allem, dass nach geeigneten Frauen auch tatsächlich gesucht wird.
5) Die Mitteilung lässt ahnen, dass intern schon feststeht, wer es werden soll. Das wiederum konterkariert jegliche BGleiG-konforme Beteiligung.
6) Es ist schön, wenn der Dienststellenleiter immer ein offenes Ohr für die Gleichstellungsbeauftragte hat, nur handelt es sich dabei um deren gesetzlich verbrieftes Recht, dem er sich gar nicht entziehen darf. Zuviel Gutsherrenart und Jovialität wirken hier eher lächerlich.
Fazit: Es ist wirklich schwer, es einer Gleichstellungsbeauftragten Recht zu machen, aber versuchen muss man es – täglich und immer wieder!
Mit herzlichen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
* Frei übersetzt: lieber einmal weniger als einmal mehr (beteiligen)
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