Das OVG Münster (4. Senat) hat mit Beschluss vom 29.05.2024 -4 B 967/23- eine interessante Entscheidung zum Handwerksrecht mit konkretem Bezug zum Lebensmittelrecht getroffen:
Urteil des VGH Mannheim vom 18.12.2018 -6 S 2789/17-
Nach einem Urteil des VGH Mannheim vom 18.12.2018 -6 S 2789/17- dürfen Unternehmen Frischfleischtheken nur betreiben, wenn die Unternehmen einen Fleischermeister beschäftigen. Dies stützt sich auf das Handwerksrecht mit Bezug zum Lebensmittelrecht. Auch wenn in den betroffenen Märkten keine Schlachtung und Ausbeinung und lediglich in gewissem Umfang eine Zerteilung und Portionierung des angelieferten Fleischs stattfinde, erfordere – wie der VGH Mannheim bereits 1994 entschieden habe – der Verkauf von Frischfleisch, dass die Leitung des Betriebs grundsätzlich in den Händen eines Fleischermeisters liege. Der Verkauf von Frischfleisch setze unter anderem Kenntnisse über Chemie, Biochemie und Bakteriologie des Fleisches, über die Beschaffenheit, Lagerung und Verwendung von Fleisch und Fleischerzeugnissen, über die Verfahren zur Haltbarmachung von Fleisch und Fleischerzeugnissen, und über die einschlägigen gewerbe-, hygiene- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften voraus. Die Qualitätskontrolle und damit einhergehende fortlaufende lebensmittelhygienische Überwachung der einzelnen Arbeitsschritte erfordern eine Qualifikation als Metzgermeister.
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Das OVG Münster hat die vorstehende Sichtweise und Rechtslage im Prinzip bestätigt. In diesem Fall wurde der entsprechende Umgang mit Fleisch in einer Zweigstelle wegen eines fehlenden Metzgermeisters als handwerksrechtlich unzulässig eingestuft. Die Behörde hat bei ihrer Prüfung jedoch nicht ausreichend berücksichtigt, ob der Meister des nur wenige km entfernten Hauptbetriebs die Überwachung der Fleischhygiene in der Zweigstelle mit übernehmen kann. Dies wurde als ermessensfehlerhaft mit Bezug auf den Rechtseingriff einer Untersagung eingestuft.
Die Entscheidung unterstreicht über das Handwerksrecht hinaus
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die lebensmittelrechtliche Primärverantwortung von Unternehmen für die Sicherheit der Erzeugnisse, vgl. Kapitel 3.1.1 des Praxishandbuchs Behebung und Verfolgung von Lebensmittelverstößen
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sowie die hohe Bedeutung des Risikomanagements mit ausreichend sachkundigem Personal und zur Risikominimierung auf ein tolerables Niveau, siehe Kapitel 1.4 und zur unternehmerischen Pflicht für Risikomanagementmaßnahmen Kapitel 3.15 ff.
Veterinäramt Göppingen, 04.06.2024
Stephan Ludwig
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