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Sternstunde für die Gleichstellung; Zufriedenheit auf allen Seiten

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„Heinrich, der Wagen bricht.“ „Nein, Herr, der Wagen nicht. Es sind die Bande an meinem Herzen, das da lag in großen Schmerzen, als Ihr in dem Brunnen ward.“ So wie der Diener des zum Froschkönig verzauberten Prinzen nach dessen Befreiung fühlte ich mich am 8.5.2014 vor dem Verwaltungsgericht Berlin, das meine drei Klagen wegen mangelnder oder ganz fehlender Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten verhandelte. Nur war ich in diesen Fällen die Froschkönigin gewesen, die mehr als vier Jahre im dunklen Brunnen gesessen hatte: Die durchgeknallte Gleichstellungsbeauftragte, die doch tatsächlich meinte, in die Abläufe für wichtige Entscheidungen eingreifen, ja diese angeblich gar selbst bestimmen zu können!

Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt Sternstunden im Leben einer Gleichstellungsbeauftragten und dieser 8. Mai 2014 war eine von meinen.

Ein perfekt vorbereiteter Vorsitzender Richter rollte die von mir zur Entscheidung vorgelegten Fälle1 akribisch auf, griff jedes Argument der Gegenseite auf, zerlegte es und hielt die von ihm klar und logisch durchdeklinierte Rechtslage dagegen. Er kannte jede noch so detaillierte Vorschrift, leitete ab, setzte gegeneinander und argumentierte in einer Klarheit, dass mir ein Wackerstein nach dem anderen von der Seele rollte. Er hatte sogar Studien der neueren Politikgeschichte betrieben und kannte im Detail die veröffentlichten Hintergründe der (partei)politischen Besetzungen und deren Abläufe, die hier zur Entscheidung anstanden.

All die Argumente, die ich jahrelang angeführt hatte und die so viele tatsächliche oder vermeintliche Gleichstellungsexpert/inn/en für undenkbar, unzulässig, unangemessen, unbegründet oder sonst was „un-„ gehalten hatten, fanden hier durch die Logik und die Autorität eines Richters ihre Existenzberechtigung. Bestätigt wurden so nicht nur ich, sondern auch die wenigen, die meine Argumentation gestützt und/oder mir in den Jahren Mut gemacht hatten: mein Anwalt, mein GiP-Mitherausgeber Dr. Torsten von Roetteken und nicht zuletzt mein gleichstellungssachkundiger Mann.

Zum ersten Mal erleichternd widerlegt fand ich an diesem für mich historischen 8.Mai den Satz: „Vor Gericht und auf hoher See bist du in Gottes Hand“. Diese Verhandlung hatte nichts Göttliches; das war Juristerei vom Feinsten. Besser geht’s nicht.

Übrigens: Ein RichtER, keine RichterIN, soweit - siehe oben - zur angeblich männerhassenden Gleichstellungsbeauftragten!!

Am Ende freuten sich alle: Ich natürlich, weil ich in allen Fällen Recht bekam und dieser langen Tages Reise in die Gleichstellung ENDLICH ein gutes Ende beschert wurde2. Und auch die Leitung meiner Dienststelle, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Noch am Morgen hatte es in einem Kommentar für Deutschlandradio Kultur3 geheißen, dass es sich hier „um Vertrauenspositionen im Hinblick auf die Ministerin und den Staatssekretär“ handele, dass es um politische Beamtinnen und Beamte gehe, die jederzeit entlassen werden könnten. Und: „Deswegen grenzt das auch die Beteiligungsmöglichkeiten der Gleichstellungsbeauftragten ein4. Am Tag nach der Entscheidung des Gerichts war in der Presse zu lesen: Das BMFSFJ begrüße das Urteil. „Es bringt mehr Klarheit und stärkt die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten“.

Es ist doch schön, wenn am Ende alle so zufrieden sind. Das könnten wir öfter haben, wenn wir Gleichstellungsbeauftragte unsere offenkundigen Fälle alle vors Gericht brächten....

Herzlich

Kristin Rose-Möhring

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