Von „Dienstherrn“ und „Arbeitgebern“
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
im öffentlichen Dienst läuft uns immer wieder der wundersame Begriff „Dienstherr“ über den Weg. Er stammt aus uralten Zeiten, als DER Staat und in seinem Auftrag DER Minister anordnete, was DER Beamte zu regeln, durchzuführen oder selbst zu erdulden hatte.
Inzwischen haben wir nicht nur Beamtinnen im Dienst, sondern arbeiten für DIE Bundesrepublik, DIE Bundesregierung, DIE Dienststelle, DIE Behörde, DIE Kommune, DIE Stadt und/oder bewegen uns in Organisationen und Institutionen, die meist weiblich sind, wie DIE Arbeitsgemeinschaft, DIE Anstalt, DIE Genossenschaft, DIE Forschungsgesellschaft etc. Genau betrachtet, gibt es mehr weibliche „Dienstherren“ als männliche. Da ist ein solches Wort nur noch historisch-verkrustet und patriarchalisch-hierarchisch zu erklären.
Höchste Zeit also, am „Dienstherrn“ etwas zu ändern. Schließlich gibt das Bundesgleichstellungsgesetz allen Verantwortlichen in § 1 Abs. 2 auf, dass „Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes … die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen“ sollen und dass dies „auch für den dienstlichen Schriftverkehr“ gilt.
In den Augen der o.g. Verantwortlichen kommt dies allerdings meist dem Untergang des Abendlandes gleich und das ewige Totschlag-Argument wird hervorgeholt, dass es keinen alternativen Begriff gebe. „Dienstherr“ sei gem. § 2 Beamtenstatusgesetz „die beamtenrechtliche Bezeichnung für eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Körperschaft, Anstalt oder Stiftung“ – alle weiblich, wie sofort ins Auge fällt, – „die das Recht hat, Beamte zu beschäftigen“. Aber: Gesetze können geändert werden, auch wenn das 2009, als dieses Gesetz in Kraft trat – acht Jahre nach dem Bundesgleichstellungsgesetz wohlgemerkt – traumhaft verschlafen wurde.
Für den alltäglichen Sprachgebrauch ist etwas Kreativität erforderlich. Aber wo ein Gender-Wille, da auch ein Gender-Weg. Was spricht z.B. in den normalen Fällen, in denen die Organisation bezeichnet werden soll, in der gearbeitet wird, gegen „Behörde“ oder „Dienststelle“? Soll es etwas spezifischer sein, sind auch „Anstellungsbehörde“ oder „Beschäftigungsbehörde“ denkbar. Auch diese beiden Begriffe sind vom o.g. Beamtenstatusgesetz wunderbar abgedeckt. Beschäftigt werden sowohl Beamte/Beamtinnen – zunächst als z.A., d.h. „zur Anstellung“ – als auch Tarifbeschäftigte. Wo also ist das Problem?
Gerne verwendet wird im offiziellen Dienstdeutsch auch das Wort „Arbeitgeber“ – wieder so ein Wort aus uralter Zeit männlicher Vorherrschaft. Was spricht hier gegen „Arbeitgeberin“, wenn es um eine der o.g. weiblich definierten Organisationen geht?
Für den öffentlichen Dienst, der sich in seiner Terminologie gerne von der Privatwirtschaft abgrenzt, ist „Arbeitgeber“ ohnehin der falsche Begriff – siehe „Personalrat“ statt „Betriebsrat“, „Personalversammlung“ statt „Betriebsversammlung“, „Dienstvereinbarung“ statt „Betriebsvereinbarung“, „Dienstreise“ statt „Geschäftsreise“ etc. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Konsequent müsste es „Dienstgeber“ heißen – in Österreich die offizielle Bezeichnung im öffentlichen Dienst – oder unter dem Genderaspekt natürlich „Dienstherrin“.
Ich hoffe nicht, dass mir nun irgendein Schlaumeier entgegenhält, in „Dienstherr“ stecke „dem Herrn dienen“ und darin hätten Frauen doch besonders viel Erfahrungen. Genau diese Zeiten, liebe Kümmelspalter, sind ja gerade vorbei!
Herzlich,
Ihre Kristin Rose-Möhring
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