Statistik für Gleichstellungsbeauftragte (I)
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
der Umgang mit Zahlen und deren komplexen Zusammenhängen jedoch ist nicht „jederfraus“ Sache und auch Männer behaupten oft nur, häufig erfolgreich, sie kämen mit Zahlen besser zurecht.
Mit Hilfe von Zahlen und Statistik werden aber regelmäßig Erfolg oder Misserfolg der Gleichstellungsarbeit erfasst und erklärt. Zahlen sollen Problemfelder präzise beschreiben und gelten als Maßstab dafür, was noch zu verbessern, d.h. zu tun ist. Zahlenwerke und Statistiken werden der Gleichstellungsbeauftragten vor allem dann entgegengehalten, wenn es gilt, Fortschritte und Gleichstellungserfolge in der Dienststelle zu untermauern oder ihre Forderungen abzuschmettern. Das soll überzeugend, wissenschaftlich und unangreifbar wirken und die Gleichstellungsbeauftragte mundtot oder zumindest leiser machen.
Aber keine Angst: Auch hier sind wie so oft ebenfalls nur Laien am Werk und keine studierten Statistiker. Sie können es also nicht besser als wir Gleichstellungsbeauftragten. Mit ein bisschen gesundem Frauenverstand können wir schnell lernen, grundsätzliche Fehler in der Erstellung dieser Zahlenwerke und die Fragwürdigkeit von deren Interpretation zu erkennen. Dazu ein Rat vorab: Glauben Sie einfach erst einmal nicht, was Ihnen da vorgelegt und dazu wortreich erklärt wird. Hinterfragen Sie es!
Seltener bekommen Sie es mit Statistiken zu tun, die bei Profis in Auftrag gegeben wurden. Doch auch hier: keine Panik! Solche Institute und Firmen liefern Lohnarbeit. Sie untermauern scheinbar wissenschaftlich ein gewünschtes Ergebnis. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, werden Sie diese Statistik wohl nicht zu Gesicht bekommen.
Ich möchte Sie also ermuntern, Statistiken anderer zunächst immer kritisch zu betrachten und die richtigen Fragen zu stellen, um wirksam argumentieren zu können. Das betrifft drei Bereiche:
1) Erhebung der Daten
Wer hat was, wann und wie gezählt oder auch nur geschätzt? Oder was halten Sie z.B. davon, das Wohlbefinden der Beschäftigten durch Befragung nur der anwesenden Mitarbeiter/innen zu ermitteln oder gar per Abstimmung auf einer Betriebsfeier?
2) Aufbereitung der Zahlen
Was wurde wie und mit was verglichen? Einer Gleichstellungsbeauftragten sollte es z.B. nicht gleichgültig sein, ob der Wahlvorstand oder die Dienststelle das prozentuale Ergebnis ihrer Wahl auf der Basis aller stimmberechtigten Frauen oder – wie allgemein üblich – auf der Basis der abgegebenen Stimmen errechnet und bekanntgibt. Zwischen den Prozentzahlen können Welten liegen und ggf. sogar die Absicht, Ihren Wahlerfolg kleinzurechnen (s. Blogbeitrag „Wenn eine eine Wahl erlebt, … Teil 2“ vom 14.5.2012).
3) Interpretation der Statistik
Auch hier macht ein Beispiel deutlich, um was es geht: In einer Dienststelle mit ursprünglich 1.000 Beschäftigten und einem Frauenanteil von 10%, also 900 Männern und 100 Frauen können 5% mehr weibliche Mitarbeiter verschiedenes bedeuten:
-
jetzt insgesamt 15% Frauen, also 150 Frauen und 850 Männer;
-
oder der Anteil der 100 Frauen hat sich um 5% erhöht, also jetzt 105 Frauen und 895 Männer;
-
oder – da über Männer eigentlich nichts gesagt wird – der Anteil der Frauen hat sich um 5% auf 105 und der Anteil der Männer sagen wir um 10% auf 990 bei jetzt 1095 Beschäftigten erhöht. Aus Sicht der Gleichstellungsbeauftragten wäre in dem Fall der Frauenanteil also gesunken;
-
oder ... aber lassen wir es dabei. Sie haben mich verstanden.
Mit Statistik lässt sich fast alles beweisen. Denken Sie daran.
Bis nächste Woche!
Kristin Rose-Möhring
|
Folgen Sie uns auch auf Twitter! |

