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Schwestern von gestern (12): Agatha Christie

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Vor 125 Jahren, am 15. September 1890, wurde die wohl bekannteste Krimiautorin der Welt geboren. Agatha Christie war keine Vorkämpferin für Emanzipation und Frauenrechte, aber sie war in einer Zeit weltumspannend erfolgreich, als Berufstätigkeit, wirtschaftliche Unabhängigkeit und internationaler Ruhm für die Frauen meist Fremdworte waren. Daher ist auch sie ein Vorbild.
Bis heute werden ihre Bücher kontinuierlich verkauft, immer wieder neu aufgelegt und z.T. auch neu übersetzt, angeblich in 109 Sprachen. Laut einer UNESCO-Erhebung stehen ihre Bücher an dritter Stelle der meistgelesenen Werke – nach der Bibel und Shakespeare. Die Angaben zu den Verkaufszahlen ihrer fast 70 Krimis sowie ihrer weiteren Kurzgeschichten und Theaterstücke schwanken enorm: Von zwischen vier Milliarden und zwei Billionen1 ist zu lesen. 1995 schätzte der „Spiegel“ die Zahl auf „über eine Milliarde verkaufte Bücher - und jährlich werden 18 weitere Millionen abgesetzt“. Wie auch immer: Agatha Christie gilt als die „Queen of Crime“.

Liebe Leserin, lieber Leser,

was macht ihre Krimis so liebens- und lesenswert? Da gibt es viele Ansätze. Zum einen führte sie mit dem verschrobenen Belgier (nicht: Franzosen!!) Hercule Poirot einen sehr eigenartigen Detektiv ein: Ein komischer Kauz, unsympathisch eitel, ordnungsversessen, arrogant, unenglisch geschwätzig, der mächtig stolz ist auf seine „kleinen grauen Zellen“ und zudem ein merkwürdiges Englisch mit sehr eigenen französischen Floskeln spricht. Dann gibt es noch Miss Marple, die kleine, kluge alte Dame mit den Silberlöckchen, zudem Agathe Christies Alter Ago, die Schriftstellerin Ariadne Oliver, sowie Tommy und Tuppence Beresford. Immer sind es Typen, die Leser/innen nicht so schnell vergessen.

Typisch für Agatha Christie ist das sogenannte „locked room“-Motiv. In einem mit mechanischen Mitteln geschlossenen Raum wird entgegen aller Wahrscheinlichkeit ein Mord begangen, ohne dass der Täter oder die Täterin sofort identifiziert und überführt werden kann. Beispiele sind ein Flugzeug in „Death in the Clouds“ oder ein Schiff in „Death on the Nile“. Sie hat dieses Motiv aber auch variiert, in dem sie die Handlung z.B. auf einem Landsitz, in einem Hotel oder einem Dorf spielen lässt. Damit bleiben die Tatorte überschaubar.

Auch die Handlungen ihrer Krimis und die Mordabläufe sind meist zu ausgeklügelt, als dass wir mit raten können. Aber am Ende passt alles stimmig und wir sind verblüfft. Agatha Christie wurde daher auch die „Mistress of Misdirection“ (Meisterin der Irreführung) genannt. Besonders erfolgreich waren Romane wie „The Murder of Roger Ackroyd“, in dem der Erzähler der Mörder ist, „Murder on the Orient Express“, in dem es gleich zwölf Täter/innen gibt, oder der Krimi mit dem heute politisch unkorrekten Titel „Ten Little Niggers“, in dem ein vermeintlich Toter neun Menschen umbringt.

Ihre Spezialität war auch das sogenannte Denouément (die Lösung des Knotens), das vor allem Hercule Poirot am Ende jeder Geschichte ausgiebig zelebriert. Alle handelnden Personen werden zusammengerufen und Stück für Stück finden die „clues“ zueinander, bis die Lösung wie ein fertiges Puzzle auf dem Tisch liegt und der/die Täter/in überführt wird. Nichts bleibt am Ende ungeklärt.

Zudem ist Agatha Christie eine Romantikerin. Mindestens ein Liebespaar findet in jedem Krimi am Ende zusammen, das Gute siegt und die Ordnung ist wiederhergestellt nach dem Motto „und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch“. Wir Lesende bleiben mit dem guten Gefühl zurück, dass es noch Recht und Ordnung gibt und wir wieder ruhig schlafen können. Das war offensichtlich ihre Vorstellung davon, wie eine heile Welt sein sollte.

Vorgeworfen wurde ihr oft, dass sie ihre Krimis zu sehr in der „middle class“, „upper middle class“ oder gar Aristokratie spielen lässt. Ein „der Mörder ist immer der Gärtner“ kommt bei ihr nicht vor. Servicepersonal wie Hausmädchen, Köchinnen Butler etc. oder z.B. Menschen aus dem Dorf, in dem die Handlung spielt, kommen vor, sind aber nur Staffage. Sie spielen allenfalls dann eine Rolle, wenn sie sich am Ende als bisher unbekannte Angehörige aus den o.g. Gesellschaftsschichten herausstellen, die aus taktischen Gründen die Rolle von Bediensteten übernommen haben und sich dann als Mörder/innen oder zumindest Handlanger/innen erweisen.

Den absoluten Rekord hält Agatha Christie mit dem Theaterstück The Mousetrap (dt. Die Mausefalle). Es wurde am 25. November 1952 uraufgeführt und wird seitdem auch noch im 63. Jahr nonstop täglich in London aufgeführt. Es hat bereits mehr als 25.000 Aufführungen erlebt und ist damit das längste ununterbrochen aufgeführte Stück der Welt. Als das meistgespielte Krimistück kam es sogar in das Guinness-Buch der Rekorde und läuft fast so lang wie die Regierungszeit der Queen. Sie hatte im Februar 1952 den Thron bestiegen und machte die Queen of Crime 1971 zur Dame Agatha Christie. Ein einzigartig erfolgreiches (Krimi-)Leben!

In diesem Sinne mit kriminellen Grüßen

Ihre Kristin Rose-Möhring


1 Falls das nicht ein Übersetzungsfehler ist, da Milliarden im Englischen „billions“ sind.

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