Schwestern von gestern (14) Auguste Schmidt
Liebe Leserin, lieber Leser,
Auguste Schmidt, geboren 1833 in Breslau, war Lehrerin, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin und setzte sich schon früh dafür ein, dass Mädchen in Deutschland eine bessere Bildung erhalten sollten. In den meisten deutschen Staaten war Mädchen und Frauen der Zugang zu höheren Bildungseinrichtungen wie Gymnasien und Universitäten verwehrt. Sie mussten in andere Länder ausweichen, vor allem in die Schweiz. Dort waren z.B. an der Universität Zürich bereits ab 1840 Hörerinnen zugelassen. In Deutschland mussten die Frauen bis 1908 warten – ganze 68 Jahre und damit ca. drei Frauengenerationen später.
Auguste Schmidt hatte das Glück, dass ihre Eltern ihr eine gute Ausbildung ermöglichten. Bereits mit 17 machte sie ihr Examen als Lehrerin; wurde dann die einzige wissenschaftliche Lehrerin einer Schule in Breslau, machte mit 28 Jahren ein sogenanntes “Schulvorsteherinnenexamen“ und wurde Direktorin einer „Höheren Privattöchterschule“ in Leipzig. Eine ihrer Schülerinnen war Clara Zetkin, die später ebenfalls als Frauenrechtlerinnen und Kämpferin für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen, eine der bekanntesten Frauenpolitikerinnen ihrer Zeit wurde.
1864 lernte Auguste Schmidt die Journalistin Louise Otto-Peters kennen. Sie wurden enge Freundinnen und gründeten zusammen mit Henriette Goldschmidt im Frühjahr 1865 erst den Leipziger Frauenbildungsverein, im Herbst beim Ersten Deutschen Frauenkongress den Allgemeinen Deutschen Frauenverein. Auguste Schmidt war zunächst stellvertretende Vorsitzende, ab 1895 leitete sie den ADF.
Sie war eine mitreißende Rednerin und wies in der Gründungsveranstaltung darauf hin, dass die Frauenbewegung vor allem die Teilnahmslosigkeit der Frauen fürchten müsse. Welche Weitsicht! Das galt nicht nur für die historische, sondern in Teilen auch für die moderne Frauenbewegung. Und wir sind auch heute an dieser Stelle wieder angekommen, wenn junge Frauen heute oft die Frage stellen, wozu wir überhaupt noch eine Frauenbewegung brauchen und ob Feministinnen nicht die Frauen von gestern sind.
Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt waren beide hervorragende Zeitungsfrauen (s. auch Blog vom 17.6.2013 „Frauen und ihre Zeitungen“). Zusammen gaben sie die ADF-Zeitung „Neue Bahnen“ heraus, die zwischen 1866 und 1920 erschien; ab 1895 leitete Auguste Schmidt die Redaktion allein. Sie initiierte zudem viele weitere Vereinsgründungen für Lehrerinnen und Erzieherinnen, was ihr von Zeitgenoss/inn/en den Vorwurf der Vereinsmeierei eintrug. Zwischen 1894 und 1899 war sie die erste Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenvereine (BDF), einer Dachorganisation von Frauenvereinen der bürgerlichen Frauenbewegung, der zeitweise 2.200 Vereine mit ca. 500.000 Mitgliedern angehörten. Letztendlich ging der Deutsche Frauenrat aus dieser Organisation hervor, auch wenn der AFD sich 1933 auflöste, um einer „Gleichschaltung“ durch die NSDAP zu entgehen, und sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1951 wieder ein Bündnis deutscher Frauenvereine entwickelte.
Trotz ihrer vielen Aktivitäten wurde Auguste Schmidt als eine Frau der zweiten Reihe wahrgenommen, die das Rampenlicht anderen Frauen überließ wie Louise Otto-Peters, Helene Lange, später Gertrud Bäumer. Dennoch war sie unentbehrlich für die interne Vereinsarbeit und den inneren Zusammenhalt, galt sie doch vielen als „gütig“. Dieses Kompliment war nicht wirklich eins. Eine ihrer Mitstreiterinnen, Helene Lange, verwendet diese Bezeichnung des wesentlichen Charakterzugs von Auguste Schmidt sehr zwiespältig und mit eher negativer Konnotation, wenn sie die gemeinsame Arbeit beschreibt.
Ab 1900 zog sich Auguste Schmidt aus der Öffentlichkeit zurück und starb 1902 in Leipzig. Unermüdlich hatte sie sich für die Sache der Frauen eingesetzt und ist heute dennoch eher eine der Schwestern von gestern im Schatten. Doch auch diese Frauen waren und sind wichtig, um Frauenrechte und Frauenanliegen voranzubringen!
Mit historischen Grüßen
Ihre Kristin Rose-Möhring
* Siehe EMMA, Ausgabe 9-10/2015 http://www.emma.de/artikel/louise-otto-peters-330691
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