So viele Berichte – so viel Gleichstellung?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Der erste Bericht der Antidiskriminierungsstelle (BT-Drs. 17/4325) greift die Frage der mehrdimensionalen Diskriminierung auf und weist darauf hin, dass
„jeder Mensch … ein Geschlecht, ein Alter, zumindest eine ethnische Herkunft und/oder religiöse oder areligiöse Überzeugungen [hat] … Die Gefahr einer Diskriminierung ausgesetzt zu sein, ist dabei unterschiedlich hoch. … Tatsache ist …, dass eine Person umso anfälliger für Diskriminierung ist, je mehr sie von der wahrgenommenen Norm der Mehrheitsgesellschaft abweicht“ .1
Frauen machen die Mehrheit der Gesellschaft aus und das Geschlecht ist nur eins der sechs im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Diskriminierungsmerkmale. Als Gleichstellungsbeauftragte habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass die Kumulation der Diskriminierungsmerkmale für Frauen zu besonderen Schwierigkeiten führt: Eine Frau mit Migrationshintergrund hat in der Regel größere Schwierigkeiten beim beruflichen Fortkommen als ein vergleichbarer Mann; eine behinderte Frau mit Kindern stößt auf größere Widerstände und Nachfragen als ein behinderter Familienvater. Insofern ist – trotz Bevölkerungsmehrheit – das (weibliche) Geschlecht weiterhin so etwas wie ein „Über“-Diskriminierungsmerkmal. Das muss bei allen Gleichstellungs- und Frauenfördermaßnahmen berücksichtigt werden.
Der von einer Sachverständigenkommission für die Bundesregierung erstellte Erste Gleichstellungsbericht „Neue Wege – gleiche Chancen“1 hebt deutlich hervor:
„Notwendig ist eine konsistente Gleichstellungspolitik über den Lebensverlauf. … Die Kosten der gegenwärtigen Nicht-Gleichstellung übersteigen die einer zukunftsweisenden Gleichstellungspolitik bei weitem.“
So deutlich werden der Zweite Erfahrungsbericht zum Bundesgleichstellungsgesetz (BT-Drucksache 17/4307) und der Fünfte Bericht zum Bundesgremienbesetzungsgesetz (BT-Drs. 17/4308) nicht. Aber auch sie lassen klar erkennen, welch enormen Nachholbedarf es im öffentlichen Dienst z.B. bei Frauen in Führungspositionen und hochrangigen Gremien gibt, für die der Bund ein Besetzungsrecht hat.
All diese Berichte bilden eine hervorragende Grundlage für eine umfassende und facettenreiche Diskussion über die Zukunft einer Gleichstellungspolitik, die auf allen Ebenen und in allen Bereichen dazu führt, dass die Gleichstellung von Frauen mit Männern nun endlich vorankommt. Die Erwartungen sind groß.
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
1 a.a.O. S. 12 und 13
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