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Vorsicht Statistik

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Der Umgang mit Statistiken will gelernt sein. Jede Zahl kann unterschiedlich interpretiert werden. Das gilt gerade bei Gleichstellungszahlen.

Liebe Leserin, lieber Leser, 

ein Beispiel: Ende 2010 hatte eine große Behörde 10 Führungskräfte, davon 8 Männer und 2 Frauen. Im Jahr 2011, dem Jahr der Gleichstellungsjubiläen, schied ein Mann aus und wurde (oh Wunder!) durch eine Frau ersetzt. Der stolze Behördenleiter findet folgende Kommentierungen:

  • Der prozentuale Frauenanteil an Führungskräften wurde um 10% erhöht (bescheiden).

  • Der Frauenanteil in Führungspositionen wurde auf 30% erhöht (realistisch).

  • Der Frauenanteil in Führungspositionen ist um 50% gestiegen (euphemistisch).

  • 2011 wurden ausschließlich Frauen in Führungspositionen berufen (angeberisch).

Aus Sicht einer Gleichstellungsbeauftragten lässt sich das anders kommentieren:

  • Der Frauenanteil wurde bescheiden erhöht (realistisch).

  • In Führungspositionen gibt es nach wie vor 70% Männer (realistisch).

  • Schon eine einzige weitere Frau lässt den weiblichen Anteil in Führungspositionen um 50% steigen; ein beschämender Zustand (realistisch).

  • 2011 wurde nur eine einzige Person in eine Führungsposition berufen. Dass dies eine Frau war, ist eher Zufall als Trend (realistisch).

Der Behördenleiter sieht sich mit seiner Erklärung der Entwicklung als visionäre Führungskraft, als zukunftsorientierten Optimisten und als Durchsetzer der Gleichstellung in seiner Dienststelle.

Die Gleichstellungsbeauftragte sieht er als ewige Miesmacherin. Sie wird als Kassandra verschrien. Dabei freut auch sie sich über jeden kleinen Fortschritt, jedoch darf sie sich nicht auf solchen „Erfolgen“ ausruhen. Die Realität hat sie einen gesunden Pessimismus gelehrt, will sie das große Ziel im Auge behalten.

Lassen wir unseren stolzen Behördenleiter doch auch nächstes und übernächstes Jahr einen Mann durch eine Frau in Führungsposition ersetzen. Dann wird auch die Gleichstellungsbeauftragte ihn loben.

Sollte er aber der Visionär sein, für den er sich hält, wird ihm schon bald klar werden, dass auch die Stelle der Behördenleitung in absehbarer Zeit an eine Frau gehen wird. Spätestens jetzt wird er sein Gleichstellungsengagement überdenken. Gerade deshalb muss Gleichstellung immer auch von oben nach unten erfolgen.

So müssen wir weiter einen skeptischen Blick auf die uns verkündeten Gleichstellungserfolge bewahren, insbesondere dann, wenn die Interpretation einer Statistik damit einhergeht.

Herzlich,

Ihre Kristin Rose-Möhring

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